Hilfreiche Begleitung
DAAD/Mathias Nofze
Patenschaft für ein Jahr: Nadine unterstützt Laura
Ein Studium im Ausland bringt neben vielen Chancen auch einige Herausforderungen mit sich. Warum also nicht den Neuankömmlingen einheimische Paten zur Seite stellen, die ihnen das Eingewöhnen erleichtern und auch bei ganz praktischen Fragestellungen helfen? Die Idee des Vereins "DAAD Alumni France" wird aktuell konkret: Seit einer "Matching Party" in der DAAD-Außenstelle Paris Anfang Oktober werden die ersten 15 deutschen Stipendiaten von französischen Alumni unterstützt. Vier dieser Paare stellt das DAAD-Online-Magazin in einer neuen Serie vor. In Teil eins: Nadine und Laura, ein starkes Team in Paris.
Die eine ist 59 Jahre alt, die andere 22. Die eine ist schon lange im Berufsleben, die andere steht am Anfang. Nadine, Französin, arbeitet bei einer großen Versicherungsgesellschaft, Laura, Deutsche, hat den Bachelor ihres Betriebswirtschaftsstudiums mit Schwerpunkt Unternehmensführung schon in der Tasche und macht jetzt an der Universität Göttingen den Master für Internationales Business-Management. Ein Jahr an der Pariser Business-School INSEEC gehört zu diesem Doppeldiplomprogramm dazu. Lauras Berufsziel: der „Food-Beverage-Sektor im Gourmet-Bereich“. Studieren an der Seine – spannend, lehrreich, aber auch nicht ganz einfach. Neben den Herausforderungen eines anders strukturierten Studiums wartet auch im Alltag jede Menge Neues – andere Formulare, andere Begriffe, überhaupt die Tücken des französischen Behördendschungels. Da tut es gut, eine Ansprechpartnerin zu haben, kurz: eine „Patin“. Lauras Patin ist Nadine. Beide verbindet für ein Jahr eine „Patenschaft“, französisch „Parrainage“ – lebenslange Verlängerung nicht ausgeschlossen.
Die Idee zu solchen Patenschaften entstand im DAAD-Alumni-Verein „DAAD Alumni France“, der mit Unterstützung der Pariser Außenstelle des DAAD vor anderthalb Jahren gegründet wurde. Der Verein fand ausreichend Alumni, die bereit waren, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben; aus dem Kreis der Stipendiaten wiederum meldeten eine Reihe von Kandidaten ihr Interesse an. „Wir haben eine bunte Mischung von fachlichen Profilen, Berufen, Hobbys und Generationen“, so Lotta Resch, die in der Pariser Außenstelle den Alumni-Verein betreut und für das „Matching“ der Interessenten zuständig war. Die 37 Jahre Altersunterschied zwischen Nadine und Laura sind dabei eher ungewöhnlich; manche deutschen „Patenkinder“ sind älter als ihre Paten. Patenschaften gibt es auch in Bordeaux und Lyon – und sogar eine zwischen einem Alumnus in Rennes und einem Stipendiaten in Paris.
Nadine, die auch Vorsitzende des Alumni-Vereins ist, hat sich besonders für diese Initiative stark gemacht – aus eigener Erfahrung. „Als ich während meines Jura-Studiums ein Jahr in Deutschland war“, erzählt sie bei einem Gespräch im Café des Centre Pompidou, „war ich ziemlich auf mich allein gestellt und hätte gerne einen solchen Partner gehabt.“ Wie nützlich eine Patin sein kann, hat Laura schon erfahren, als sie Nadine noch gar nicht persönlich kannte. Das Problem: einen Bürgen für eine Wohnung finden. „Ich habe meine Eltern als Bürgen angegeben, sogar deren Gehaltsbescheinigungen vorgelegt“, berichtet Laura. Das alles habe dem Vermieter aber nicht genügt. Eine Mail an Nadine – und schon erklärte die sich bereit, als Bürge einzuspringen. Laura fiel ein Stein vom Herzen. Auch einen französischen Lebenslauf zu verfassen, ist eine delikate Angelegenheit, selbst wenn man, wie Laura, schon ziemlich flüssig Französisch spricht. Wie man „Sparkasse“ oder „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ übersetzt, erfordert eben genaue Kenntnisse. Und dann die Abiturnote: Lauras 1,6 gilt in Frankreich, wo eine aufsteigende Punkteskala verwendet wird, als unterirdisch schlechter Abschluss. Das musste also mit einem „très bien“ entsprechend erläutert werden.
Eine Landeskundige an ihrer Seite zu wissen, empfindet Laura als großen Vorteil, auch bei der schwierigen Suche nach einem Praktikumsplatz. Selbst für die Regulierung internationaler Schadensfälle – das Arbeitsgebiet von Nadine – kann sie Interesse aufbringen: „Man kann immer etwas lernen.“ Wichtiger ist ihr allerdings die Verfeinerung der Sprachkenntnisse. Zum Beispiel bei einem Abendessen mit Nadine und einer Kollegin. Da wurde in angenehmer Atmosphäre, quasi nebenbei, „viel Wortschatz geübt“. Ebenso bei einer Tour durch das Centre Pompidou. „Das kenne ich noch gar nicht“, gesteht Laura. Und schon machen sich die beiden auf zum Rundgang durch das weltberühmte Museum für moderne Kunst, in dessen Freundeskreis Nadine Mitglied ist. Auf ihrem Ticket kann sie immer jemanden mitnehmen – eine Patin für alle Fälle eben.
Mathias Nofze (12. November 2014)