Mit Geduld und Gleichgesinnten für Good Governance
Frank Odenthal
Robert Owino (1. v. r.) mit anderen Workshop-Teilnehmern: "Der Wandel wird kommen"
Das vom DAAD gegründete African Good Governance Network (AGGN) fördert künftige Entscheidungsträger und eine Vertiefung der akademischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Afrika. Dies wurde auch beim jüngsten Workshop des Netzwerks in Hamburg deutlich.
Hamburg, sagt man, sei Deutschlands Tor zur Welt. Das liegt am Hamburger Hafen und an den vielen internationalen Firmen, die sich in der norddeutschen Handelsmetropole niedergelassen haben – und auch an den vielen Besuchern aus aller Welt, die es Jahr für Jahr in die Hansestadt zieht. Vom 6. bis zum 8. Juli 2015 war Afrika zu Gast in Hamburg, genauer: die Teilnehmer des African Good Governance Network (AGGN).
Das AGGN wurde 2007 vom DAAD gegründet, auf Anregung und unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Es versammelt hochtalentierte afrikanische Studierende und Postgraduierte, die sich der „Good Governance“, also der „guten Regierungsführung“, verschrieben haben und die aufgrund ihrer Qualifikationen zu den zukünftigen Entscheidungsträgern Afrikas zählen könnten.
Martin Adelmann
Gruppenarbeit: Auch in Hamburg pflegten die Netzwerk-Mitglieder den fach- und länderübergreifenden Austausch
„Es ist ein Netzwerk Gleichgesinnter“, erklärt Dr. Martin Adelmann, Geschäftsführer des Arnold-Bergstraesser-Instituts in Freiburg, der im Auftrag des DAAD den Hamburger Workshop leitete. „Bei den Treffen des AGGN geht es vor allem um Kontakte: neue Kontakte sollen geknüpft, bestehende Kontakte vertieft werden, sei es bei den jährlich bis zu vier Workshops während der zweijährigen ‚Junior‘-Phase der Mitgliedschaft, oder in der anschließenden ‚Senior‘-Phase, in der AGGN-Mitglieder auch bei eigenen Projekten zur Förderung des Good-Governance-Gedankens unterstützt werden.“ Good Governance, das sei ein etwas schwammiger Begriff, sagt Adelmann. Manche Institutionen, beispielsweise die Weltbank, legen ihn eher als effiziente Regierungsführung aus. Beim AGGN habe man einen normativen Ansatz, der auf demokratische Regierungsführung abzielt. Und der Weg hin zu einer Demokratie sei ein langfristiger Prozess.
Afrika und die globale Wirtschaft
Der Workshop in Hamburg stand unter dem Motto „Africa in the World Economy“ und bot neben Netzwerkarbeit, einer Fortbildung in Verhandlungsführung und Vorträgen auch Besuche beim GIGA, dem Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien, sowie beim Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Dieser sei vor allem als Ansprechpartner und Vermittler von Kontakten deutscher Unternehmen zu afrikanischen Firmen und Institutionen gefragt, erläutert Moritz Hunger, Referent für West- und Zentralafrika. Die Aktivitäten seien vielfältig, so Hunger. „Wir wollen vor allem dazu beitragen, dass Afrika nicht nur als Schauplatz von Konflikten und Katastrophen wahrgenommen wird, sondern auch als ein Kontinent der Möglichkeiten und der Vielfalt.“
Martin Adelmann
Konzentriert: AGGN-Mitglied Eric Otieno aus Kenia beim Besuch des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft
21 Teilnehmer aus neun Nationen
Aus Äthiopien, der Elfenbeinküste, Ghana, Kamerun, Kenia, Nigeria, Simbabwe, dem Sudan und Uganda kommen die 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops und stehen damit sozusagen selbst für die Vielfalt des Kontinents. Sie möchten dazu beitragen, dass die afrikanischen Staaten eines Tages nicht mehr als Bittsteller, sondern als gleichberechtigte Partner auf der Weltbühne wahrgenommen werden.
Auf die Frage, welches die drei gravierendsten Hindernisse für die Entwicklung seines Heimatlandes sind, antwortet Robert Owino, der in Kenias Hauptstadt Nairobi Jura studiert hat und nun an der Universität Bayreuth seine Doktorarbeit schreibt: „Straflosigkeit, Straflosigkeit und Straflosigkeit.“ In Kenia, berichtet Owino, werde Betrug, wie Korruption oder Vetternwirtschaft, nicht geahndet. Lukrative Jobs, sei es in der Wirtschaft oder in der Politik, würden nicht nach Qualifikation vergeben, sondern nach ethnischer Zugehörigkeit. Das schaffe ein Klima der Hoffnungslosigkeit und Frustration, vor allem bei den jungen Kenianern, das jederzeit in Gewalt umschlagen könne. „Wenn Wahlen anstehen, ist es besonders heikel“, sagt Owino, „wie sich bei dem Blutbad im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen 2007 gezeigt hat.“
Miria Frances Agunyo aus Uganda, die Energie- und Umweltmanagement studiert hat und zurzeit an der Europa-Universität Flensburg promoviert, räumt sogar ein, dass sie – bei aller Kritik an Ugandas Machthaber Museveni – zugestehen müsse, dass er nach dem blutigen Bürgerkrieg für Stabilität im Land gesorgt habe. Das sei nach den Jahren des Chaos und des Zerfalls ein wichtiger erster Schritt gewesen. Zu einem Demokraten mache dies Museveni allerdings beileibe nicht.
Einig sind sich Owino und Agunyo, dass es nur eine afrikanische Lösung für die Probleme ihrer Länder geben könne. Doch müsse man Afrika noch Zeit geben. „Der Wandel wird kommen“, ist sich Robert Owino sicher, „aber er wird Zeit brauchen und er wird aus dem Inneren kommen, nicht von außen.“
Martin Adelmann
Auf Kurs: Auch eine Hafenrundfahrt gehörte zum Programm des Hamburger Workshops
Gefragte Experten
Dafür, dass dieser „Wandel von innen“ gelingen kann, setzt sich auch Lars Gerold ein. Gerold ist Referatsleiter des DAAD für Hochschulstrukturförderung in der Entwicklungszusammenarbeit. Er sagt, die Gründung des AGGN im Jahr 2007 sei ein wichtiger Schritt zur Ausweitung und Vertiefung der akademischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Afrika gewesen. „Das AGGN ist einer von vielen Bausteinen, die ineinandergreifen und mit denen der DAAD eine enge und vor allem langfristige Partnerschaft zwischen deutschen und zukünftigen afrikanischen Eliten erreichen möchte.“
Denn mit der zweijährigen Junior-Mitgliedschaft, so Gerold weiter, sei die Förderung der Teilnehmer nicht beendet. Vielmehr erhoffe man sich von der anschließenden Senior-Mitgliedschaft weitere Aktivitäten zur Verbreitung des Good-Governance-Gedankens, etwa dadurch, dass die Mitglieder ihrerseits Vorträge und Schulungen anbieten, in ihren Heimatländern und andernorts. Auch solche Aktivitäten könnten vom DAAD gefördert werden. „Die Mitglieder des Netzwerkes sollen zu Multiplikatoren der Idee guter Regierungsführung werden.“
Wie diese Saat aufgeht, zeigt sich immer wieder an konkreten Beispielen. So auch im Mai 2015 im algerischen Tlemcen auf einem Symposium des Pan African University Institute of Water and Energy Sciences (PAUWES), einer Einrichtung der Panafrikanischen Universität (PAU). Mit Andrew Chilombo aus Sambia, der mittlerweile bei der Weltbank in Washington arbeitet, mit Dr. Justus Masa aus Uganda, einem Dozenten der Ruhr-Universität Bochum, und mit Dr. Erick Tambo aus Kamerun, inzwischen Dozent an der UN-Universität in Bonn, waren gleich drei Senior-Mitglieder des AGGN als Redner gefragt.
Frank Odenthal (15. Juli 2015)