Den Start erleichtert
DAAD/Mathias Nofze
Karen und Lilith (v. l.): Gespräche über Forschung, Kunst und gastronomische Geheimtipps
Mehr Partnerschaft als Patenschaft: Karen und Lilith sind ein eher ungewöhliches „Tandem“ in der neuen „Parrainage“-Initiative des Vereins „DAAD Alumni France“. Sie sind fast gleich alt und kommen beide aus Deutschland. Lilith profitiert sehr von der Frankreich-Erfahrung der Doktorandin Karen. Und diese freut sich über eine Partnerin bei privaten Unternehmungen und fachlichen Gesprächen.
Man könnte sie für langjährige Freundinnen halten, die gerade auf Entdeckungsreise durch Paris sind. Doch die Freundschaft ist erst rund ein halbes Jahr alt, und auf Urlaub sind sie auch nicht. Lilith, 25, und Karen, 27, verbindet vielmehr eine „Parrainage“, die auf Initiative des Vereins „DAAD Alumni France“ zustande kam. Der wurde vor knapp zwei Jahren in Paris mit Unterstützung der Außenstelle des DAAD gegründet und hat, neben zahlreichen anderen Aktivitäten, ein Partnerschaftsprogramm ins Leben gerufen, bei dem ein ehemaliger DAAD-Stipendiat einen frisch in Frankreich angekommenen für ein Jahr unterstützt. Das Wort „Parrainage“, Patenschaft, ruft natürlich sofort das Bild des erfahrenen, älteren Paten hervor, der den jungen Stipendiaten „an die Hand nimmt“ und ihm kluge Ratschläge erteilt. Das ist in vielen der insgesamt 15 Patenschaften auch tatsächlich der Fall. Da treffen dann mit zwei Generationen auch zwei Welten aufeinander – im positiven Sinne. Doch Lilith, Masterstudentin im Fach „Neurosciences“, und ihre Patin Karen, Doktorandin in den Fächern Epidemiologie und Biostatistik, zeigen, dass eine Parrainage auch unter fast Gleichaltrigen funktioniert.
„Ich finde das total klasse, dass ich in Paris sofort schon eine gute Freundin hatte“, freut sich Lilith. Vor ein paar Tagen erst sind die beiden stundenlang durch die Ausstellung „Niki de Saint Phalle“ im Grand Palais spaziert und haben über die berühmten „Nana“-Figuren der Künstlerin und Saint Phalles feministische Aktivitäten diskutiert. Und an der Seite von Karen macht Lilith die eine oder andere Entdeckung in der Gastronomie-Landschaft, die ihr sonst womöglich verborgen geblieben wäre. Zum Beispiel eine kleine, aber feine Vinothek in der Nähe des Place de la République – ein echter Geheimtipp, von dem Lilith noch immer schwärmen kann. „Man sollte um 18 Uhr da sein“, verrät sie, „ein bisschen später ist der Laden schon brechend voll.“ Und wenn dann noch Karens französische Teamkollegen dabei sind, kann Lilith ganz nebenbei ihre Sprachkompetenz verbessern.
Auch Austausch über Forschung
Mindestens genauso geschätzt wie als touristische Beraterin ist Karen allerdings in akademischen Fragen. Seit 2013 promoviert sie am „Centre de Recherche en Epidémiologies et Biostatistiques“ der Sorbonne. Lilith hört interessiert zu, wenn Karen von ihrer Forschungsgruppe erzählt. Karens Doktorarbeit – der ein Diplom in Ernährungswissenschaft in Jena vorausging – fokussiert sich auf das Thema „Ernährung und Altern“; sie führt Studien durch, publiziert Aufsätze und hält Vorträge. Für Lilith ist das alles spannend und lehrreich. Schließlich studiert sie selbst, nach einem Bachelor in Biologie in Göttingen, im Bereich Neurowissenschaften, der zahlreiche Bezugspunkte zu Fragen der Gesundheit und des Alterns hat.
Seit 2013 absolviert Lilith den Studiengang „Dual Masters in Brain and Mind Sciences“, der in London am University College und in Paris an der École normale supérieure und der Université Pierre et Marie Curie gelehrt wird. Den britischen Master hat sie bereits erworben, jetzt studiert sie im zweiten Semester in Paris. Für ihre französische Masterarbeit wertet sie verschiedene Labor-Experimente aus. Stoff genug also für Gedankenaustausch, von dem Lilith und Karen profitieren. Dabei war sich Karen zunächst gar nicht sicher, ob sie sich als Patin eignen würde. Doch eigene Erfahrungen gaben schließlich den Ausschlag: „Als ich nach Paris kam, hätte ich selbst unheimlich gerne sofort jemanden gehabt, mit dem man mal etwas besprechen oder unternehmen kann.“ Lilith und Karen verbindet also eher eine Partner- als eine Patenschaft. „Wir haben uns im Alumni-Verein entschieden, die Paare ,Tandems‘ zu nennen statt Pate und Patenkind“, erklärt Christiane Schmeken, Direktorin der Pariser Außenstelle des DAAD, „die Patenschaften sollen ja ein gegenseitiges Lernen und Verstehen befördern.“ An Gemeinsamkeiten fehlt es Lilith und Karen also nicht. Beide haben schon „eine lange Liste“ von Unternehmungen im Kopf. Einziger Wermutstropfen für Lilith: „Mein Cello steht etwas traurig in der Ecke.“
Mathias Nofze (11. Februar 2015)