DAAD-Alumni in Mexiko: Austausch für Innovationen
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Wertvoller Dialog: Ausschnitt des großen Gruppenbildes zum Alumni-Treffen in Mexiko-Stadt
Zum Auftakt des Deutschlandjahrs in Mexiko setzte auch der DAAD ein Zeichen: Knapp 200 Teilnehmer diskutierten auf einer prominent besetzten Alumni-Konferenz in Mexiko-Stadt, wie sich Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft bauen lassen. Dabei wurden erfolgreiche Beispiele aus der Praxis auch direkt von DAAD-Alumni vorgestellt.
„Innovation durch Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft“ lautete das Leitthema der dreitägigen Konferenz. Eine Themenwahl, die der deutsche Botschafter in Mexiko, Viktor Elbling, begrüßte – auch weil er die Sorgen deutscher Unternehmer aufgrund mangelnder Fachkräfte in Mexiko kennt. Das ist kein Randproblem mehr: 1.800 deutsche Firmen erwirtschaften mittlerweile rund zehn Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsproduktes und beschäftigen über 75.000 Arbeitnehmer. Doch in Mexiko fehlt oft noch eine Brücke zwischen Universität und Industrie. Viel Potenzial gehe dadurch verloren, sagte DAAD-Vizepräsident Professor Joybrato Mukherjee und forderte die Hochschulen auf, die Kooperation mit Unternehmen als Chance zu sehen: „Die Universität muss zur Lösung konkreter gesellschaftlicher Probleme beitragen.“
Autonomie und Berührungsängste
„Mexikos Universitäten pochen auf ihre Autonomie. Deshalb gibt es bisher nur wenige institutionelle Verzahnungen mit der Wirtschaft, und damit auch zu wenig Technologietransfer. Das hat unter anderem zur Folge, dass je nach Hochschule teilweise bis zu 80 Prozent aller Absolventen technischer Hochschulen nicht in ihrem Fachbereich arbeiten und die Arbeitslosigkeit unter Akademikern höher ist als unter ungelernten Arbeitern“, brachte Dr. Alexander Au, der Leiter der DAAD-Außenstelle Mexiko, die Herausforderung auf den Punkt.
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Prominenter Besuch (v. r.): DAAD-Vizepräsident Joybrato Mukherjee, Enrique Cabrero Mendoza (Direktor des mexikanischen Wissenschafts- und Technologierats Conacyt), Alexander Au (Leiter der DAAD-Außenstelle für Mexiko und Zentralamerika), Theresia Bauer (Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg), Martha Navarro Albo (Stellvertretende Generaldirektorin der technischen und wissenschaftlichen Kooperation des mexikanischen Außenministeriums), Guillermo Hernández Duque Delgadillo (Leiter der strategischen Vernetzung der mexikanischen Hochschulrektorenkonferenz ANUIES) und Rüdiger Kappes, Wissenschaftsreferent der Deutschen Botschaft
Die Gründe für mangelnden Technologietransfer wurden bei der Auftakt-Podiumsdiskussion rasch klar: Bis vor wenigen Monaten noch waren privat finanzierte Forschungsprojekte rechtlich verboten, erklärte die Leiterin für kommerzielle Technologieverbreitung des mexikanischen Wissenschafts- und Technologierats (Conacyt), Teresa de León. Jetzt seien die entsprechenden Gesetze aber geändert worden, und fortan müssten Forscher nicht mehr mit Sanktionen rechnen, wenn sie private Gelder annähmen.
Auf der Suche nach leichtem Zement
Einer dieser Pioniere ist Dr. José Coronel. Der Chemieingenieur war von 1998 bis 2004 DAAD-Stipendiat an der Technischen Universität Hamburg. Jetzt unterrichtet er an der Staatlichen Hochschule im Bundesstaat Querétaro – in enger Kooperation mit Unternehmen. „Gerade forschen wir zusammen mit der mexikanischen Firma Vinte an einem leichteren und damit billigeren Zement“, erzählte er. Die Firma war interessiert an der Nutzung seiner Zementmühle; Coronel war dankbar für neue Geräte im Labor. Drei Doktorarbeiten sind aus der Zusammenarbeit bereits hervorgegangen, beide Seiten sind zufrieden.
Großes Interesse für das Modell der praxisnahen Hochschulausbildung weckte bei den Anwesenden Professor Arnold van Zyl, Präsident der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Vieles spreche für eine enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Hochschule, erklärte er. 90 Prozent aller Studierenden der Dualen Hochschule machten einen Abschluss, 95 Prozent würden von den Partnerfirmen übernommen. Nur ein Viertel der Kosten trage der Staat, den Rest übernehme die Wirtschaft. Van Zyl hat auch erste Erfahrungen mit dem Export des Modells gemacht. Viel Überzeugungsarbeit sei nötig, räumte er ein, sowohl beim Staat als auch bei Lehrkräften und Unternehmen. Und die Komplexität des Unterfangens werde oft unterschätzt. Die Berührungsängste zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sind in den meisten Ländern höher als in Deutschland, wo auch die anwendungsorientierte Forschung einen hohen Stellenwert hat.
Erfolgreich Netzwerken
Umweltingenieurin Paulina Navarro schrieb während der Alumni-Konferenz interessiert mit. Die 33-Jährige hat von 2011 bis 2014 mit einem DAAD-Stipendium in Hamburg Umweltingenieurwesen studiert. Jetzt gibt sie an einer privaten technischen Schule in Guadalajara Unterricht und sucht nach neuen Kontakten, um ihr Wissen auch praktisch einzusetzen. „Die Vernetzung der Alumni untereinander ist ein wichtiges Ziel solcher Veranstaltungen“, sagt Alexander Au.
Der Workshop „Was macht Netzwerke erfolgreich?“ war entsprechend gut besucht. Dort erklärte Professor Bettina Burger-Menzel von der Technischen Hochschule Brandenburg, wie man mögliche Kooperationspartner richtig auswählt und wie wichtig Soft Skills wie nonverbale Kommunikation für ein erfolgreiches Netzwerken sind. Dass die Anbahnung von Kontakten bisweilen anspruchsvoll ist, erzählte die Alumna Nanghelly Silva. Sie studierte in Offenburg Management und ist seit 2012 am Colegio Michoacán, einer staatlichen, sozialwissenschaftlichen Forschungseinrichtung, für die Kontakte zur Privatwirtschaft zuständig. „Ich bin eine Art Übersetzerin zwischen völlig fremden Welten“, beschreibt sie ihren Job. Dennoch hat sie bislang vier erfolgreiche Kooperationsprojekte auf die Beine gestellt, die vor allem den Bauern in der landwirtschaftlich geprägten Region helfen. Dabei ging es um die gefriertechnische Weiterverarbeitung von Avocados und Beeren oder um die Herstellung eines Biodüngers aus dem Abfall einer Zuckerrohrfabrik. Praxisnäher geht es kaum. „Und hier auf der Tagung habe ich neue Anregungen bekommen“, sagt Nanghelly Silva zufrieden.
Sandra Weiss (22. Juni 2016)