Investition in eine nachhaltige Entwicklung

DAAD/Tobias Bohm

Für das gute Regieren: afghanische PPGG-Stipendiaten vor dem Berliner Reichstagsgebäude

Seit fünf Jahren fördert der DAAD mit dem Stipendienprogramm "Public Policy and Good Governance (PPGG)" junge Fach- und Führungskräfte aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die sich in ihrer Heimat für demokratische Strukturen und zivilgesellschaftliche Mitbestimmung einsetzen. Nach sechs Monaten Sprachkurs an verschiedenen Orten in Deutschland trifft sich jeder neue Jahrgang zu Semesterbeginn erstmals zum PPGG-Herbstseminar in Bonn. Das jüngste Treffen zeigte, dass mit dem PPGG-Programm ein vielschichtiges, wertvolles Netzwerk entstanden ist.

Das inspirierende Zusammentreffen von hochqualifizierten Leuten aus verschiedenen Disziplinen schätzt Javier Eloy Guillot Landecker an seinem Studium an der Hertie School of Governance Berlin, wo er seinen „Master of Public Policy“ macht, besonders: „Dieses Stipendium ist für mich ein Traum“, sagt er. Guillot Landecker gehört zu den 463 Stipendiaten aus 66 Ländern, die der DAAD seit 2009 mit seinem Programm „Public Policy and Good Governance (PPGG)“ gefördert hat oder immer noch fördert. Anders als bei vielen anderen DAAD-Stipendienprogrammen steht hier nicht die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses, sondern die Fortbildung zukünftiger politischer Entscheidungsträger aus Afrika, Asien und Lateinamerika im Fokus. „Viele Länder des globalen Südens sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert: soziale und politische Spannungen oder gar gewalttätige Konflikte, zudem globale Herausforderungen wie der Klimawandel. Mit dem Programm haben wir in den letzten fünf Jahren hochmotivierte Zukunftsgestalter auf die Bewältigung dieser Aufgaben vorbereitet“, erläutert Lars Gerold, zuständiger Referatsleiter beim DAAD das Ziel des Programms.

Konfliktmanagement und Klimapolitik

Der 27-jährige Guillot Landecker hat in Kolumbien zunächst Philosophie studiert. Als PPGG-Stipendiat untersucht er nun die Ökodorf-Bewegung in Deutschland, Kolumbien und Brasilien und schreibt seine Masterarbeit über nachhaltige Gesellschaftsmodelle. „Wenn ich nach Kolumbien zurückgehe, will ich mich auf jeden Fall für die Stärkung der Zivilgesellschaft engagieren“, sagt er. Die Rolle der Justiz, die Menschenrechte und die Bekämpfung der Korruption nennt derweil Edris Arib aus Afghanistan als wichtigste Herausforderungen für sein Land. Arib ist Jurist. Der 28-Jährige hat in Kabul als juristischer Berater für die Europäische Union gearbeitet. Nun studiert er an der Willy Brandt School of Public Policy (WBS) in Erfurt und lernt die wissenschaftlichen Grundlagen und Theorien sowie das methodische Handwerkszeug für den Aufbau einer Demokratie kennen.

Acht deutsche Hochschulen sind am praxisorientierten PPGG-Programm des DAAD beteiligt: Neben der Hertie School of Governance in Berlin und der Willy Brandt School of Public Policy an der Universität Erfurt sind das die Universität Duisburg-Essen, die Universität Lüneburg, die Hochschule Osnabrück, die Universität Osnabrück, die Universität Passau und die Universität Potsdam. Lars Gerold macht an drei Beispielen unterschiedliche fachliche Schwerpunkte der Hochschulen deutlich: „Die Willy Brandt School of Public Policy bietet eine Spezialisierung in Konfliktmanagement, während man sich an der Universität Potsdam auch auf Klimapolitik konzentrieren kann. An der Hochschule Osnabrück stehen die Rolle und das Management von Non-Profit-Organisationen im Fokus.“

Interkulturelle Kompetenz und regionale Initiativen

„Wir profitieren von den internationalen Studierenden“, sagt Professor Florian F. Hoffmann, Direktor der Erfurter WBS. „Sie bringen sozusagen die Welt nach Erfurt.“ Die WBS hat den ersten Studiengang in Deutschland zum Thema Public Policy aufgebaut. „Public Policy ist eine Meta-Wissenschaft“, erklärt Hoffmann. „Es geht um Angewandte Sozialwissenschaften, öffentliches Finanzwesen und beim Schwerpunkt internationales Konfliktmanagement um die Vermittlung interkultureller Kompetenz.“ Eine Möglichkeit, das Gelernte in die Praxis umzusetzen, bietet die WBS mit dem „Commitment Award“: Studierende können Projekte vorschlagen, die sie in ihren Heimatländern gerne umsetzen würden. Drei dieser Projekte werden dann finanziell gefördert. „Es handelt sich um regional begrenzte Initiativen wie zum Beispiel den Bau von Latrinen für eine Dorfschule in Kamerun“, sagt Hoffmann.

Solche Initiativen belegen das große Engagement der PPGG-Studierenden. „Bei diesem Programm gibt es keine Regionalquoten“, sagt Ivana Olić de Oliveira, Referentin für die überregionalen Programme Good Governance des DAAD. „Nur die Besten erhalten ein Stipendium. Dabei achten wir nicht nur auf die Noten, sondern auch auf das Profil der Bewerber, auf Berufserfahrung und auf ihre Motivation.“ Mit dem aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanzierten PPGG-Programm bekomme die Entwicklungshilfe eine neue Qualität: „Wir investieren in kluge Köpfe und setzen auf die Erfahrung und das Wissen von Menschen, die sich mit den Problemen vor Ort auskennen. Nur so ist eine nachhaltige Entwicklungspolitik möglich.“

Feldforschung und Auslandspraktika

Die Unterstützung des DAAD für die PPGG-Studierenden ist vielfältig: Es werden Sprachkurse, Feldforschungsaufenthalte, internationale Veranstaltungen und Auslandspraktika angeboten. Jeweils im Herbst gibt es in Bonn ein zweitägiges Orientierungs- und Vernetzungstreffen. Daran nehmen auch die Studiengangsverantwortlichen und Betreuer an den acht beteiligten deutschen Hochschulen teil und tauschen Erfahrungen aus. Dazu gehört aber auch ein interkulturelles Training und Erfahrungsberichte älterer Stipendiaten wie in diesem Jahr von Javier Eloy Guillot Landecker, Syed Shah (Pakistan) und Ala' Omari (Palästinensische Gebiete). Wichtigste Botschaft der drei erfahrenen Stipendiaten an die neuen: Bleibt in Kontakt, baut ein Netzwerk auf und nutzt diese Chance, um euch zu qualifizieren und euren Ländern zu helfen.

Claudia Wallendorf (24. September 2014)

Weitere Informationen

Broschüre „Gut regieren und gestalten“

Zum fünfjährigen Bestehen präsentiert die Broschüre „Gut regieren und gestalten“ kompakt und anschaulich Stärken und Bandbreite des Programms „Public Policy and Good Governance (PPGG)“. DAAD-Verantwortliche kommen ebenso zu Wort wie PPGG-Alumni und aktuelle Stipendiaten. Mohammad Fawad Anwarzai, der nach seinem Masterstudium an der Erfurter Willy Brandt School of Public Policy heute für die afghanische Regierung arbeitet, bringt anhand seines eigenen Wegs die PPGG-Zielsetzung auf den Punkt: „In unserer Heimat können wir mit unserer Ausbildung am meisten erreichen. Für den Aufbau einer modernen Gesellschaft braucht Afghanistan Experten wie uns.“