Karrierestart bei internationalen Organisationen
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Sitz der Vereinten Nationen in Genf: eine mögliche Adresse für Bewerbungen über das Carlo-Schmid-Programm.
Seit 20 Jahren können sich Studierende und Graduierte über das Carlo-Schmid-Programm (CSP) für Praktika bei internationalen Organisationen und EU-Institutionen bewerben. Eine aktuelle Evaluierung bescheinigt dem Programm hohe Relevanz und Wirkung.
Joleen Meiners hatte schon während ihres Bachelorstudiums richtig Lust auf internationale Zusammenarbeit. Infrage kam für die Politikwissenschaftlerin und Sinologin zum Beispiel ein Engagement für Frauen- und queere Themen, zumal die 25-Jährige unter anderem an der Universität Freiburg im Regenbogen-Referat für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt mitgewirkt hatte. Nach dem Abschluss bewarb sie sich über das Carlo-Schmid-Programm um ein Praktikum bei UNAIDS in China. UNAIDS ist ein Projekt der Vereinten Nationen mit dem Ziel, die verschiedenen HIV-/AIDS-Pandemie-Aktivitäten einzelner Länder im Kampf gegen AIDS zu koordinieren. „Aus meiner Bewerbung wurde dann wegen der Coronabeschränkungen ein sechsmonatiges Praktikum im EU-Büro der Organisation in Brüssel“, erzählt die gebürtige Detmolderin.
Von März bis Juni arbeitete sie vorwiegend im Duisburger Homeoffice, von August bis September vor Ort in Belgien. Die Aufgabe des dreiköpfigen Teams, in dem sie arbeitete, lautete: UNAIDS-Büros auf der ganzen Welt zu helfen, Förderungen aus der EU zu erhalten. „Wir führen Vorgespräche, vermitteln den Kontakt zu den entsprechenden Stellen und unterstützen bei den Anträgen“, erklärt Meiners. Sie selbst hatte unter anderem enge Kontakte zu den Büros in Iran und Nigeria. Gerade weil das Team so klein war, konnte sie von Anfang an sehr eigenverantwortlich arbeiten und erhielt viele Einblicke. Die wertvollste Erfahrung: „Ich weiß jetzt, dass eine Arbeit selbst bei einer Organisation im UN-System für mich realistisch ist. Das ist ein richtig gutes Gefühl.“
Joleen Meiners absolvierte durch Vermittlung des Carlo-Schmid-Programms ein Praktikum im EU-Büro von UNAIDS in Brüssel.
Ein kleines, feines Programm
Joleen Meiners ist eine von inzwischen rund 1.900 Praktikantinnen und Praktikanten, die im Rahmen des CSP ein in der Regel drei- bis sechsmonatiges Praktikum bei einer internationalen Organisation absolviert haben. „2001 ist das Programm mit dem Ziel gestartet, den Anteil von Deutschen in internationalen Organisationen zu erhöhen“, erklärt Lena von Eichborn, Leiterin des DAAD-Referats Auslandsschulen, Praktika und Hochschulsommerkurse. Der DAAD führt das CSP-Programm gemeinsam mit der Studienstiftung des deutschen Volkes und der Stiftung Mercator durch. Es wird überwiegend aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und zudem durch die Stiftung Mercator gefördert. „Pro Jahr vergeben wir rund 100 Stipendien, für die wir inzwischen um die 800 Bewerbungen erhalten“, berichtet von Eichborn. Unter den potenziellen Arbeitgebern befindet sich die Crème de la Crème des internationalen Parketts: UN, OECD, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Weltbank, NATO, Amnesty International – mittlerweile schreiben rund 60 verschiedene Organisationen regelmäßig Praktika über das CSP aus. Zum 20-jährigen Bestehen wurde das Programm extern evaluiert. Mit gutem Ergebnis: „Der Bericht bescheinigt, dass das CSP ein Ziel von hoher gesellschaftlicher Relevanz verfolgt, dabei effizient organisiert ist und sich durch eine hohe sowie nachhaltige Wirkung auszeichnet“, fasst DAAD-Referentin Hilde Mönch zusammen.
Neue Ideen für die berufliche Zukunft
So kamen die Analysten unter anderem zu dem Resultat, dass das CSP ein geeignetes Instrument ist, um weitreichende Einblicke in internationale Organisationen zu erhalten und sich mit Problemstellungen sowie Arbeitsweisen vertraut zu machen. Es helfe zugleich, das berufliche Netzwerk zu erweitern. Auch Joleen Meiners will auf jeden Fall Kontakt zu ihren ehemaligen Kolleginnen, einem Dreierteam in Brüssel, halten. Extrem wertvoll findet sie zudem das Alumni-Netzwerk, dem sie nun selbst angehört. „Ich habe hier schon einige spannende Kontakte und vor allem Projekte entdeckt, die mir neue Ideen für meine Zukunft geben.“
Über 80 Prozent der Alumni international tätig
Die Analyse des externen Beratungsunternehmens zeigte zudem, dass die Teilnahme am Programm für die Stipendiatinnen und Stipendiaten eine positive Auswirkung auf ihren weiteren Lebensweg hat. Über die Hälfte erhalten nach dem Praktikum ein Angebot für eine Anschlussbeschäftigung. Ein Großteil der Alumni (82,5 Prozent) arbeitet heute in einem internationalen Tätigkeitsbereich. Dazu gehört auch Nathalie Delorme. Die Politikwissenschaftlerin absolvierte 2019/2020 ein sechsmonatiges Praktikum beim United Nations Office for Partnerships (UNOP) in New York. „Diesem Praktikum verdanke ich meinen Einstieg bei den UN“, sagt die 25-Jährige. Heute arbeitet sie als Programmkoordinatorin im SDG Strategy Hub des UNOP. Dieser dient als zentrale Anlaufstelle und beratende Plattform zur Förderung und Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs), der 17 von den UN definierten Zielen für nachhaltige Entwicklung. Seit zwei Jahren plant und organisiert sie von New York aus unter anderem die Treffen des SDG Strategy Hubs zur Koordinierung von UN und externen Partnern. „Mit jedem Projekt bekomme ich mehr Verantwortung“, freut sie sich. „Ich bin dem CSP wirklich dankbar für die Erfahrungen, die mein weiteres Berufsleben geprägt haben.“
CSP-Alumna Nathalie Delorme setzt sich als Programmkoordinatorin im SDG Strategy Hub bei den UN für die Verwirklichung der „Sustainable Development Goals" (SDGs) ein.
Hohe Relevanz
Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung in Deutschland ein abnehmendes Interesse feststellte, langfristig in internationalen Organisationen zu arbeiten, sei die Förderung von Praktika in diesem Bereich weiterhin von großer Bedeutung, so die Evaluierung. Die hohe Qualität der Praktikumsplätze und der ebenfalls große Nutzen für die beteiligten Organisationen sprächen ebenfalls für die Relevanz des Programms. Das kann Thomas Liebig bestätigen. Der leitende Ökonom in der Abteilung für Internationale Migration bei der OECD hat bis heute zehn CSP-Stipendiatinnen und -Stipendiaten betreut. Von seinen Praktikantinnen und Praktikanten war Liebig durchweg begeistert: „Man merkt einfach, dass sie sich im Vorfeld intensiv mit der Organisation und dem Thema auseinandergesetzt haben. Sie kommen hierher, weil sie genau in diesem Bereich arbeiten wollen“, sagt er.
Thomas Liebig betreut bei der OECD seit vielen Jahren CSP-Stipendiatinnen und -Stipendiaten.
Die nächsten Schritte
Bei allem Lob gibt es auch Verbesserungsbedarf, an dem die Programmverantwortlichen bereits arbeiten. Etwa bei der Erhöhung der Diversität. Auch gibt es Überlegungen, Themen wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit schon in der Ausschreibung stärker zu berücksichtigen. Das könnte helfen, eine langfristige Beschäftigung der Stipendiatinnen und Stipendiaten weiter abzusichern.
Melanie Rübartsch (28. September 2021)