Lösungen für die Mobilität der Zukunft

Anke Stahl

Teilnehmende des Workshops in Hanoi

Schauplatz Vietnam: Die positive Wirtschaftsentwicklung bringt mit dem wachsenden Wohlstand auch neue Mobilitätsprobleme; immer mehr Autos drängen auf die Straßen, die bislang vor allem den Zweirädern vorbehalten waren. Zukunftsfähige Konzepte bedingen einen intensiven Austausch über die Fachgrenzen hinweg. An dieser Herausforderung setzte ein Workshop an, der von der DAAD-Außenstelle Hanoi und dem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten REMON-Projekt initiiert worden war.

Metropolen wie Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt suchen seit Jahren nach Konzepten und Plänen zur Bewältigung des wachsenden Verkehrschaos. Zwar arbeiten Wissenschaftler und städtische Behörden sowie Ministerien durchaus zusammen, jedoch fehlen ein koordinierter landesweiter Austausch zwischen Stadt- und Verkehrsplanern und ein zuverlässiger Gesamtüberblick über die schon vorhandene Datenlage.

Genau dieser Herausforderung nahm sich ein internationaler Workshop an der University of Transportation and Communication (UTC) in Hanoi vom 3. bis 4. September 2014 an, der von der DAAD-Außenstelle Hanoi gemeinsam mit dem BMBF-geförderten REMON-Projekt (Real Time Monitoring of Urban Transport) initiiert worden war. Unter der Überschrift „Modeling Hanoi’s Future“ stellten rund 40 Nachwuchswissenschaftler aus ganz Vietnam, Experten der Stadt- und Verkehrsplanungsbehörden sowie Unternehmensvertreter aus diesem Bereich ihre Forschungsergebnisse vor und diskutierten sie auch unter Einbezug ihrer Erfahrungen aus anderen Metropolen Südostasiens. Dieser integrierte und interdisziplinäre Ansatz war neu für die meisten Teilnehmer und ein zentrales Anliegen der Initiatoren des Workshops.

Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik

Schnell wurde deutlich: Stadt- und Verkehrsplaner müssen heute vor allem auch gute Kommunikatoren sein, um den wachsenden Herausforderungen einer Metropole wie Hanoi adäquat begegnen zu können. Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ist dabei ebenso wichtig wie das umfassende Nachdenken über vielschichtige Fragestellungen: Man kann nicht über die Zukunft einer Stadt entscheiden, ohne ihre Geschichte zu kennen. Man kann nicht über neue Transportmittel und -wege sprechen, ohne die Bedürfnisse der Bevölkerung und ihre demografische Entwicklung im Blick zu haben. Man kann nicht neue Technologien einsetzen, ohne umwelttechnische Standards zu berücksichtigen. Man kann nicht die Stadterweiterung von Hanoi planen, ohne die sozio-ökonomischen Auswirkungen in Betracht zu ziehen. Die Metropole ist gekennzeichnet durch rapides Wachstum, unkontrollierte Landflucht mit dem Folgeproblem wachsender informeller Siedlungen und das Fehlen einer zentralen Datenbank zur Verkehrs- und Stadtplanung.

Daten bündeln und nutzbar machen

Wird das geplante Großprojekt zum Metrobau in Hanoi tatsächlich die erhoffte große Entlastung für den Verkehr bringen und die Anzahl der Mopeds reduzieren? Vergleichsdaten aus anderen asiatischen Metropolen wie Taipei, Peking oder Shanghai dämpfen den Optimismus und machten deutlich, dass auch an anderer Stelle umgedacht werden muss, etwa bei der Entwicklung umweltfreundlicherer Mopeds und der Verbesserung des allgemeinen Fahrverhaltens. Dr. Vu Anh Tuan, Ko-Direktor des Vietnamese-German Transport Research Centre (VGTRC) der Vietnamese-German University (VGU) ging in Hanoi zudem der Frage nach, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Metro tatsächlich zu einer attraktiven Alternative für die Bevölkerung werden.

Wie komplex die Suche nach der besten Lösung für Hanoi ist, machte Dr. Hans-Peter Thamm deutlich, der das REMON-Projekt an der FU Berlin koordiniert und den Workshop gemeinsam mit Dr. Le Thu Huyen, die an der TU Darmstadt promoviert wurde, leitete. „Zunächst muss ein umfassendes Prozessverständnis für das jeweilige stadt- und verkehrsplanerische Problem entwickelt werden, bevor man sich für ein Modell entscheidet und entsprechende Daten dazu auswertet oder neu erhebt“, betonte Thamm. „Viele Daten liegen bereits vor, sind aber oft ungenügend verfügbar. Das muss im Sinne einer gemeinsamen Nutzung unbedingt verbessert werden.“ „Remote Sensing“ (Fernerkundung) sei ein sehr gutes und zudem preiswertes Instrument zur Datenerhebung, das von allen Beteiligten vielseitig genutzt werden könne. Das REMON-Projekt entwickelt derzeit eine neue Open Source Software zur Datenerhebung, die Ende 2015 zur Verfügung stehen soll.

Plattform für den Austausch

„Wir wollten für diesen dringend notwendigen Austausch der verschiedenen Disziplinen und Akteure eine Plattform bilden. Das scheint gelungen“, resümiert Anke Stahl, Leiterin der DAAD-Außenstelle Hanoi die zweitägige Veranstaltung, die wichtige Anstöße gegeben habe: „Die Teilnehmer wollen diese gemeinsame Diskussion unbedingt fortführen.“ Der DAAD hatte die Anreise der Teilnehmer aus ganz Vietnam finanziell unterstützt; das REMON-Projekt und die UTC haben die fachliche Expertise inhaltlich und personell eingebracht und die Veranstaltung organisiert. Die Beteiligten hoffen, dass es gelingt, eine Veranstaltungsreihe zu diesem Thema in Vietnam zu etablieren, die alternierend in Hanoi und in Ho-Chi-Minh-Stadt stattfindet und eine nachhaltige Beschäftigung mit der Mobilität von Morgen ermöglicht. Dr. Vu Anh Tuan vom VGTRC kann sich gut vorstellen, die Folgeveranstaltung an der Vietnamese-German University im nächsten Jahr zu organisieren.

Anke Stahl, Leiterin der DAAD-Außenstelle Hanoi (30. September 2014)

Weiterführender Link

REMON-Projekt