Für Lehre, die nachwirkt
DAAD/Ausserhofer
Auf dem Podium (v.l.n.r.): Klaus Hoffmann-Holland, Philippa Levy, Moderator Jan-Martin Wiarda, Harm Hospers, Joe Bandy und Arshad Ahmad
Der vom DAAD mitgetragene „International Dialogue on Education (ID-E Berlin)“ brachte in der Hauptstadt erneut führende Experten zusammen. Im thematischen Fokus: Wie lässt sich die Qualität der Lehre verbessern? Antworten gab auch der im Anschluss an die Konferenz verliehene „Ars legendi-Preis für exzellente Hochschullehre“.
Exzellenzinitiative, Hochschulrankings oder eingeworbene Drittmittel – wer sich in Deutschland auf die Suche nach den besten Universitäten macht, stößt zumeist auf jene, die hervorragend in der Forschung sind. Wie es aber um die Lehre bestellt ist, kommt oft zu kurz. Dabei vermeldete das Statistische Bundesamt Ende November, dass hierzulande mit fast 2,7 Millionen so viele Studierende wie noch nie eingeschrieben waren. Dass die Initiative „International Dialogue on Education“ (ID-E Berlin), die unter anderem vom DAAD und dem British Council getragen wird, am 1. Dezember zur Konferenz „Exploring Difference: Strategies to Make University Teaching Count“ nach Berlin in die Kanadische Botschaft einlud, war deshalb ein perfektes Timing. Denn in der Tat: Die Anforderungen an die Lehre werden immer anspruchsvoller, da die Studierenden zunehmend heterogener und internationaler werden und in Massen an die Hochschulen strömen, während diese kaum mehr Mittel bekommen.
Um die Herausforderungen zu meistern, sind neue Ideen und Strategien notwendig. Dass dies nicht einfach wird, verdeutlichte der stellvertretende DAAD-Generalsekretär Ulrich Grothus auf der Konferenz nach der Begrüßung durch die gastgebende kanadische Botschafterin Marie Gervais-Vidricaire: „Für die Probleme, die viele Hochschulen haben, gibt es nicht die eine Lösung, sondern viele verschiedene“, sagte er mit Blick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen an den Hochschulen.
Bessere Lehre statt Stipendien?
Gemeinsam ist vielen Hochschulen in den Industriestaaten, dass ihnen das Geld fehlt, um auf den Andrang der Studierenden zu reagieren. Beispiel USA: „Auf die öffentlichen Universitäten gibt es einen enormen Druck, mit wenig Geld für noch mehr Studenten Lehre zu machen, die zudem beruflich relevant zu sein hat“, klagt Dr. Joe Bandy vom „Center for Teaching“ der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee. Bandy war einer der vier internationalen Bildungsexperten, die auf der Konferenz auf dem Podium saßen.
Einen ungewöhnlichen Lösungsansatz für Finanzierungsprobleme gibt es in den Niederlanden. Dort plant die Regierung, Studierendenstipendien abzuschaffen und das eingesparte Geld den Hochschulen für bessere Lehrbedingungen zu überweisen. „Das wäre eine sehr gute Entscheidung“, sagt Professor Harm Hospers, Dean des University College Maastricht. Die Mittel kann seine Universität gut gebrauchen, denn die Hochschule im niederländisch-deutsch-belgischen Dreiländereck verzeichnet seit Jahren stark steigende Studierendenzahlen. Die internationale Studierendenschaft lockt unter anderem der „Problem based learning“-Ansatz, mit dem die Lehre in kleinen Arbeitsgruppen organisiert und zwischen Theorie und Praxis verknüpft wird. „Bekommen wir das Geld, können wir mehr für Dozenten sowie Einsatz und Entwicklung neuer Lehrmethoden ausgeben“, sagt Hospers.
Das könnte gut investiert sein, denn Studierende, die wie etwa in Großbritannien hohe Studiengebühren zahlen, verlangen verstärkt Gegenleistungen. „Studierende wollen mehr als Partner gesehen werden“, sagt die Hochschulforscherin Professor Philippa Levy von der britischen Higher Education Academy. Und sie verlangten mehr öffentlich zugängliche Informationen zur Qualität der Lehre. Doch was die Qualität der Lehre ausmacht, ist selbst für Experten schwer zu definieren. Ob Hochschulleitungen, Lehrende, Studierende oder Arbeitgeber – jeder hat andere Ansprüche an die Ausbildung. Zu messen ist die Lehrqualität ohnehin nicht ohne Weiteres. „Früher reichte es, die Anzahl der Bücher und der Bibliotheken zu zählen, heutzutage ist der Prozess wichtig, wie ich zu den Outcomes komme“, sagt Professor Arshad Ahmad, Direktor des kanadischen McMaster Institute for Innovation and Excellence in Teaching and Learning.
Ein gängiges Messinstrument ist, Lehrveranstaltungen durch Studierende evaluieren zu lassen. Dabei komme es aber nicht nur darauf an, die richtigen Fragen zu stellen, sondern auch auf den passenden Zeitpunkt, meint Professor Klaus Hoffmann-Holland, der als Vizepräsident der Freien Universität Berlin unter anderem für das Qualitätsmanagement in Studium und Lehre zuständig ist. Drei Phasen hat der Rechtswissenschaftler dafür ausgemacht: zu Beginn der Studienzeit verbunden mit der Frage, was die Erstsemester vom Studium erwarten, während des Studiums, ob sie sich fähig fühlen, Forschung zu betreiben, und am Ende, ob sie sich für die Arbeitswelt vorbereitet sehen.
„Ars legendi“-Preis nach Frankfurt und Hohenheim
Unbestritten ist, dass es neben Strategien und Ideen motivierte Wissenschaftler braucht, die sich für die Ausbildung ihrer Studierenden engagieren. Gewürdigt wurde das in Deutschland über viele Jahre kaum. Um dem entgegenzuwirken verleihen der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Hochschulrektorenkonferenz seit 2006 den „Ars legendi-Preis für exzellente Hochschullehre“. Im Anschluss an die ID-E-Konferenz zeichneten sie Professor Daniela Elsner von der Frankfurter Goethe-Universität und Professor Martin Blum von der Universität Hohenheim für ihre herausragenden und innovativen Leistungen im forschenden Lernen aus. Die Anglistin Elsner motivierte Studierende in den Lehramtsstudiengängen Anglistik und Amerikanistik individuelle Forschungsprojekte umzusetzen. In Hohenheim entwickelte der Zoologe Blum das Projekt „Humboldt reloaded“, das Studierenden quer durch die Fakultäten die Teilnahme an Forschungsvorhaben während des Studiums ermöglicht. Die Begründung für die Preisverleihung verdeutlicht, wie umfassend die Herausforderungen an die Lehre verstanden werden können: „Für die Auszeichnung ist neben einer exzellenten Didaktik und Lehrqualität sowie der beratenden Unterstützung der Studierenden ausschlaggebend, dass die Preisträger über die eigenen Lehrveranstaltungen hinaus Impulse für die Weiterentwicklung der Hochschullehre im Bereich des Forschenden Lernens gegeben haben.“
Benjamin Haerdle (4. Dezember 2014)