MIND-Studie: Neue Erkenntnisse über internationale Wissenschaftler an deutschen Hochschulen
DAAD/Dörthe Hagenguth
Darauf lässt sich aufbauen: Die MIND-Studie liefert wertvolle Erkenntnisse über internationale Wissenschaftler in Deutschland
Internationale Wissenschaftler in Deutschland schätzen das attraktive Arbeits- und Forschungsumfeld, das ihnen die Hochschulen bieten; sie fühlen sich gut unterstützt und integriert und sehen sich im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen überwiegend als gleichberechtigt an. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie „Internationale Nachwuchswissenschaftler in Deutschland. Motivation – Integration – Förderung“ (MIND-Studie), die erstmals hochschulübergreifend promovierte internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu ihren Entscheidungsmotiven, den organisatorischen Herausforderungen sowie zu ihrer beruflichen und sozialen Integration befragt hat. Veröffentlicht wurde die Studie von GATE-Germany, dem Konsortium für internationales Hochschulmarketing des DAAD und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK); finanziert hat sie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Mehr als 1.500 internationale Wissenschaftler wurden mit der Unterstützung von mehr als 50 Hochschulen, des DAAD und der Alexander von Humboldt-Stiftung in einer standardisierten Onlinebefragung detailliert befragt; die Ergebnisse der quantitativen Befragung wurden durch 16 qualitative Interviews mit internationalen Wissenschaftlern ergänzt. Erstellt wurde die Studie am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Sie zeigt deutlich, dass fachliche Gründe entscheidend dafür sind, dass internationale Wissenschaftler nach Deutschland kommen. So bewerten jeweils rund drei Viertel der Befragten Deutschlands Ruf als Wissenschaftsstandort wie auch den guten Ruf ihres Gastinstituts als „eher wichtig“ beziehungsweise „sehr wichtig“ für ihre Entscheidung. Ähnlich positiv werden der Expertenstatus der Mitarbeiter am Institut und die Forschungsinfrastruktur der jeweiligen Hochschule bewertet. Die deutschen Hochschulen überzeugen folglich mit den ganz konkreten Rahmenbedingungen für wissenschaftliches Arbeiten.
Mehrheit fühlt sich gut unterstützt
Ebenfalls positiv: Eine klare Mehrheit von 62 Prozent der internationalen Wissenschaftler ist überwiegend bis sehr zufrieden mit der Unterstützung durch ihre deutsche Hochschule. Auch werden die Arbeitsatmosphäre, die berufliche Integration und die Gleichberechtigung als überwiegend oder sogar sehr positiv bezeichnet. Darüber hinaus macht die Studie deutlich: Informelle Unterstützung durch Kollegen ist besonders relevant für das Verständnis von Arbeitsabläufen, die Karriereplanung und das Knüpfen von Netzwerken.
Fortschritte der Willkommenskultur
Internationale Wissenschaftler, die bereits seit einigen Jahren in Deutschland tätig sind, betonen, dass sich die Service- und Willkommenskultur grundsätzlich verbessert hat, Vorbehalte abgebaut wurden und der Umgang mit ausländischen Mitarbeitern eher zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Aus den Interviews der Studie geht hervor, dass die Wissenschaftler die Bemühungen der Hochschulen, schnelle und unbürokratische Lösungen für administrative Probleme zu finden, schätzen. Persönliche Kontakte und kurze Wege in der Verwaltung werden als besonders positiv wahrgenommen.
Eine hohe Servicezufriedenheit an den Hochschulen leistet einen entscheidenden Beitrag zu einem positiven Gesamtbild des Auslandsaufenthalts in Deutschland. Trotz der positiven Bewertungen der Arbeit der Akademischen Auslandsämter und Welcome Center gibt es Verbesserungsbedarf bei der Vernetzung der Angebote für internationale Wissenschaftler. So lautet eine ausdrückliche Empfehlung der Studie: „Die Etablierung einer Willkommenskultur darf nicht bei den Akademischen Auslandsämtern und Welcome Centern aufhören, sondern muss weitere Verwaltungsbereiche und die Institute einbeziehen.“ Außerhalb der Hochschulen sind laut der Studie die allgemeine Lebensqualität und die Gastfreundlichkeit ausschlaggebend für die Zufriedenheit der Wissenschaftler.
Sicherheit für langfristige Perspektiven
Jeder dritte internationale Wissenschaftler plant, länger als fünf Jahre in Deutschland zu bleiben; unter den Wissenschaftlern mit Anstellung an einer deutschen Hochschule sind es 43 Prozent. Sogar dauerhaft in Deutschland bleiben möchten von den unbefristet beschäftigten internationalen Wissenschaftlern nicht weniger als 70 Prozent.
Die allgemeine Planungsunsicherheit wissenschaftlicher Karrieren in Deutschland verhindert laut der MIND-Studie, ,,dass internationale Wissenschaftler sich beispielsweise begleitend und kontinuierlich um die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse bemühen, um damit wiederum ihre Karriereperspektiven zu verbessern“. Den Erwerb von Deutschkenntnissen identifiziert die Studie – neben der Wohnungssuche und einem grundlegenden Verständnis des deutschen Karriere- und Wissenschaftssystems – als Hauptherausforderungen für die internationalen Wissenschaftler. Entwicklungswege für die Zukunft zeigen Marijke Wahlers, Leiterin der Internationalen Abteilung der Hochschulrektorenkonferenz, und Stefan Hase-Bergen, Leiter der Geschäftsstelle GATE-Germany im DAAD, in ihrem gemeinsamen Vorwort zur MIND-Studie auf: „Wir sind zuversichtlich, dass die Studienergebnisse die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen und wertvolle Impulse zu geben vermögen – beispielsweise die Willkommenskultur im regionalen Umfeld zu stärken, mehr in die Vermittlung von Deutschkenntnissen bei der Zielgruppe zu investieren sowie die Planbarkeit ihrer Karrierewege weiter zu verbessern.“
27. April 2016