Festes Fundament für mehr
DAAD/Carla Morgado (Photoworks)
Vielfältige Perspektiven: Teilnehmer der Alumni-Konferenz in Toronto
Eine Delegation von Spitzenvertretern deutscher Universitäten besuchte in Kanada langjährige Partneruniversitäten und eine Alumni-Konferenz zum Thema ‚Migration und Multikulturalismus‘. Die Reise war Auftakt zur Kampagne „So German! Si allemand !“, die der DAAD gemeinsam mit der deutschen Botschaft in Ottawa, den deutschen Generalkonsulaten und den Goethe-Instituten in ganz Kanada sowie anderen deutschen und deutsch-kanadischen Partnern bis Ende 2016 durchführen wird. Nach 40 Jahren erfolgreicher deutsch-kanadischer Kooperation in Wissenschaft und Forschung markierte zudem die Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit der kanadischen Förderorganisation Mitacs über den Austausch von Praktikanten den Ausbau der fruchtbaren Zusammenarbeit.
Der Wind geht über die dunkle Prärie, und es ist noch Licht in „Kelly’s Saloon“. Drinnen singt rauchig die Seeräuber-Jenny „Meine Herren, heute sehen Sie mich Gläser abwaschen...“ Keiner der Gäste aus den Führungsetagen vier deutscher Universitäten hatte hoch oben im Nordwesten Kanadas auf einer Delegationsreise mit Blick auf Hochschulkooperationen den berühmten Song aus der „Dreigroschenoper“ erwartet, aufgeführt von Schauspielabsolventen der University of Alberta im kanadischen Edmonton – im Ambiente einer musealen Westernstadt, mit Geweihen an den Wänden und Pferdewagen vor der Tür.
Professor Yasemin Karakaşoğlu ist aber auch ganz grundsätzlich begeistert vom „wertschätzenden und interessierten Empfang durch die kanadischen Kollegen“. Die Konrektorin für Interkulturalität und Internationalität an der Universität Bremen war unter den Delegationsgästen und hielt zudem die Keynote-Rede auf dem Alumni-Treffen zum Thema ‚Migration und Multikulturalismus in Deutschland und Kanada‘ an der University of Toronto, zu dem der DAAD und die Alexander von Humboldt-Stiftung eingeladen hatten.
Vergleiche zwischen Einwanderungsländern
Vor weit mehr als 100 deutschlanderfahrenen Teilnehmern sprach die Bremer Erziehungswissenschaftlerin über Kanada als Beispiel für „best practice“ in der interkulturellen Bildung. „Daraus ergab sich ein sehr anschlussfähiger und auch kritischer Dialog über die Realitäten in Einwanderungsländern wie Kanada und Deutschland“, berichtet Karakaşoğlu.
DAAD/Carla Morgado (Photoworks)
Dialog: Der Austausch der Alumni an der University of Toronto war thematisch vielschichtig
Intensive Diskussionen zum Thema – auch über Mehrsprachigkeit, Literatur und Film – schlossen sich an. „Der Austausch darüber, welche Bilder vermittelt werden und wie die Auseinandersetzung mit Identität oder Stereotypen in den jeweiligen Ländern erfolgt, war sehr fruchtbar“: Für Karakaşoğlu steht nach dem Treffen fest, dass man noch von Kanada lernen kann. Das Land trage seine Anstrengungen für die multikulturelle Gesellschaft besser und selbstbewusster nach außen und verpflichte sich damit auch selbst, diese Botschaft zu erfüllen, resümiert sie. „Das ist ein positiver Impuls für Deutschland, das in den letzten fünf Jahren im Hochschulbereich sehr liberale Bedingungen für internationale Studierende geschaffen hat, die dann auch in Deutschland arbeiten möchten.“
Zusammenarbeit mit Potenzial
Auch an anderen Stationen der Reise wurde den Gästen und ihren Gastgebern immer wieder deutlich, wie gut das Fundament für Zusammenarbeit ist – „eine über 40 Jahre gewachsene kulturelle Zusammenarbeit, die wir intensivieren und ausweiten möchten“ betonte DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland, die die Delegation leitete.
Mitacs/Patrick St-Arnaud
Mitacs-Geschäftsführer Dr. Alejandro Adem und DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland bei der Vertragsunterzeichnung
So werden zum Beispiel am Centre canadien d'études allemandes et européennes (CCEAE) an der Université de Montréal in Promotionsprojekten seit vielen Jahren deutsche Klassiker der Soziologie für den Diskurs im kanadischen Kontext ins Französische übersetzt. Das vom DAAD unterstütze Zentrum erhält längst auch Förderung von kanadischer Seite und ist enorm gewachsen, erläutert Dr. Nina Lemmens, Direktorin der DAAD-Außenstelle New York. Und auch an der University of Calgary in der Provinz Alberta ist das Interesse an Deutschland groß. Die forschungsstarke Universität hat in ihrer Internationalisierungsstrategie Deutschland als bevorzugten Partner identifiziert und pflegt mit 16 deutschen Hochschulen Kooperationen. „Viele kanadische Universitäten haben Deutschlandschwerpunkte, und auf diesem Fundament lassen sich weitere Kooperationen bestens aufbauen – da gibt es noch viel Potenzial“, so Lemmens.
Rüstzeug für dieses Vorhaben bietet nun die frisch unterzeichnete Absichtserklärung zwischen dem DAAD und der kanadischen Förderorganisation Mitacs. Das gemeinsame Ziel sind mehr Forschungspraktika für kanadische und deutsche Studierende. „Kanada hat großes Interesse an der Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft“, erklärt Benedikt Brisch, der beim DAAD den Bereich „Stipendienprogramme Nord“ verantwortet. Diese Erfahrung könne für deutsche Stipendiaten sehr wertvoll sein. „Umgekehrt erleben die Kanadier, dass deutsche Forschung im Bereich Technologie und Naturwissenschaft zur Weltspitze zählt.“
Bettina Mittelstraß (20. Mai 2015)