Hochschulstatistik: Einsatz für wertvolle Daten

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Vanessa Orlik: "Einen so guten Gesamtüberblick hatten wir zuvor nicht"

Am 1. März 2016 ist das neue Hochschulstatistikgesetz in Kraft getreten; an der Novellierung des Gesetzes war der DAAD kontinuierlich beteiligt. Bei der Erfassung der Daten zur Auslandsmobilität unterstützt der DAAD die deutschen Hochschulen zudem durch die Durchführung des EU-Benchmarking-Projekts, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Vanessa Orlik, Referentin für externe Studien und Statistiken im Referat „Monitoring, Evaluation und Studien“ des DAAD, spricht im Interview über die Vorteile verbesserter Datenerhebung.

Frau Orlik, der Bund hat das Hochschulstatistikgesetz novelliert. Welche Konsequenzen hat das für den DAAD?

Vanessa Orlik: Bisher hatten wir nur einen begrenzten Einblick in temporäre Auslandsaufenthalte von Studierenden während des Studiums. Das wird sich mit dem neuen Gesetz ändern, denn die Hochschulen müssen nun umfassendere Daten zur Auslandsmobilität erheben. Künftig soll für alle Hochschulgraduierten bekannt sein, ob, wann und wie lang sie studienbezogen im Ausland waren, in welchem Land sie studierten und was sie dort konkret gemacht haben. Die Statistik verrät dann auch, wie sich Studierende den Aufenthalt finanzierten, ob über EU-Stipendien, Gelder aus einer Hochschulpartnerschaft oder einem DAAD-Programm – oder ob sie den Auslandsaufenthalt als sogenannte Free Mover aus eigener Tasche stemmten.

Warum sind diese Daten für den DAAD wichtig?

Wir bekommen damit einen sehr präzisen Einblick, wie auslandsmobil Studierende sind. Einen so guten Gesamtüberblick hatten wir zuvor nicht. Bisher haben wir uns für unsere Statistiken hauptsächlich auf Befragungsdaten und auf die Erasmus-Statistik stützen können. Die aber zeigten nur einen Teilausschnitt der Mobilität. Wir können die Daten zudem für Servicedienstleitungen nutzen, die wir anbieten: Für unsere Publikationsformate zur Mobilitätsentwicklung wie etwa „Wissenschaft weltoffen“ oder die Erhebung von Profildaten haben wir in Zukunft detailliertere Informationen.

Warum ist es so wichtig, studienbezogene Auslandsaufenthalte präzise zu erfassen?

Bis zum Jahr 2020 sollen laut Beschluss der Bildungsminister des Europäischen Hochschulraums 20 Prozent der Hochschulgraduierten für mindestens drei Monate studienbezogen im Ausland gewesen sein, auf nationaler Ebene haben sich Bund und Länder sogar auf 33 Prozent als Zielmarke geeinigt. Und jeder zweite Hochschulabsolvent in Deutschland sollte ab dem Jahr 2020 generell studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben, egal wie lange. Um das europäische Mobilitätsziel zu kontrollieren, muss jeder EU-Staat verlässliche Zahlen liefern. Die Daten sind aber auch für die Hochschulen wichtig, von denen viele eine Internationalisierungsstrategie verabschiedet haben. Um diese umsetzen zu können, sind verlässliche Statistiken erforderlich.

Wie gestaltete sich die Beteiligung des DAAD an der Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes?

Wir waren in den Gesetzgebungsprozess schon früh eingebunden: Über den Ausschuss zur Hochschulstatistik, an dem neben Vertretern des Bundes und der für die Hochschulen zuständigen obersten Landesbehörden auch Deutschlands führende Wissenschaftsorganisationen beteiligt sind, neben dem DAAD etwa auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Wissenschaftsrat oder das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Zudem ist der DAAD seit Kurzem auch in einer Programmarbeitsgruppe des Ausschusses vertreten, die sich konkret mit der Hochschulstatistik beschäftigt. Diese Arbeitsgruppe erarbeitete unter anderem Empfehlungen, wie die einzelnen Merkmale für die Daten zur Auslandsmobilität in der Hochschulstatistik gestaltet werden, und legte diese dem Ausschuss vor.

Die Hochschulen müssen die Daten zur Auslandsmobilität der Studierenden ab dem Sommersemester 2017 bereitstellen. Wie hilft der DAAD den Hochschulen bei der Umsetzung?

Der DAAD unterstützt die Hochschulen über das EU-Benchmarking-Projekt, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Wir haben zum Beispiel Workshops und Expertengespräche organisiert sowie Informationsbeiträge verfasst. Zu unseren Workshops haben wir die verschiedenen Bereiche der Hochschulen an einen Tisch gebracht, also vor allem das International Office und die Prüfungsverwaltung. Die standen sonst nicht in einem so engen Austausch. Über die Gespräche mit Fachleuten aus den Hochschulen und der Hochschullandschaft haben wir analysiert, wo und wie die Hochschulen die Mobilitätsdaten derzeit erfassen und welche Probleme durch das neue Gesetz auftreten könnten. Befürchtet wurde beispielsweise, dass die Hochschulleitungen den Änderungen der Mobilitätsmerkmale nicht genug Aufmerksamkeit schenken oder dass der Terminus  „studienbezogener Auslandsaufenthalt“ nicht präzise genug definiert wird, was  Umstellungsprozesse an den Hochschulen hätte erschweren können. Sorgen wie die Frage nach der passenden Definition haben wir an die Programmarbeitsgruppe weitergeleitet und dort gemeinsam behandelt, damit das im Gesetzgebungsverfahren frühzeitig berücksichtigt werden konnte.

Stieß das Projekt auf positive Resonanz?

Ja, die Hochschulen haben unsere Unterstützung als sehr hilfreich empfunden. Grundsätzlich ist das seit Dezember 2014 laufende Projekt bis Juli 2016 geplant. Wir hoffen aber, dass das Projekt fortgeführt werden kann.

Interview: Benjamin Haerdle (21. März 2016)