Für Austausch und Netzwerke: Vom Wert der Erasmus-Erfahrung

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Ein Hoch auf Erasmus+: An der Universität zu Köln wurde unlängst das Jahrestreffen der Lokalen Erasmus+ Initiativen mit der Western European Platform verknüpft

Das Erasmus-Programm ist eine Erfolgsgeschichte des akademischen Austauschs: Mehr als drei Millionen Studierende und 300.000 Lehrende waren bereits über Erasmus im Ausland. Dass diese Erfolgsgeschichte, mittlerweile unter dem Programmnamen Erasmus+, weitergehen kann, erfordert einen beständigen Dialog, den der DAAD als Nationale Agentur für die EU-Hochschulzusammenarbeit gezielt fördert. Aktuell besonders im Fokus: Das Thema „Employability“, das mehr umfasst, als die bloße Beschäftigungsfähigkeit. Beim jüngsten Treffen der Western European Platform des internationalen Erasmus Student Network (ESN) stand Employability im Fokus einer Diskussion mit Studierendenvertretern, die Dr. Hanns Sylvester, Leiter der Nationalen Agentur im DAAD, moderierte.​

Lokale Erasmus+ Initiativen / Erasmus Student Network

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Hanns Sylvester auf dem Podium in Köln: Wertschätzung der Auslandserfahrung

Der Erfolg und die Anerkennung für Erasmus+ sind nur eine Seite der Medaille. „Wir registrieren immer wieder, nicht zuletzt durch unseren Austausch mit Unternehmen, wie sehr Arbeitgeber die Auslandserfahrungen schätzen“, sagt Dr. Hanns Sylvester, Leiter der Nationalen Agentur für die EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD. Er sagt aber auch, dass sich die Auswirkungen von studienbezogenen Auslandsaufenthalten auf die spätere Beschäftigung der Studierenden nur schwer statistisch abbilden lassen. Zu vielschichtig sind oft die Gründe, die über die Auswahl eines Bewerbers entscheiden. Und außerdem: Auslandsaufenthalte fördern mit der aktuell viel diskutierten „Employability“ nicht nur die bloße Beschäftigungsfähigkeit. Vielmehr geht es darum, in unterschiedlichsten beruflichen Zusammenhängen einsatzfähig zu sein – und damit auch die zahlreichen, durch einen Auslandsaufenthalt erworbenen Fähigkeiten anwenden zu können.

„Bei allen Erfolgen gilt auch, dass Erasmus+ kein Selbstläufer ist“, betont Agnes Schulze-von Laszewski, Leiterin des  Referats „Kommunikation, Qualität und Audit“ der Nationalen Agentur im DAAD. „Nicht zuletzt die politischen Entscheidungsträger, die die Fördermittel für das Austauschprogramm bewilligen, müssen regelmäßig auf die positiven Effekte von Erasmus+ aufmerksam gemacht werden.“ Auch in diesem Zusammenhang schätzt Schulze-von Laszewski, dass der DAAD auf eine aktive Zusammenarbeit mit den Lokalen Erasmus+ Initiativen (LEI) verweisen kann, die er aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung fördert. Die LEI sind studentische Hochschulgruppen, deren Mitglieder aufgrund eigener positiver Erfahrungen für Auslandsaufenthalte werben, sei es ein Semester oder ein Praktikum. Ihre Aktivitäten, auch für Erasmus+ Incomings, sind vielfältig; so bieten die LEI unter anderem Internationale Abende und Exkursionen an. Sie sind für die Studierenden oft die ersten Ansprechpartner und helfen Interessierten bei allen Fragen des täglichen und studentischen Lebens. „Die Mitglieder der LEI bekommen von uns regelmäßig aktuelle Informationen über das Erasmus+ Programm. Sie sind sehr interessiert an der Weiterentwicklung des Programms und klären zum Beispiel auch Fragen von Studierenden, wenn das Programm in Medienberichten verfälscht dargestellt wird“, erläutert Agnes Schulze-von Laszewski.

Diskussion an der Universität zu Köln

Im November 2015 fand das Jahrestreffen der Lokalen Erasmus+ Initiativen an der Universität zu Köln statt. Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit Fragen der Anerkennung von Studienleistungen im Ausland, Entwicklungen rund um die Themen Migration und Integration und die politische Dimension von Auslandsmobilität, wie sie etwa im verbindenden Austausch mit Erasmus+ in Osteuropa zum Ausdruck kommt. In diesem Jahr wurde das Jahrestreffen der LEI zudem mit dem Treffen der Western European Platform des internationalen Erasmus Student Network (ESN) verknüpft. Moderiert von Hanns Sylvester diskutierten Alumni an der Kölner Universität unter der Überschrift „My Erasmus Experience“; auch Matthew Clemo, aus Großbritannien stammender Vizepräsident des ESN, nahm an der Runde teil.​

Lokale Erasmus+ Initiativen / Erasmus Student Network

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Die Diskutanten (v. l. n. r.): Valentin Dupouey, Matthew Clemo, Lloyd Huitson, Moderator Hanns Sylvester, Jasmin Zahn und Nino Wilkins

In der Diskussion wurde deutlich, wie das Erasmus+ Programm den Alumni auch geholfen hat, ihr persönliches Profil zu schärfen. „Die Entscheidung, im Ausland zu arbeiten, fällt einem leichter“, sagt Dr. Jasmin Zahn über ihre Erasmus-Erfahrung. Sie ging während ihres Biologiestudiums  an die renommierte ETH Zürich. In Köln schilderte sie, dass auch die Mentalitätsunterschiede zwischen den Nachbarn in der Schweiz und Deutschland herausfordernd sein können. Heute arbeitet Jasmin Zahn als Application Engineer für einen innovativen Mikroskophersteller in den Niederlanden. „Durch meine Auslandserfahrung hatte mein Arbeitgeber nicht die Sorge, dass nach acht Wochen die Erkenntnis steht: Das funktioniert nicht.“

Hanns Sylvester stellte auf dem Podium vor, was Arbeitgeber laut aktuellen Untersuchungen an Bewerbern mit Studienerfahrung im Ausland besonders schätzen. Dazu zählen insbesondere Offenheit und die Fähigkeit, bei Missverständnissen als Problemlöser zu agieren. Diesen Punkt nahm Nino Wilkins auf. Der Schweizer arbeitet heute als Chemielehrer; sein Erasmus-Jahr verbrachte er an der Universitat de Politécnica de Catalunya. Als Folge seiner Erasmus-Erfahrung engagiert sich Wilkins heute noch in der ESN-Sektion seiner Heimatuniversität, der École polytechnique fédérale de Lausanne. „Dort gilt es tagtäglich, Probleme zu lösen“, so Wilkins. Bei der Klärung von oft auch kulturell bedingten Missverständnissen ebenso wie bei Organisationsfragen, etwa der Leitung einer Exkursion von 30 Leuten inklusive gemeinsamem Abendessen. „Hört auf, solche Fähigkeiten für selbstverständlich zu halten“, appellierte Matthew Clemo an das Plenum. „Verkauft sie!“, fügte er mit Blick auf Job-Bewerbungen an. Clemos 25-jähriger Landsmann Lloyd Huitson, der zurzeit ein Praktikum bei der Europäischen Generaldirektion für Bildung und Kultur macht, argumentierte in eine ähnliche Richtung. Die Fähigkeit, sich präzise und explizit auszudrücken, wertet er als besonderen Vorteil der Auslandserfahrung. „Schreibt es auf!“, lautet sein Rat an Bewerber mit Auslandserfahrung, ihre Stationen und Erfahrungen möglichst konkret zu vermitteln.

Das ist in der Tat nach wie vor nötig: „Die Bedeutung, die der akademische Austausch hat, wird noch nicht ausreichend von der Unternehmenspolitik der großen Firmen reflektiert“, sagte Hanns Sylvester. „Es ist unsere Aufgabe, die Mentalität der Leute zu verändern“, fügte Valentin Dupouey an. Der Franzose war mit Erasmus in Großbritannien und Slowenien; heute arbeitet er für die Nichtregierungsorganisation European Civic Forum. Dupouey betonte die Bedeutung von „transversal skills“, deren Erwerb das Studium im Ausland ermögliche. Diese in verschiedenen Kontexten anwendbaren Fähigkeiten seien auch deshalb so wichtig, weil er und seine Altersgenossen – eben nicht wie viele ihrer Eltern – nur einen Job und Arbeitgeber im Leben hätten.

„Engagement für die europäische Idee“

Die engagiert geführte Diskussion an der Universität zu Köln unterstreicht, was Agnes Schulze-von Laszewski an Zusammenschlüssen wie den ESN-Sektionen und den Lokalen Erasmus+ Initiativen schätzt: „Das Engagement und der Idealismus für die europäische Idee sind in diesen Gruppen sehr groß“, sagt sie. Das beobachtet sie auch im Umgang mit der aktuellen Flüchtlingsthematik: „Wir stehen im regelmäßigen Kontakt mit den LEI und beraten gemeinsam, welche Hilfsangebote entwickelt oder verbessert werden können.“ Der DAAD werde weiter den engen Austausch mit den LEI pflegen, auch um daran zu erinnern, dass der europäische Austausch nicht selbstverständlich ist: „Wir müssen am Ball bleiben!“

Johannes Göbel (15. Dezember 2015)