Eine Plattform für lebenslanges Lernen

Europäische Union

Das große Ziel: die Nationale Bildungsplattform als zentraler Baustein für das zukunftsorientierte digitale Lehren und Lernen in Deutschland. Das Projekt BIRD zeigt mit einem ersten Prototyp, wie diese Digitalisierung der Bildungslandschaft funktioniert. Dahinter steht ein Projektkonsortium aus mehreren Partnern, darunter auch der DAAD.

BIRD steht für „Bildungsraum Digital“. Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt, beauftragt und finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), fasst auf einer eigenentwickelten Metaplattform alle digitalen Bildungsangebote in Deutschland zusammen. Die Vision: In ein paar Jahren besitzen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem personalisierten Single-Sign-On (SSO) den Login zum mobilen, flexiblen, selbstbestimmten und lebenslangen Lernen auf der Nationalen Bildungsplattform. Alle haben Zugang zu diesem vernetzten Ökosystem unabhängiger Bildungsinstitutionen – von Vorschulen bis zu Universitäten, von Berufsschulen bis zu Weiterbildungsträgern, von Forschungseinrichtungen bis zu Volkshochschulen, von Qualifizierungsinitiativen bis zu Schulbuchverlagen.

Userinnen und User finden in allen Lebens-, Ausbildungs- und Berufsphasen passgenaue Beratungen, Informationen und Bildungsangebote sowie neue Perspektiven und Kontakte. E-Learning-Werkzeuge dienen zum Lernen, zur Zusammenarbeit, Zertifizierung, Dokumentation und Reflexion. Intelligentes Metadaten-Management gestattet sicheres Suchen in Lehr- und Lernangeboten wie Kursen, Prüfungen, Modulen, Lernartefakten, wissenschaftlichen Artikeln und anderen Inhalten. Virtuelle Lern- und Arbeitsräume sind digitale Treffpunkte mit anderen Lehrenden und Lernenden. Kollaboration passiert einfach und barrierefrei über Bildungsbereiche, Einrichtungen und Distanzen hinweg. Auch ein europaweiter Austausch ist möglich.

Selbstbestimmung in der gesamten Bildungshistorie
BIRD setzt einen starken Fokus auf die Anwenderinnen und Anwender. Eine sogenannte Data Wallet garantiert ihnen eine selbst-souveräne Identität innerhalb der Nationalen Bildungsplattform. Die gesamte persönliche Bildungshistorie wird von jeder Nutzerin und jedem Nutzer individuell und selbstbestimmt verwaltet. Daten, Material und Leistungsnachweise sind sicher gespeichert und können in wechselnden Lern- oder Lehrkontexten genutzt werden. Dritte haben nur nach einer ausdrücklichen Freigabe Zugriff auf definierte Inhalte.

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DAAD

Prof. Dr.-Ing. Ulrike Lucke (r.), Leiterin des Lehrstuhls für Komplexe Multimediale Anwendungsarchitekturen am Institut für Informatik und Computational Science der Universität Potsdam und BIRD-Projektleiterin, mit Franziska Blum, BIRD-Koordinatorin an der Universität Potsdam, bei einem Workshop der Projektpartner im DAAD im Juni 2022. 

Die Digitalisierung vorantreiben
Das Projektkonsortium aus verschiedenen Partnern (siehe Kasten) startete am 1. April 2021. Doch die Umsetzung der Vision hatte schon vorher begonnen. „Keiner der BIRD-Partner fing bei null an“, verweist Projektleiterin Prof. Dr.-Ing. Ulrike Lucke auf die langjährige Zusammenarbeit dieser relevanten Akteure, die die Digitalisierung in der Bildung vorantreiben. Dass die Coronakrise die vorhandenen Mängel in der Bildungslandschaft schonungslos offenbarte, sei letztlich ein Vorteil, so die Leiterin des Lehrstuhls für Komplexe Multimediale Anwendungsarchitekturen am Institut für Informatik und Computational Science der Universität Potsdam. Als Mutter dreier Schulkinder erlebte sie im Homeschooling ein drastisches Gefälle in der Qualität. Als Professorin kämpfte sie damit, online den Lehrbetrieb und die Nähe zu den Studierenden sicherzustellen. Solche Erfahrungen in der Pandemie haben in der Gesellschaft und Politik eine große Bereitschaft zum Handeln erzeugt. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir im E-Learning endlich etwas bewegen können“, sagt Lucke.

Bildung und Technik zusammenführen
Für die Informatikerin und E-Learning-Expertin gehören anspruchsvolle Aufgabenstellungen zum Alltag. „BIRD ist allerdings das komplexeste, was ich jemals gemacht habe“, stellt Ulrike Lucke fest. Das liegt an der großen Breite der beteiligten Disziplinen. Bildung und Technik zusammenzuführen, schafft extrem vielschichtige Dimensionen. Hinzu kommen Aspekte wie Recht, Daten- und Betriebssicherheit oder Verwaltungsvorgaben. Nicht zuletzt muss das Projekt den sich beständig weiterentwickelnden Erwartungen von Gesellschaft und Politik im globalen Kontext gerecht werden und mit den neuen Standards der Zusammenarbeit und Vernetzung die föderalen Zuständigkeiten im Bildungswesen respektieren.

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DAAD

 Alexander Knoth, Chief Digital Officer beim DAAD.

Eine neue Generation von „Digital Citizens“
Die Digitalisierung der Bildungslandschaft wird die soziale Interaktion von Lernenden, Lehrenden und Institutionen dauerhaft verändern. „Wir sehen eine neue Generation von ‚Digital Citizens‘“, sagt Alexander Knoth, Chief Digital Officer beim BIRD-Partner DAAD. Der Leiter des Referats Digitalisierung betont die Selbstsouveränität von Nutzerinnen und Nutzern als klaren Paradigmenwechsel gegenüber der wirtschaftlich getriebenen Datennutzung kommerzieller Anbieter und Social Networks. „Jeder kann heute ein Smartphone bedienen. Aber die Digitalisierung von Bildung und Beruf erfordert mehr, als YouTube-Videos zu streamen.“ Um mit den vielfältigen Angeboten umgehen zu können, brauchen Nutzerinnen und Nutzer eine klare, eigenverantwortliche Orientierung. Was ist für sie in der Ausbildung, im Beruf und in der persönlichen Entwicklung relevant? Was fördert die Zusammenarbeit im Team? Wie setzen sie Lern- und Kollaborationstools sinnvoll ein – auch über Institutionen- und Ländergrenzen hinweg? Dazu Knoth: „Das Lernen in der Community fördert neue Kompetenzen, um die digitalen Möglichkeiten zielgerichtet im professionellen Kontext einzusetzen. Die Nationale Bildungsplattform beschleunigt diesen Prozess.“

Auf der IFA in Berlin Einblicke in den Prototyp
Anfang 2023 will das Projektkonsortium einen Prototyp an das BMBF übergeben, damit das System anschließend in den von einem Dienstleister abzubildenden Realbetrieb überführt werden kann. Schon heute läuft in der Projektentwicklung bei den beteiligen Partnern ein Testbetrieb mit einer zweistelligen Zahl von Bildungsträgern und ein paar hundert Nutzerinnen und Nutzern. Dies stellt eine adäquate Berücksichtigung der späteren Anwenderinnen und Anwender sicher. Außerdem teilt BIRD die Ergebnisse seiner Arbeit transparent durch Videoformate. Auch auf der IFA, die in Berlin vom 2. bis 6. September digitale Trends und Technologien präsentiert, wird BIRD Einblicke in den Prototyp geben.

Alfred Harke (23. August 2022)