Lehramtsstudium internationalisieren

PH Weingarten

Die Internationalisierung der Lehramtsstudiengänge steht im Mittelpunkt des neuen Programms „Lehramt.International“

Mit „Lehramt.International“ fördert der DAAD u.a. Modellprojekte zur Internationalisierung der Lehramtsstudiengänge an deutschen Hochschulen, darunter die Universität Hamburg und die Pädagogische Hochschule Weingarten – Beispiele, die Schule machen.

Neben den Stipendien für Auslandspraktika sowie den Informations- und Beratungsangeboten für die verschiedenen hochschulischen und politischen Akteure bietet das neue Programm „Lehramt.International“ des DAAD eine weitere wichtige Komponente: die Förderung von Modellprojekten an ausgewählten deutschen Hochschulen, die der Internationalisierung von Lehramtsstudiengängen dient. „48 Anträge sind bei uns nach der Programmausschreibung im Februar 2019 eingegangen, 19 Projekte unterstützen wir nun“, sagt Almut Lemke, beim DAAD beschäftigt im Referat für Internationalisierung in der Lehre. Die ausgewählten Projekte sind ganz unterschiedlich aufgestellt. Einige Universitäten konnten bereits auf ein etabliertes Netzwerk von internationalen Partnerhochschulen zurückgreifen, andere stehen noch am Anfang und nutzen die Förderung für den Ausbau ihres Internationalisierungsprozesses. „Das ist ein zentrales Anliegen unseres Programms. Zusätzlich wollen wir ganz bewusst einen Dialog der für Lehramtsstudiengänge zuständigen Akteurinnen und Akteure innerhalb der Hochschulen anregen, etwa um neue Mobilitätskorridore für strukturierte Auslandsstudienaufenthalte für die Studierenden zu schaffen“, beschreibt die DAAD-Referentin.

Systematische Implementierung
Beim Lehramtsstudium in Deutschland unterscheiden sich die Curricula der Hochschulen von Bundesland zu Bundesland. Hinter prestigeträchtigen Forschungsrichtungen fristet ein Lehramtsstudiengang oft ein Schattendasein. Damit die international erbrachten Studienleistungen an der Heimathochschule anerkannt werden, sind enge Absprachen mit den Partnerhochschulen erforderlich. „Deshalb freut es uns, dass wir in den 19 Förderprojekten bereits 105 Hochschulkooperationen in 43 Partnerländern fördern können. Das zeigt, wie breit das Programm schon jetzt aufgestellt ist“, so Almut Lemke.

Bei der Auswahl der Förderprojekte war dem DAAD vor allem wichtig, dass die Konzepte über einen reinen Studierendenaustausch hinausgehen. So war eine didaktische Begleitung sowie Vor- und Nachbereitung der Studienaufenthalte genauso gefordert wie die Schaffung struktureller Rahmenbedingungen – zum Beispiel spezielle Informations- und Beratungsangebote, die Einbindung von Alumni, eine Weiterentwicklung digitaler Elemente – oder die Einbeziehung von Gastdozentinnen und -dozenten der Partnerhochschulen unter dem Stichwort „Internationalisierung at home“. Das Programm kann so auch nach innen wirken, denn nicht alle Lehramtsstudierenden können direkt vom DAAD-Programm profitieren.

Lehramt Projektteam

UHH

Das Projektteam des Tricontinental Teacher Training der Universität Hamburg (v.l.): Dr. Myriam Hummel, Prof. Andreas Bonnet, Anja Wilken, Prof. Claus Krieger, Prof. Telse Iwers

Dreiklang in Hamburg
Zu den ausgewählten Modellprojekten gehört unter anderem das „Tricontinental Teacher Training“, das ab 2020 die Internationalisierung der Lehramtsausbildung an der Universität Hamburg vorantreibt. Dabei handelt es sich um ein trilaterales Netzwerk, in dem in den kommenden drei Jahren ein Austauschprogramm für Lehramtsstudierende, Lehrende und Verwaltungspersonal aus Hamburg, der University of North Carolina at Chapel Hill (USA) und der University of Education Winneba (Ghana) umgesetzt wird. Mit beiden Hochschulen bestanden bereits Partnerschaften, die nun zu einem Netzwerk zusammengeführt werden.

„Lehrkräfte müssen in ihrem Berufsfeld zunehmend mit Ungewissheit umgehen. Für den Unterricht gibt es keine pauschalen Rezepte. Sie müssen auf viele unabsehbare Situationen angemessen reagieren können. Das muss man bei der Professionalisierung der angehenden Lehrkräfte bedenken“, nennt Dr. Myriam Hummel, Leiterin Referat Internationalisierung an der Fakultät für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg, als Prämisse des dortigen Konzepts. Bei einem Auslandsaufenthalt würden solche Situationen der Ungewissheit per se kreiert – andere Sprache, andere Kultur, anderes Bildungssystem. „Diese Irritationen wollen wir nutzen und gemeinsam mit den Beteiligten theoriegeleitet aufarbeiten“, so Myriam Hummel. Schon im Vorfeld werden die Studierenden an ihren jeweiligen Heimatuniversitäten auf die vierwöchigen Auslandsaufenthalte vorbereitet, indem sie Konzepte der interkulturell vergleichenden Erziehungswissenschaft und interkulturellen Sensibilisierung kennenlernen. Vor, zwischen und nach den jeweiligen Auslandsaufenthalten nutzen die Studierenden und Lehrenden zudem ein virtuelles Seminarformat, das die gemeinsame Arbeit trotz räumlicher Distanz konstant ermöglicht. „Ohne die Initiative des DAAD wäre es ein enormer Aufwand gewesen, einen solchen Austausch für das Lehramt ins Leben zu rufen“, sagt Myriam Hummel.

Lehramt Uni Hamburg

UHH/Shell

An der Universität Hamburg wird das Programm „Lehramt.International“ durch den DAAD gefördert

Aus Weingarten in die Welt
Ähnlich positiv sieht Dr. Tim Kaiser von der Pädagogischen Hochschule Weingarten „Lehramt.International“. „Das Programm ermöglicht es uns, die Internationalisierung des Lehramtsstudiums strukturell zu verankern. Deshalb war unser Ziel, ein Konzept zu entwickeln, das anschlussfähig und erweiterbar ist“, so der Forschungsreferent. Dazu habe man zunächst die Hauptgründe analysiert, warum es im Lehramt bislang wenig Mobilität gibt – allgemein und konkret in der PHW. „Für Studierende aus dem Ausland gibt es bei uns bisher eher wenige fremdsprachige Angebote, für Deutsche ist die Anerkennung der Leistungen im Ausland eine Hürde. Deshalb sind uns die Harmonisierung der Studienleistungen, der Abbau von Hemmnissen und die Vernetzung der beteiligten Hochschulen große Anliegen“, sagt Kaiser.

Lehramt Uni Baroda

Universität Baroda

Die Maharaja Sayajirao University of Baroda (Indien) gehört zum internationalen Netzwerk der Pädagogischen Hochschule Weingarten

An der Pädagogischen Hochschule setzt man auf ein Netzwerk internationaler Partner. Neben den bereits bestehenden Beziehungen zur Universidade Federal de Santa Catarina (Brasilien) und der Maharaja Sayajirao University of Baroda (Indien) wurden Kooperationen zur Universidad de Concepción (Chile) sowie der George Mason University (USA) initiiert. Insgesamt sind neun Maßnahmenpakete geplant, darunter zum Beispiel Pilotstipendien ab dem Wintersemester 2020, aus deren Erfahrungen weiter Schritte zur Harmonisierung abgeleitet werden. So genannte Leuchtturmstipendien sollen im Anschluss verstärkt in die Universitäten hineinwirken und das Austauschprogramm bekannter machen. Auch Lehrende werden profitieren, etwa durch Gastvorlesungen im Ausland und den Ausbau der fremdsprachlichen Lehrveranstaltungen in Weingarten. Kaiser: „Zwar gibt es auch im Ausland noch institutionelle Hürden, aber alle Partner haben uns sehr positive Rückmeldungen gegeben. Im März 2020 treffen wir uns zum ersten gemeinsamen Workshop. Der Anfang ist gemacht.“

Oliver Knoch (18. Dezember 2019)

Tricontinental Teacher Training Universität Hamburg

  • Austausch mit Ghana, USA
  • Vorerst zwei Durchläufe mit je 36 Teilnehmenden
  • Tandems aus Studierenden zweier Länder
  • Integration von Gastdozentinnen und -dozenten und Verwaltungspersonal
  • Umfangreiche Vor- und Nachbereitung
  • Virtuelle Seminarformate

ILAP – Internationalisierung der Lehramtsausbildung an der Pädagogischen Hochschule Weingarten

  • Austausch mit Brasilien, Chile, Indien, USA
  • Große Bandbreite heterogener, kultureller und sozialer Kontexte
  • Alle Lehramtsstudiengänge Grundschule und Sekundarstufe I
  • Pilot- und Leuchtturmstipendien
  • Workshops für Auslandsbeauftragte
  • Gemeinsame Forschungsprojekte