Wer macht eigentlich Hochschulpolitik in Brüssel - und wie?
FKPH
Die DAAD Außenstelle in Brüssel befindet sich im Zentrum des EU-Geschehens, direkt gegenüber dem Europäischen Parlament
Die Europäische Union ist ein bedeutender Akteur in der Hochschulzusammenarbeit. Sie setzt Förderprogramme auf, spricht Empfehlungen zur Hochschulzusammenarbeit aus, entwickelt Strategien, setzt neue Initiativen auf die Spur und untersucht Trends und Entwicklungen durch Hochschulpolitische Studien. Zwanzig deutsche Hochschulvertreter haben sich in einem dreitätigen Fortbildungsseminar Ende September an der DAAD-Außenstelle Brüssel einen Überblick über die zahlreichen Initiativen der Europäischen Union verschafft.
Ein nur kurzer Blick auf die vielen Akteure in Brüssel kann leicht verwirren. Verschiedene Generaldirektionen der Europäischen Kommission haben direkt oder indirekt mit Hochschulen zu tun. Neben der Generaldirektion für Bildung und Kultur, sind dies auch die Generaldirektionen für Forschung, Regionalpolitik, Beschäftigung, der Entwicklungszusammenarbeit; dem Europäischen Auswärtigen Dienst und den Delegationen der EU-Kommission in den Partnerländern. Europäische Agenturen, wie die EACEA und die REA, setzen die EU-Förderprogramme im Auftrag der EU-Kommission um.
Im Europäischen Parlament werden Verordnungen für Programme, wie Erasmus+ diskutiert und verabschiedet. Aber auch der jährliche Haushalt, der die notwendigen Gelder für Bildung und Forschung bereitstellt, muss vom Europäischen Parlament angenommen werden. In den Ratsarbeitsgruppen werden Vorschläge der EU Kommission für Empfehlungen an die EU-Mitgliedstaaten zur Verabschiedung durch die Bildungsminister vorbereitet. Und nicht zuletzt gibt es eine Reihe von Akteuren außerhalb der EU-Institutionen, die ihren Einfluss auf EU-Bildung und Forschung geltend machen. Viele dieser Akteure haben den Seminarteilnehmern durch ihre Vorträge einen direkten Einblick in ihre Arbeit gegeben – aber auch Kommentare und Anregungen der Teilnehmer aus der Praxis wieder mit zurück an den Schreibtisch genommen. Denn nicht immer läuft in der Praxis alles so, wie ursprünglich in Brüssel geplant.
Die Kommission will die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft stärken
Wenn die Europäische Kommission eine politische Strategie aufsetzt, heißt das im EU-Jargon „Mitteilung“. In den letzten Jahren gab es eine ganze Reihe von Mitteilungen der EU Kommission, die sich an Hochschulen richten: Die „Modernisierungsagenda für Hochschulen“ (2011), „Europäischer Hochschulbildung in der Welt“ (2013), sowie „Die Bildung öffnen“ (2013). Die in den EU-Mitteilungen definierten Ziele sollen durch Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten, aber auch durch die EU Förderprogramme, in die Praxis umgesetzt werden. Deshalb ist für die Hochschulen, die sich um EU-Fördermittel bewerben, ein Blick in diese Strategien ganz besonders wichtig. Die Projekte, die zeigen können, dass sie zur Erreichung der EU-Ziele beitragen, haben in der Regel die beste Chance auf Förderung.
Eine zentrale Forderung der EU-Kommission in ihren hochschulpolitischen Strategien ist die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft. Hierdurch soll die Arbeitsmarktfähigkeit der Hochschulabsolventen, Innovationsbereitschaft und Unternehmertum gestärkt werden. Im Förderprogramm Erasmus+ ist diesem Ziel extra eine Förderlinie, die „Wissensallianzen“, gewidmet. Wer noch weiter gehen will, kann sich auch unter dem vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie geförderten Wissens- und Innovationspartnerschaften (KICs) beteiligen. Kleinere Projekte passen besser unter die Strategischen Partnerschaften des Erasmus+ Programms, die in Deutschland von der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD umgesetzt werden. Die Europäische Kommission will aber auch die Akteure aus Wirtschaft und Hochschule stärker zusammenbringen. Sie richtet hierzu regelmäßig „University-Business Foren“ aus.
Welche Rolle können und sollten Hochschulen in der EU Regionalpolitik und Strukturförderung spielen?
Der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) weist als eine Priorität die Förderung von „Forschung und Innovation“ auf. Der Europäische Sozialfonds listet Bildung in seinen Prioritäten auf. Hierzu können und sollten Hochschulen etwas beitragen. Die Europäische Kommission hat daher von den Mitgliedstaaten gefordert, dass diese in die Entwicklung regionaler Strategien, sogenannter smart specialization strategies, die die Grundlage für die Vergabe der EU-Strukturfondsmittel stellen, eingebunden werden. Die Diskussion unter den Teilnehmern des Seminars zeigte, dass dies in den deutschen Bundesländern nur unterschiedlich gut umgesetzt wurde.
Die Internationalisierung der europäischen Hochschulbildung
Die Internationalisierung der Hochschulbildung hört nicht an den Grenzen Europas auf, europäische Hochschulen müssen sich dem globalen Wettbewerb stellen. Die Europäische Kommission fordert deshalb in ihrer Mitteilung „Europäische Hochschulbildung in der Welt“ die Entwicklung nationaler und institutioneller Internationalisierungsstrategien. Förderung hierfür wird das Erasmus+ Programm erstmals mit dem kommenden Aufruf zur Verfügung stellen. So soll, wenn auch in begrenztem Umfang, die Förderung von Mobilität aus und in Partnerländer außerhalb Europas – sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern – gefördert werden.
Die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Bildung muss ausgebaut werden
In der Mitteilung der EU-Kommission „Die Bildung öffnen“ wird von den Hochschulen und weiteren Bildungsträgern gefordert, hochwertige Lehre durch die bessere Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu entwickeln und Lehrinhalte frei zugänglich zu machen. Zu viele europäische Länder hängen in der Nutzung von IKT hinterher und sind damit für die Zukunft nicht gerüstet. Auf der von der Kommission eingerichteten Plattform „openeducationeuropa.eu“ werden Materialien sowie Informationen zu dem Thema IKT in der Bildung ausgetauscht. Hier ist auch eine Übersicht über das Angebot von Massive Open Online Courses (MOOCs) an Europäischen Hochschulen verfügbar.
Dr. Hanns Sylvester, Leiter der Nationalen Agentur im DAAD fasste das übergeordnete Ziel des Seminars abschließend zusammen: „Die Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit und die Außenstelle in Brüssel wollen Advokat der deutschen Hochschulen in Brüssel sein und den Austausch mit den EU- Akteuren fördern. Wir informieren sie über die EU-Programme und geben ihre Erfahrungen aus der Praxis in Deutschland an die Akteure in Brüssel weiter“.
Nina Salden, Leiterin DAAD-Außenstelle Brüssel (9. Oktober 2014)