Theodor-Berchem-Preis: Wissenschaft vernetzen

Gunnar Bartsch/Universität Würzburg

Theodor Berchem und DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel überreichen dem japanischen Musikwissenschaftler Ryuichi Higuchi den Theodor-Berchem-Preis 

Ein Festtag, zwei Anlässe: Der japanische Musikwissenschaftler Professor Ryuichi Higuchi erhält den Theodor-Berchem-Preis für internationales und interkulturelles Engagement – während des Festakts zum 80. Geburtstag des Namensgebers.

Professor Theodor Berchem ist ein Mann der Rekorde: 20 Jahre lang war der Rheinländer Präsident des DAAD, 28 Jahre lang Rektor und Präsident der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er spricht 15 Sprachen und hält mehr als ein Dutzend Ehrendoktorwürden in der ganzen Welt: etwa in Italien (Padua), Frankreich (Paris-Sorbonne IV und Caen) und den USA (Davidson College), aber auch in Russland (Woronesch) oder der Mongolei (University of Mongolia).

Mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung

Zu den zahlreichen Auszeichnungen Theodor Berchems zählt auch das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Und es gibt einen Preis, der nach ihm benannt ist: Mit dem Theodor-Berchem-Preis zeichnet der DAAD Persönlichkeiten aus, die zum internationalen Kultur- und Wissenschaftsaustausch beigetragen haben.

Am 10. Juli 2015 erhielt der japanische Musikwissenschaftler und Dirigent Professor Ryuichi Higuchi die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung in Würzburg. Nachdem der Preis im Jahr 2011 erstmals verliehen wurde – an den deutschen Professor Burkhard Rauhut – wurde er in diesem Jahr im Rahmen der Feier zum 80. Geburtstag von Theodor Berchem überreicht.

Wissenschaftler über Grenzen zusammengeführt

DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel lobte das Engagement des Preisträgers für den Wissenschaftsaustausch: „Professor Ryuichi Higuchi hat einen außergewöhnlichen Beitrag geleistet, Studierende und Wissenschaftler und somit Wissenschaftskulturen über Grenzen zusammenzuführen“, sagte sie. Seit Jahren setze er sich für eine deutsch-japanische Wissenschaftskooperation ein, zuletzt im „Partnerschaftsprogramm mit Japan und Korea“ des DAAD mit der Hochschule für Musik in Weimar. Ehrenamtlich engagiert sich Higuchi als Präsident der DAAD-Alumni-Vereinigung in Japan, die zu den größten der Welt gehört.

An der Meiji Gakuin Universität in Tokyo hat er den Lehrstuhl für Musikwissenschaft inne. „Professor Higuchi zählt als Träger verschiedener namhafter Preise zu den führenden Musikwissenschaftlern Japans und ist der bekannteste Forscher über das Werk von Johann Sebastian Bach in Japan“, sagte Margret Wintermantel und bedauerte, dass der Dirigent seinen Chor nicht nach Würzburg hatte mitbringen können.

„Eine völlig unerwartete Ehre“

Higuchi selbst nannte die Auszeichnung „eine völlig unerwartete große Ehre“. Seit er als DAAD-Stipendiat 1974 in Deutschland studiert habe, arbeite er daran, dass Forschung über Landesgrenzen hinweg stattfinde: „Alle sprechen immer davon, dass Wissenschaft international sein soll, aber das wirklich umzusetzen, ist nicht so einfach“, sagte er. Er engagiert sich dafür, etwas von dem Austauschgedanken des DAAD an die nächste Generation weiterzugeben. „Dieser Preis ist ein guter Anlass, sich noch mehr zu engagieren.“

Theodor-Berchem-Preis

Gunnar Bartsch/Universität Würzburg

​​Aufmerksame Zuhörer: Der Festakt fand in der gut gefüllten Neubaukirche in Würzburg statt

Internationalität und Zusammenarbeit hatten auch für Theodor Berchem immer oberste Priorität; für sie machte er sich stark: ob in seiner Arbeit an der Universität Würzburg, als Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz oder beim DAAD. „Ich habe den Mund aufgemacht“, sagte er zum Festakt seines 80. Geburtstages, „aber das muss auch sein.“

Weil Berchem Gitarrenmusik schätzt und bei Veranstaltungen hin und wieder selbst in die Saiten greift, begleiteten Gitarristen die Feier in der Neubaukirche: Jürgen Ruck, Professor für Gitarre an der Hochschule für Musik in Würzburg, und sein Schüler Raphael Ophaus sowie der Flamenco-Gitarrist Rafael Cortés.

Mit Berchem gewann der DAAD an Bedeutung

„Professor Berchem hat den DAAD geformt“, sagte Margret Wintermantel. In ihrer Geburtstagsrede würdigte sie, dass Berchem, der dem DAAD von 1988 bis 2007 vorstand, nach der Wende die Stipendiaten aus der DDR in den DAAD übernahm. „Damit hat er das Leben von 7.000 jungen Menschen positiv beeinflusst.“ Mit Berchem an der Spitze gewann der DAAD an Bedeutung: Von 1988 bis 2007 verdreifachte sich der Haushalt auf 278 Millionen Euro im Jahr. Die Zahl der Geförderten verdoppelte sich von 27.000 auf 55.000 Stipendiaten. An Berchems Mut, voranzugehen und Entscheidungen charmant zu vermitteln, erinnerten auch Professor Alfred Forchel, Präsident der Universität Würzburg, und Bruno Forster, der ehemalige Kanzler der Universität.

Der Wunsch, Menschen zusammenzubringen

Dabei war die Zeit, in der Berchem aufwuchs, alles andere als einfach, wie sein Weggefährte Professor Hans Maier, von 1970 bis 1986 Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, in einem Rückblick beschrieb: Berchem wurde am 22. Mai 1935 bei Bonn geboren – „die ersten 20 Jahre waren turbulent“. Der Aufstieg der Nationalsozialisten, der Krieg, schließlich die Kapitulation und die harten Nachkriegsjahre. „Wir wuchsen nach 1945 verwundert und nachdenklich in Trümmern auf“, sagte Maier. Und doch keimte auf diesem Boden der Wunsch Theodor Berchems, „dauerhaft mitzuwirken“ wie Maier es nennt, Völkerverständigung zu gestalten und Menschen zusammenzubringen.​

Theodor-Berchem-Preis

Gunnar Bartsch/Universität Würzburg

Langjährige Weggefährten: Theodor Berchem und Christian Bode, ehemaliger Generalsekretär des DAAD und der Westdeutschen Rektorenkonferenz

„Der Theo war kein Pharao“, sagte Dr. Christian Bode, von 1990 bis 2010 Generalsekretär des DAAD und auch als ehemaliger Generalsekretär der Westdeutschen Rektorenkonferenz ein langjähriger Begleiter Berchems. Doch sei es Theodor Berchem mit großer „Verblüffungsfestigkeit“ und „Standfestigkeit“ oft gelungen, seinen Positionen Nachdruck zu verschaffen. So auch bei der Renovierung der Neubaukirche in den 70er-Jahren, die als nicht-finanzierbar galt. Die Uni machte sich ans Spendensammeln, der musikalische Berchem griff dafür zur Gitarre. Als es Streit gab, ob der Innenraum in Rot gestaltet werden sollte, wie zur Zeit des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn, oder Weiß, wie unter dem italienischen Baumeister Antonio Petrini, setzte sich Berchem für einen Kompromiss ein: rötlicher Ebenheider Natursandstein. So kam es. Darauf ist der 80-Jährige bis heute stolz: „So hat dieser Raum hier auch etwas mit mir zu tun.“

Sarah Kanning (14. Juli 2015)