"Europafreundliche Stimmung"

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Das polnische Wrocław ist in Deutschland als Breslau bekannt

Zur Europawahl 2014 präsentiert das DAAD-Online-Magazin den Blick von drei deutschen Erasmus-Stipendiaten auf Europa. Sie studieren derzeit in ihren Gastländern. Bartosz Gruszka lernt Polen an der Universität Wroclaw (deutsch: Breslau) kennen.

Deutschlands und Polens Sozialsysteme im Vergleich – das ist eines von vielen Themen, die Bartosz Gruszka in seinem Studium der Politikwissenschaften vertiefen will. Der gebürtige Essener studiert an der Universität Bremen. Sein 6. Semester im Bachelorstudiengang verbringt er derzeit im polnischen Wrocław. „In meinem späteren Beruf wünsche ich mir unbedingt einen Bezug zu Polen“, sagt er.

Bartosz Gruszka, in Deutschland geborener Sohn polnischer Eltern, hat zwei Staatsbürgerschaften. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren Vater und Mutter in den frühen 1990er Jahren aus Polen nach Deutschland gekommen, um in Nordrhein-Westfalen zu arbeiten. „Es lag für mich auch persönlich nahe, ein Auslandssemester in Polen zu verbringen“, erzählt der Politikstudent. „Meine Vorstellungen vom Heimatland meiner Eltern waren bislang eher marginal – meine polnischen Sprachkenntnisse erleichtern mir nun einen tieferen Einblick.“

Positiver Blick auf Europa

Der europäische Zusammenhalt interessiert Bartosz Gruszka sehr. Um mehr über die Stimmung in Polen vor der Europawahl zu erfahren, besuchte er außerhalb der Universität eine öffentliche Veranstaltung der polnischen Regierungspartei vor der Jahrhunderthalle in Wrocław. Die Regierungsmitglieder nahmen zu Europa positiv Stellung – und das stieß bei den Zuhörern auf breite Zustimmung, berichtet der angehende Politikwissenschaftler. „Die Stimmung war grundsätzlich europafreundlich und das entspricht auch meinem persönlichen Eindruck im Alltag in Wrocław“, urteilt Bartosz Gruszka. „Überwiegend scheinen die Polen das europäische Projekt als Gewinn für das eigene Land zu empfinden.

Erasmus, das Bildungsprogramm der EU für den Hochschulbereich, ist für Bartosz Gruszka ein gutes Instrument, um die europäische Verständigung langfristig voranzutreiben. Nicht nur durch die Möglichkeit, ein anderes europäisches Land besser kennenzulernen, so Gruszka. Besonders das Zusammentreffen mit vielen internationalen Erasmus-Stipendiaten fördere das Einigungsprojekt: „Wir tauschen uns untereinander viel über Europapolitik aus und sprechen momentan auch über die bevorstehende Wahl.“

Mehr Vielfalt – weniger Vorurteile

„In den kommenden Monaten möchte ich dann noch mehr Kontakte zur polnischen Bevölkerung knüpfen“, sagt Bartosz Gruszka. Der Austausch mit den europäischen Stipendiaten sei zwar sehr bereichernd, „Aber wir sind ein bisschen zu sehr unter uns und das will ich noch ändern.“ Bei seinen ersten Begegnungen als Deutscher in der polnischen Öffentlichkeit hat er sein Gastland in den meisten Fällen als sehr zugewandt und freundlich erlebt. „Viele reagierten mit Neugier darauf, Deutsch zu hören und waren dann angenehm überrascht, wenn ich Fragen auf Polnisch beantworten konnte.“ Aber auch Skepsis und Ablehnung sind Bartosz Gruszka in Polen begegnet, als er mit einem Kommilitonen Deutsch sprach. „Viele Vorurteile sitzen noch tief – umso wichtiger ist es, den europäischen Austausch junger Menschen voranzutreiben. Je mehrsprachiger der Alltag wird, desto eher gewöhnt man sich einfach an die Vielfalt Europas.

Zurück in Bremen wird Bartosz Gruszka sein Bachelorstudium abschließen und dann einen passenden Masterstudiengang suchen. Welcher Studiengang das sein wird, weiß er noch nicht: „Hautsache er hat mit deutsch-polnischer Politik zu tun.

Bettina Mittelstraß (22. Mai 2014)

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