Exzellenz für Entwicklung
Privat
Prof. Dr. Ali Müfit Bahadir
Das DAAD-Programm "Higher Education Excellence in Development Cooperation (exceed)" blickt auf fünf Jahre erfolgreiche Arbeit zurück. Ein Interview mit Professor Ali Müfit Bahadir, Mitglied im Vorstand des DAAD, Chemiker an der Technischen Universität Braunschweig - und dort Leiter des exceed-Zentrums "Sustainable Water Management".
Herr Professor Bahadir, welche Idee liegt dem exceed-Programm zugrunde?
Ali Müfit Bahadir: Das exceed-Programm erweiterte vor fünf Jahren die Exzellenzinitiative von Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) und Wissenschaftsrat zur Förderung herausragender Forschung und akademischer Ausbildung um einen wichtigen Aspekt: die Entwicklungszusammenarbeit im akademischen Bereich. Der DAAD beschloss 2008 gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die koordinierte Forschung und Lehre für Entwicklung und damit Capacity Building mit 25 Millionen Euro auf fünf Jahre zu fördern. So entstanden fünf global vernetzte Exzellenzzentren, in denen sich heute deutsche Wissenschaftler und ihre Partner aus Entwicklungs- und Schwellenländern zentralen Themen der Millennium-Entwicklungsziele widmen: Wasser, Ernährung, Arbeit, Gesundheit und Ressourcenschutz.
Wie sieht die Arbeit der Exzellenzzentren für Entwicklungszusammenarbeit konkret aus?
Am „Center for International Health“ an der Ludwig-Maximilians-Universität in München werden Ärzte und Gesundheitspersonal in Entwicklungsländern in Hygiene und Gesundheitsthemen weitergebildet. Das „Center for Natural Resources and Development“ an der Fachhochschule Köln widmet sich einem besseren Management natürlicher Ressourcen. Mit dem „International Center for Development and Decent Work“ an der Universität Kassel haben wir ein Zentrum, das sich weltweit für mehr menschenwürdige Arbeit einsetzt. Von der Universität Hohenheim wird das „Food Security Center“ geleitet; es unterstützt den Kampf gegen den weltweiten Hunger. Das Exzellenzzentrum „Sustainable Water Management in Developing Countries“ an der TU Braunschweig betreibt Forschung und Capacity Building, um den weltweit sehr unterschiedlichen Problemen mit Wasser zu begegnen.
Was macht das Programm erfolgreich?
Alle Zentren arbeiten auf Augenhöhe mit Partnerhochschulen in Entwicklungsländern zusammen – je nach thematischer Ausrichtung haben die Zentren weltweit vier oder sogar bis zu 35 Partner. Alle gehen gemeinsam neue Wege in der Bildung, in der Aufklärung oder im Management von Ressourcen, die sich am Bedarf der Entwicklungsländer orientieren. Aus dieser engen Kooperation entsteht viel Vertrauen für die Entwicklung gemeinsamer Projekte. Außerdem wird interdisziplinär gearbeitet, wo es wertvoll und wichtig ist. Für eine nachhaltige Wasserwirtschaft haben wir an der TU Braunschweig zum Beispiel von Anfang an Ingenieur-, Natur- und Sozialwissenschaften zusammengeführt – diese Vernetzung fördern wir, um letztlich erfolgreich in die Gesellschaften hineinwirken zu können.
Welches Wissen bringen die globalen Partner ein?
Die an den Partnerhochschulen weltweit gesammelten Erfahrungen sind unverzichtbar für die Forschung, die Entwicklung von Masterstudiengängen und die Ausbildung in den Zentren. Das Braunschweiger Zentrum zum Beispiel hat Partner in vier Weltregionen: Lateinamerika, Mittlerer und Naher Osten, Subsahara-Afrika und Südostasien. In jeder Region stellen sich ganz andere Fragen zum Wasser. Südostasiaten haben nicht mit Wasserknappheit wie im Mittleren Osten zu kämpfen, dafür aber mit Überschwemmungen und einer natürlichen und anthropogenen Kontamination der Wasserressourcen mit toxischen Stoffen. In wasserknappen Regionen schwemmen wiederverwendete Abwässer den „Dreck der Zivilisation“ auf die Felder und in die Nahrungskette. In Lateinamerika geht es wiederum vor allem um Küstenschutz. Wenn wir auf unseren Zentrumskonferenzen diese Facetten zusammentragen – so wie gerade erst auf der Jubiläumskonferenz zum exceed-Programm in Braunschweig – lernen wir voneinander, generieren neue Forschungsfragen und führen die unterschiedlichen Expertisen für bessere Curricula an allen Partnerhochschulen zusammen. Inzwischen tauschen beispielsweise die 35 internationalen Partnerhochschulen des Braunschweiger exceed-Netzwerks nicht nur Studierende und junge Wissenschaftler, sondern auch regelmäßig Dozenten untereinander aus – ein Mehrwert, der erreicht wurde, weil wir im exceed-Zentrum die verschiedenen Facetten der Wasserproblematik in den Regionen gesammelt und analysiert haben.
Welche Aufgaben setzen sich die Zentren für die Zukunft?
Die leitenden Zentren in Deutschland wollen in einer zweiten Phase ab 2015 in Deutschland noch enger zusammenarbeiten. Das Wissen aller fünf Zentren soll zu Themen gebündelt werden, die in den Entwicklungsländern ineinandergreifen: So gehören Wasser, Hygiene und Gesundheit unmittelbar zusammen. Da wird es neue gemeinsame Projekte geben. Die Zukunftsidee ist, dass die Zentren eine Art virtuellen Think Tank bilden und Politik und Gesellschaften beraten. Schließlich werden sich die deutschen Hochschulen aus ihrer bisherigen Leitungsfunktion zurückziehen, um als gleichberechtigte Partner eines weltweiten Netzwerkes weiter exzellent für Entwicklung zu arbeiten.
Bettina Mittelstraß (10. Oktober 2014)
Weitere Informationen
Fünf Exzellenzzentren an fünf deutschen Hochschulen
Seit 2009 hat der DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fünf exceed-Hochschulzentren gefördert, die sich an unterschiedlichen Standorten in Deutschland und mit einer Vielzahl internationaler Partner auf verschiedene Ziele konzentrieren. Die Zentren im Überblick:
- Excellence Center for Development Cooperation – Sustainable Water Management an der Technischen Universität Braunschweig www.exceed.tu-braunschweig.de
Ansprechpartner: Prof. Dr. Andreas Haarstrick, E-Mail: a.haarstrick@tu-braunschweig.de
Das Zentrum konzentriert sich auf Forschung und Capacity Building in Entwicklungsländern und Deutschland im Bereich des nachhaltigen Wassermanagements sowie auf die verstärkte Sensibilisierung der politisch Verantwortlichen.
- Food Security Center an der Universität Hohenheim www.fsc.uni-hohenheim.de
Ansprechpartner: Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, E-Mail: biesal@uni-hohenheim.de
Ziel des Zentrums ist es, gemeinsam mit den internationalen Partnern in interdisziplinärer Zusammenarbeit Strategien für die Sicherung adäquater Ernährung für die Weltbevölkerung zu entwickeln.
- International Center for Development and Decent Work an der Universität Kassel www.icdd.uni-kassel.de
Ansprechpartner: Prof. Dr. Christoph Scherrer, E-Mail: scherrer@uni-kassel.de
Das zwischen den Gesellschaftswissenschaften und den Agrarwissenschaften forschende Zentrum bildet ein internationales Netzwerk zur Bekämpfung von extremer Armut und Hunger und legt zudem einen besonderen Schwerpunkt auf würdevolle Arbeitsbedingungen.
- Center for Natural Resources and Development an der Fachhochschule Köln www.cnrd.info
Ansprechpartner: Prof. Dr. Lars Ribbe, E-Mail: lars.ribbe@fh-koeln.de
Das Zentrum bildet eine international vernetzte Plattform zum Wissensaustausch hinsichtlich der Bewertung und des nachhaltigen Managements von natürlichen Ressourcen und legt dabei einen speziellen Fokus auf die Integration der Themen Land, Wasser, Energie und Regionalmanagement in Forschung und Lehre.
- Center for International Health an der Ludwig-Maximilians-Universität München www.cih.lmu.de
Ansprechpartnerin: Prof. Dr. Katja Radon, E-Mail: katja.radon@gmail.com
Das Zentrum beschäftigt sich mit Herausforderungen im Gesundheitsbereich in Entwicklungsländern und setzt dabei in Forschung, Profilierung der Hochschulbildung und der Entwicklung politischer Lösungen an.
Weiterführender Link
exceed – Hochschulexzellenz in der Entwicklungszusammenarbeit