Im Dienst der Europäischen Gesellschaft – Wandel aktiv gestalten

DAAD

Campus Europa ist der DAAD-Podcast zu den Europäischen Hochschulallianzen. DAAD Aktuell begleitet die aktuellen Folgen mit weiteren Stimmen aus den verschiedenen Allianzen. 

Eine neue Generation engagierter Bürgerinnen und Bürger auszubilden, die gesellschaftliche Herausforderungen bewältigen können, ist erklärtes Ziel der Europäischen Hochschulallianzen. Vier Akteurinnen und Akteure der Allianzen ATHENA, EC2U, ERUA und UNIVERSEH berichten, was sie dazu vorhaben.  

Die Hochschullandschaft in Europa verändert sich. Im Jahr 2017 legten die Staats- und Regierungschefs der EU auf dem Gipfel von Göteborg ihre Zukunftsvorstellungen für den Bildungssektor dar und forderten die Mitgliedsstaaten auf, strategische Partnerschaften zwischen Hochschuleinrichtungen in der gesamten EU zu stärken. Das Ziel: An den Europäischen Hochschulen junge, engagierte Europäerinnen und Europäer zusammenzubringen, die in der Lage sind, in verschiedenen Sprachen über Ländergrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen. Inzwischen setzen nach zwei Ausschreibungsrunden der Europäischen Kommission insgesamt 41 europaweite Hochschulallianzen ihre Konzepte um. Daran beteiligt sind 35 deutsche Hochschulen, die zusätzlich zur EU-Förderung über das nationale DAAD-Begleitprogramm „Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative“ gefördert werden – finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Neben den Kernaufgaben Lehre, Forschung und Innovation sowie der grenzüberschreitenden inhaltlichen Ausbildung wollen die Europäischen Hochschulallianzen als Entwicklungsmotoren für Städte und Regionen fungieren und verstärkt in die Gesellschaft hineinwirken. Wir haben einen Professor, eine Studierendenvertreterin und zwei Projektvertreterinnen der vier Europäischen Hochschulallianzen ATHENA, EC2U, ERUA und UNIVERSEH gefragt, wie ihre Allianz dieses Ziel jeweils verwirklichen will und welche Rolle ihnen selbst dabei zukommt. 

Im Dienst der Europäischen Gesellschaft – Wandel aktiv gestalten

J. Koltzeburg GmbH

Merle Bollmann arbeitet als International Office Koordinatorin der Allianz ATHENA (Advanced Technology Higher Education Network Alliance) an der Universität Siegen. In ihrer Position fungiert sie als Bindeglied zwischen dem Projekt ATHENA, das der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät zugeordnet ist, und Verwaltungseinheiten wie dem Referat International Office und dem Referat Studierendenservice.

„Gemeinsame Forschungs- und Bildungsprojekte bauen Synergien zwischen Hochschuleinrichtungen, der Industrie und der Gesellschaft auf. Dabei legt ATHENA großen Wert auf Geschlechtergleichheit und Inklusion in der Hochschulbildung. So leistet das Netzwerk einen Beitrag zur Verwirklichung gemeinsamer europäischer Werte. Das Angebot eines starken interkulturellen Austauschs durch physische und virtuelle Mobilität für Studierende und Beschäftigte – ein weiterer wichtiger Baustein der Allianz – vermittelt Kenntnisse über soziale, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenhänge. Zudem werden Vorurteile abgebaut, und Fremdenfeindlichkeit wird entgegengewirkt. 
Beginnend mit dem Fokus auf Informationstechnologie, Elektrotechnik und Mechatronik, zielt ATHENA darauf ab, den digitalen Wandel der Gesellschaft mitzugestalten. Absolventinnen und Absolventen sind, je nach Spezialisierung, mit den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattet, um Maßnahmen zum Klimaschutz, für nachhaltige Städte und Gemeinden, bezahlbare und saubere Energie sowie menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, umzusetzen.

Als Projektmitarbeiterin konzentriere ich mich auf die Arbeitspakete Internationalisierung und Bildung. So wirke ich beim Aufbau eines ATHENA International-Relations-Offices mit, einer Unterstützungseinrichtung, die eng mit den jeweiligen International Offices der Partnerhochschulen zusammenarbeiten wird. Zudem bin ich in die Entwicklung erweiterter Mobilitätsangebote für Studierende, Lehrende, Forschende und Mitarbeitende eingebunden. Das Arbeitspaket Bildung umfasst neben der Entwicklung hochwertiger internationaler Studienangebote auch die Bereiche Inklusion sowie Lebenslanges Lernen. Wir wollen ein integratives Bildungsumfeld schaffen und Frauen in der Wissenschaft und in MINT-Bereichen fördern. Außerdem bietet ATHENA Angebote für Erwerbstätige an, die eine Zusatzqualifikation erwerben möchten.“ 

Advanced Technology Higher Education Network Alliance (ATHENA)

ATHENA ist ein Zusammenschluss von sieben Hochschulen: Vilnius Gediminas Technical University, University of Maribor, Niccolò Cusano University Rome, University of Orléans, Polytechnic Institute of Porto, Hellenic Mediterranean University und Universität Siegen. Die Allianz hat sich zum Ziel gesetzt, ein inklusives und innovatives internationales Bildungsangebot, orientiert am Bedarf des globalen Arbeitsmarktes, zu liefern. Angesprochen werden Herausforderungen im sozialen und Umweltbereich im Kontext der europäischen Forschungsleitlinien, um optimale Beschäftigungsmöglichkeiten für die Studierenden und einen Mehrwert für das Ökosystem zu schaffen.

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Privat

Katharina Brauckmann, Studierendenvertreterin der Allianz EC2U (European Campus of City-Universities), studiert im dritten Mastersemester an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Geschichte und Politik des 20. Jahrhunderts.

„Die Europäischen Hochschulallianzen bieten tolle Chancen für die Städte und ihre Bürgerinnen und Bürger sowie für Studierende. Sie vereinfachen den Austausch durch gemeinsame Studienprogramme und verstärkte Mobilität. Ich selbst habe im Rahmen von ERASMUS+ ein Auslandsjahr in Sevilla, Spanien, absolviert und kann davon nur Positives berichten. Ich fand es toll, dort für eine Weile leben und studieren zu können und so einen Einblick in die spanische Kultur und das Hochschulleben zu bekommen. Der Blick über den Tellerrand hat mich bereichert. Ich habe gelernt, offen auf andere zuzugehen, mich als Europäerin zu verstehen und die Europäische Union wertzuschätzen. Außerdem habe ich Sprachkompetenzen erworben, die für das spätere Berufsleben auf dem europäischen Arbeitsmarkt unverzichtbar sind. 

In meiner Rolle als Studierendenvertreterin der Allianz European Campus of City-Universities (EC2U) möchte ich mich dafür stark machen, dass auch andere Studentinnen und Studenten solche Erfahrungen machen können, die ihre interkulturelle Kompetenz fördern. Dazu ist es wichtig, die Mobilität zwischen den Partneruniversitäten zu vereinfachen und gemeinsame Kooperationsveranstaltungen und Workshops aufzusetzen. Der EC2U plant, bis 2030 einen paneuropäischen Campus zu etablieren mit standortübergreifenden kulturellen und sportlichen Events, hochschulübergreifendem Universitätsleben sowie europäischen Abschlüssen. Besonders spannend finde ich das Ziel des EC2U, Partnerschaften zu etablieren zwischen Hochschulen und Städten, die in einem jährlichen EC2U-Forum sichtbar werden sollen. Bei der Umsetzung möchte ich mich gerne einbringen – genauso wie bei dem Vorhaben, das bürgerschaftliche Engagement zu fördern.“ 

European Campus of City-Universities (EC2U)

Sieben lokal und global engagierte Universitäten bilden den European Campus of City Universities: Universität Coimbra, Universität Alexandru Ioan Cuza in Iași, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universität Pavia, Universität Poitiers, Universität Salamanca sowie die Universität Turku. Die Gemeinschaft aus über 160.000 Studierenden und rund 9.500 Lehrenden will freie Mobilität zwischen den Universitäten und Städten ermöglichen. Diese Offenheit soll dazu beitragen, die regionale Betrachtungsweise aufzubrechen und somit ein stärker vereintes Europa zu schaffen. Hierzu will die Allianz einen paneuropäischen Campus etablieren und neue Bildungsmodelle entwickeln, in die auch die Zivilgesellschaft integriert ist. Synergien aus Bildung und Forschung sowie die Einbindung von sozioökonomischen Akteurinnen und Akteuren und der Bevölkerung sollen die Basis dafür schaffen.

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Privat

Dr. Theodoros Marinis ist Professor für Mehrsprachigkeit im Fachbereich Linguistik an der Universität Konstanz. Mit Lehr- und Forschungserfahrungen europäischer Kollaborationen vertraut, leitet er auch die Mehrsprachigkeitsgruppe der European Reform University Alliance (ERUA), die Kolleginnen und Kollegen aller ERUA-Universitäten zusammenbringt.

„Europäische Hochschulallianzen steigern die internationale Mobilität und geben Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit, gemeinsam zu studieren, zu lehren und zu forschen, weitere Sprachen zu lernen und sich mit anderen Kulturen vertraut zu machen. So werden der Zusammenhalt und der Frieden in Europa gestärkt. Durch die Schaffung vertiefter europäischer Studienerfahrungen kann die nächste Generation gemeinsame Bildungserlebnisse sammeln, die sie besser auf den europäischen Arbeitsmarkt vorbereiten. Zudem wird durch die Vernetzung gemeinsames Wissen generiert und Europa so auch wirtschaftlich gestärkt.  

Die European Reform University Alliance (ERUA) hat uns die Gelegenheit gegeben, kreativ zu werden und neue Lehrformate zu entwickeln. In diesem Zusammenhang planen wir ein erweitertes pädagogisches Angebot durch Travelling Seminars, Teaching Weeks und gemeinsame innovative Lehr- und Lernformate. Dabei kann man übrigens Studierende einladen, selbst Seminarideen vorzuschlagen, und sie so motivieren, diese besonderen Angebote wahrzunehmen. Da die ERUA-Hochschulallianz europäische Reformuniversitäten vereint, steckt in dieser Allianz besonderes Potenzial, um Studierende auf zukünftige gesellschaftliche Herausforderungen vorzubereiten. Kurze Wege und große Freiräume bieten ein Experimentierfeld, in dem lokale und globale Themen mehrperspektivisch analysiert und interdisziplinär bearbeitet werden. Vielfältige international verteilte Expertise wird zusammengebracht, die innovative Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen gibt. Durch Vernetzung von Studierenden, wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Beschäftigten sowie die Einbeziehung lokaler Partnerinstitutionen findet ein direkter gesellschaftlicher Transfer statt. Dies eröffnet den Studierenden ein frühes Bewusstsein für die Relevanz aktueller europäischer Themen.“ 

European Reform University Alliance (ERUA)

Die Allianz ERUA vereint die Universität Konstanz, die Université Paris 8 in Frankreich, die Roskilde University in Dänemark, die University of the Aegean in Griechenland und die New Bulgarian University in Sofia. Sie verbindet die gemeinsame Idee der Hochschule als reformorientierte Institution mit einer starken Gemeinschaft von Studierenden, wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten mit gesellschaftlicher Verantwortung, Kreativität in Wissenschaft sowie Experimentierfreudigkeit in Lehre und Studium. Der Schwerpunkt der Universität Konstanz liegt im Bereich „Re-Imagining Community“. Durch die Erweiterung individueller Kompetenzen, Chancen und Ressourcen aller Universitätsangehörigen wird der Zusammenhalt im Konsortium gestärkt. Eine der Säulen dieses Arbeitsbereichs ist das Themenfeld Mehrsprachigkeit. 
 

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Privat

Laura Ferschinger ist Projektmitarbeiterin für die Hochschulallianz UNIVERSEH (European Space University for Earth and Humanity) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie leitet die Arbeitsgruppe „UNIVERSEH in und mit der Gesellschaft“ und arbeitet eng mit den Partneruniversitäten in Krakau, Luleå, Luxemburg und Toulouse zusammen.

„Positive Erfahrungen durch Mobilität einerseits und mehrsprachigen Austausch in gemeinsamen Kursen andererseits können das Gemeinschaftsgefühl von Europäerinnen und Europäern stärken – ein zentraler Baustein der Allianz UNIVERSEH. Zudem ist es wichtig, die europäischen Bürgerinnen und Bürger in den Forschungsprozess einzubinden, indem man Forschungsergebnisse teilt und Impulse aufgreift, um so zur Ideenentwicklung auf europäischer Ebene beizutragen. 

UNIVERSEH legt bei seinen Bildungs- und Mobilitätsangeboten besonderen Wert auf Inklusion und Diversität, indem beispielsweise spezielle Unterstützungsprogramme für Studierende mit Behinderungen angeboten werden. Die Entwicklung eines interdisziplinären Kursangebots im Bereich Weltraum und der Einsatz innovativer Lehr- und Lernformate sowie der Fokus auf Multilingualität vertiefen unter anderem interkulturelle Kompetenzen und Sprachfähigkeiten. Zudem werden Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der Wissenschaftskommunikation geschult, um so den Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern zu fördern. Dies soll durch eine Onlineplattform unterstützt werden, auf der Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Bürgerinnen und Bürgern Perspektiven teilen und aufzeigen können, wie die Gesellschaft außerhalb der Hochschulallianz bei Projekten im Bereich der Weltraumforschung mitwirken kann.

Meine Arbeit bezieht sich insbesondere auf die Koordination des Arbeitspakets ,UNIVERSEH in und mit der Gesellschaft‘, das die Forschungsgemeinschaft unserer Allianz mit europäischen Bürgerinnen und Bürgern stärker vernetzen will. Neben speziellen Kursangeboten für Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Dozierende und der Kommunikationsplattform zum Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern steht die Konzeption von Citizen Science-Projekten dabei im Vordergrund.“

European Space University for Earth and Humanity (UNIVERSEH)

In der Allianz UNIVERSEH haben sich die Partneruniversitäten AGH University of Science and Technology Kraków, Luleå University of Technology, Université du Luxembourg und Université Fédérale Toulouse Midi-Pyrénées mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zusammengeschlossen. Im November 2020 gegründet, wollen die Hochschulen neue Wege der transnationalen und bürgerwissenschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich Weltraum gehen. Ziel ist es, den Weltraum aus unterschiedlichsten Disziplinen zu beleuchten, Interdisziplinarität zu fördern und neue Forschungsprojekte zu initiieren. Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf übernimmt hierbei die Koordination der Arbeitspakete „Mobilität und Mehrsprachigkeit“ und „UNIVERSEH in und mit der Gesellschaft“.

Sabine Moser (27. Oktober 2021)

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