"Blick zurück in die Zukunft"

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Mehr als 150 Teilnehmer fanden sich im "Campus Malesherbes" der Sorbonne ein

Das große Jubiläumstreffen der DAAD-Frankreich-Lektoren widmete sich den vielfältigen Facetten des Berufsbildes - und seinen neuen Perspektiven. Ergänzend stellt das DAAD-Online-Magazin drei Karrierewege von Frankreich-Lektoren vor.

Vor 60 Jahren schickte der DAAD seine ersten Lektoren hinaus in die Welt – viele davon nach Frankreich. An den Universitäten jenseits des Rheins unterrichteten sie Deutsch, warben für ein Studium in Deutschland, aber auch für das Land selbst und die noch junge Demokratie der Bonner Republik. Lektoren, das waren Botschafter der Aussöhnung und der Verständigung, jenseits der politischen und diplomatischen Trassen. Mehr als hundert von ihnen waren in den Siebzigerjahren im Nachbarland unterwegs. Derzeit sind es 48 und damit immer noch mehr als in jedem anderen Land der Welt.

Anforderungsprofil im Wandel

Für die meisten stand das Frankreich-Lektorat am Übergang zwischen Studium und Beruf und bildete ein Sprungbrett für die weitere Karriere. Dabei hat sich das Anforderungsprofil für die Deutsch-Lektoren in Frankreich über die Jahrzehnte gewandelt. Der klassische Germanist mit Forschungsambitionen ist mittlerweile weniger gefragt als der didaktisch versierte Deutschlehrer mit Talent zum Kulturmarketing. Vor diesem Hintergrund trafen sich an der Universität Paris-Sorbonne ehemalige Frankreich-Lektoren zu einem zweitägigen Treffen, das unter dem Motto "60 Jahre DAAD-Lektoren in Frankreich – Blick zurück in die Zukunft" stand. Konzeption und Organisation lag bei der DAAD-Außenstelle Paris. "Aus meiner Sicht sind Lektoren, die in der Regel fünf bis sechs Jahre für den DAAD tätig waren und durch kontinuierliche Fortbildungen und ihre Beratungstätigkeit als DAAD-Botschafter mit ihm sehr eng verbunden sind, eine Personengruppe, um die wir uns bislang noch viel zu wenig unter dem Alumni-Blickwinkel kümmern", erläuterte Außenstellenleiterin Christiane Schmeken die Zielrichtung der Veranstaltung.

Dass sie mit ihrer Idee ins Schwarze getroffen hatte, zeigten die mehr als 150 Teilnehmer, die sich am Veranstaltungsort, dem „Campus Malesherbes“ einfanden. Lektorenkollegen, die sich seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten, aus den Augen verloren hatten, trafen wieder aufeinander. "Ich komme mir vor wie beim Klassentreffen", bekannte einer von ihnen. Intensive persönliche Gespräche mussten allerdings auf den abendlichen Empfang am Sitz der DAAD-Außenstelle im Hôtel Duret de Chevry verschoben werden. Denn der Tag stand im Zeichen von Vorträgen, Gesprächsrunden und diversen thematischen Ateliers, in denen die "Kompetenzen, Karrieren und Konjunkturen" der Frankreich-Lektoren beleuchtet wurden.

Handfeste Zahlen dazu hatte Benjamin Schmäling zu bieten, an der Außenstelle Paris Lektor sowie Koordinator des Lektorenprogramms. Der DAAD Paris hatte im Vorfeld der Veranstaltung eine Umfrage unter den ehemaligen Lektoren gestartet. 255 von knapp 500 angeschriebenen Lektoren antworteten. Gut ein Drittel dieser Gruppe stieg mit dem Ersten Staatsexamen in die Lektorentätigkeit ein. Romanistik bildet das beliebteste Studienfach der Bewerber, dicht gefolgt von Germanistik. "Allgemeines Interesse an Frankreich" und "Erweiterung der Auslandserfahrung" wurden als wichtigste Gründe genannt, ein Lektorat anzustreben, "Fremdsprachenkenntnisse" und "interkulturelle Kompetenz" als entscheidender Gewinn nach dessen Ende. 59 Prozent setzten ihre Laufbahn in Deutschland fort, 33 in Frankreich, der weitaus überwiegende Teil in Lehre und Forschung.

Interessante Perspektivenwechsel erlaubte eine Gesprächsrunde, die ehemalige deutsche Frankreich-Lektoren mit ehemaligen französischen Deutsch-Lektoren zusammenbrachte. Man erfuhr, zum Beispiel, dass Béatrice Angrand, heute Generalsekretärin des Deutsch-Französischen Jugendwerks, vom Fall der Mauer derart fasziniert war, dass der Osten Deutschlands für sie das Land der Träume wurde. Von 1993 bis 1996 leitete sie in Rostock das Institut Français.

"Deutsch als Fremdsprache" gefragt

Ohne Frage bildet ein Lektorat den Türöffner in die berufliche Zukunft. Doch dahinter findet man viele Wege in verschiedene Richtungen. Diverse parallele Workshops zeigten auf, wohin die Reise gehen kann. Neben der klassischen akademischen Laufbahn bietet sich ein „Quereinstieg“ in die Wirtschaft, die Kommunikationsbranche oder bei Stiftungen an. Deutsch-französische Kompetenzen können zudem in die Rolle des Übersetzers oder des Kulturvermittlers münden. Daneben wurde auch das geänderte Profil des Lektors unter die Lupe genommen. Zwar ist die Zahl der Germanistikstudierenden seit Jahren rückläufig, nicht aber die Zahl derjenigen, die Deutsch lernen wollen. Gefragt sind seit rund einem Jahrzehnt deshalb Lektoren mit einem DaF-Profil (Deutsch als Fremdsprache). Zugleich erlebt das Lektorat mancherorts eine Aufwertung als Instanz der Kulturvermittlung. Fried Nielsen, Gesandter Kultur an der Deutschen Botschaft Paris, schlug vor, Lektoren mit einem Budget für kulturelle Aktivitäten wie Filmtage, Lesungen und Ähnliches auszustatten. Vielleicht auch für stadtgeschichtliche Spaziergänge, die ebenfalls zum Programm gehörten. Sie führten die Teilnehmer in den "grünen Osten von Paris", ins Marais, auf die Spuren von Georges Brassens oder vom Palais Royal nach Pigalle. Dem wohl berühmtesten Frankreich-Lektor war schließlich der Abschlussabend gewidmet. Der Dichter Paul Celan war von 1959 bis 1970 als Lektor an der Ecole Normale Supérieure in Paris tätig. Mit Lesungen seiner Gedichte und Reflektionen zu Leben und Werk näherte sich die literarische Hommage dem einzigartig sprachschöpferischen Poeten an.

Mit Unterstützung durch:

DFJW Universite Paris Sorbonne Paris IV

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Mathias Nofze (14. Mai 2014)