"Brennendes Verlangen, Verantwortung zu übernehmen"
DAAD/Till Müllenmeister
Große Gemeinschaft: Ein Gruppenbild durfte beim Treffen der Alumni nicht fehlen
"How to equip a leader?" - diese Frage nach den Förderstrategien für Führungspersönlichkeiten war zentral für das Alumni-Treffen zum 40-jährigen Bestehen der DAAD-Außenstelle Nairobi. Auf der hochkarätig besetzten Veranstaltung des Regionalbüros für Afrika stand aber über drei Tage noch viel mehr auf dem Programm: Es galt, den scheidenden Direktor des Büros zu verabschieden und den neuen willkommen zu heißen. Vor mehr als 200 Teilnehmern aus zehn Staaten wurde auch die neue DAAD-Strategie für Subsahara-Afrika vorgestellt.
„Diese Art Zusammenkünfte brauche ich einfach; dieser Austausch ist für mich Auftanken.“ DAAD-Alumnus Professor Dominic Makawiti, Vice Chancellor der kenianischen Maseno-Universität, war mit seinem Empfinden nicht allein. Im Safari-Park-Hotel ging es drei Tage lebhaft, intensiv und herzlich zu. „Hier ist in den letzten 40 Jahren gute Arbeit geleistet worden“, so DAAD Präsidentin Professor Margret Wintermantel. „Die DAAD-Außenstelle Nairobi genießt eine hohe Reputation. Und das kann uns einfach nur freuen.“
Inspirierende Atmosphäre
Es war nicht zuletzt die Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer, die für die inspirierende und positive Atmosphäre sorgte. Viele DAAD-Alumni aus der Region sind miteinander bekannt – und mittlerweile in einflussreichen Positionen in Wissenschaft und Politik tätig. Was eine Führungspersönlichkeit kennzeichnet, darüber konnte sich im Laufe der Konferenz jeder eine Meinung bilden. Dr. Richard Sezibera, Generalsekretär der East African Community, brachte es in seiner Eröffnungsrede auf den Punkt: „Eine Führungspersönlichkeit erwacht jeden Tag mit dem brennenden Verlangen, etwas zu verändern, Verantwortung zu übernehmen!“ Einer, der Verantwortung übernommen hat, ist der DAAD-Alumnus Professor Hamadi Boga. Er ist Gründungsrektor des Taita Taveta University College in Kenia und sprach in einer Arbeitsgruppe über die Herausforderung, in Ostafrika eine der zahlreichen Universitätsneugründungen umzusetzen. „Staff is the key!“, formulierte er prägnant auf Englisch: Es reiche nicht, dass nur der Rektor einer Universität über Führungskompetenz verfüge, das ganze Team müsse etwas davon verstehen. Eine Herausforderung: „Es gibt zu wenig qualifiziertes Personal. Wir inserieren in Zeitungen, aber es meldet sich kaum jemand.“
Rasantes Wachstum der Studierendenzahlen
Drei weitere Arbeitsgruppen widmeten sich während des Alumni-Treffens dem zunehmenden Bedarf an Führungspersönlichkeiten für das aufstrebende Afrika – und nahmen dabei auch die Bereiche Forschung, Wirtschaft und Politik in den Blick. Kenianische Parlamentarier diskutierten anschließend mit Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Wirtschaft über die Chancengerechtigkeit beim Zugang zur Hochschulbildung in Afrika. Ein drängendes Zukunftsthema: Die Studierendenzahlen steigen beispielsweise in vielen Ländern Ostafrikas rapide an. Kenia etwa verzeichnet einen jährlichen Studierendenzuwachs von rund 30 Prozent. Berechnungen der Weltbank zufolge hat das Land einen Bedarf von jährlich 1.200 neuen Ph.D.s. Im Moment kommt man aber bei der Ausbildung nur auf etwa 250 pro Jahr.
Partnerschaft im strategischen Fokus
Genau hier hakt die neue Subsahara-Afrika-Strategie des DAAD ein. Im Zeitraum 2015 bis 2020 will man sich noch stärker bei der Aus- und Fortbildung von Hochschullehrern engagieren und dabei auf intensive Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern setzen. Der DAAD möchte den Aufbau lokaler Kapazitäten für die Graduiertenausbildung und die Forschung an afrikanischen Universitäten unterstützen. Auch die stärkere Einbindung der Hochschulen in die Gesellschaft soll gefördert, der Zugang deutscher Hochschulen zu Afrika vereinfacht und Wissen über Deutschland in Afrika vermittelt werden. Darüber hinaus sollen Synergien und Kooperationen zwischen deutschen und afrikanischen Hochschulakteuren gezielt gestärkt werden.
Verfünffachung der Promotionsstipendien
„Nur mit Partnerschaften können wir nachhaltig wirken“, betonte Christoph Hansert, der scheidende DAAD-Direktor des Büros in Nairobi. Partnerschaften und die Bildung von Netzwerken waren ihm in den vier Jahren seines Wirkens besonders wichtig. Das Büro Nairobi ist für acht Länder des östlichen Afrikas direkt zuständig. Hier gibt es die größte Dichte von DAAD-Alumni weltweit; Christoph Hansert setzte sich insbesondere für regelmäßige Treffen ein: „An diesen Alumni-Treffen hängt mittlerweile mein Herzblut!“ Darüber hinaus initiierte er unter anderem Trainings zur Benutzung von E-Journalen, die enorme Resonanz fanden. In seiner Wirkungszeit begleitete er auch zwei erfolgreiche Regierungsabkommen mit Kenia und Tansania, in deren Folge die Stipendienzahl für Promotionen in Deutschland in etwa verfünffacht wurde. „Ich bin mir sicher, dass mein Nachfolger Helmut Blumbach ebenfalls Verfechter des Partnerschaftsmodells ist. Tipps brauche ich ihm keine geben; er kennt sich in der Region bestens aus.“
Dr. Helmut Blumbach war bisher Leiter der „Programmabteilung Süd“ im DAAD und übernimmt das Büro in Nairobi ab Oktober 2014. Während der Abschlussrunde der Konferenz sprach er den partnerschaftlichen Geist kommender Kooperationen an: „Wenn das Ergebnis erst da ist, ist das wie bei einem Baby: Da fragt dann auch keiner mehr, ob der Vater oder die Mutter die Initiative dafür ergriffen hat.“ Die drei Tage der Konferenz nutzte Helmut Blumbach bereits, um Kontakte zu knüpfen oder zu vertiefen. Unter anderem mit Professor Jack Nyeko, Vice Chancellor der Gulu University in Uganda. Professor Nyeko fesselte zudem mit einem Vortrag viele der Konferenzteilnehmer besonders: Als Sohn einer Hirtenfamilie musste er in den Siebzigerjahren vor dem Terror Idi Amins fliehen. Sein eiserner Wille und ein Stipendium ermöglichten ihm trotzdem eine spätere wissenschaftliche Karriere. Es war ein DAAD-Stipendium des damals noch jungen Büros in Nairobi.
Utz Dräger (11. Juni 2014)