Gemeinsam eine Zukunft schaffen

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Der DAAD hat mit seinen europäischen Partnern British Council, Campus France und Nuffic das HOPES-Programm gestartet: DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland (2. von links) stellte es in Brüssel gemeinsam mit hochrangigen Vertretern der Institutionen vor

In Syrien darf keine verlorene Generation heranwachsen, darin sind sich der DAAD und seine europäischen Partner British Council, Campus France und Nuffic aus den Niederlanden einig. Mehr als 100 Experten und Interessierte diskutierten in einem DAAD-Fachseminar in Brüssel darüber, wie man studierfähigen Geflüchteten durch Bildung Perspektiven bieten kann – in Deutschland, Europa oder im Nahen Osten.

Mehr als fünf Millionen meist junge Menschen sind in den vergangen Jahren aus dem Bürgerkriegsland Syrien geflohen. Von den knapp 500.000 Geflüchteten, die im Jahr 2015 in Deutschland einen Asylantrag stellten, waren 80 Prozent jünger als 35 Jahre. Viele von ihnen mussten ihr Studium oder ihre Schullaufbahn ab- oder zumindest unterbrechen. Der Anteil syrischer Studierender in der Altersgruppe 18 bis 25 ist seit Kriegsausbruch von 20 auf mittlerweile unter fünf Prozent geschrumpft.

Damit unter den syrischen Flüchtlingen keine verlorene Generation heranwächst, hat der DAAD in den vergangenen Monaten mehrere Programme gestartet, um studierfähige Geflüchtete ins deutsche Hochschulsystem zu integrieren oder im Nahen Osten zu unterstützen. Vom 11. bis zum 12. Mai lud die DAAD-Außenstelle in Brüssel 120 Interessierte in die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union in Brüssel ein, um sich darüber auszutauschen, wie geflüchtete Studierfähige in Deutschland, Europa oder in den Nachbarländern Syriens wieder eine Zukunftsperspektive erhalten können.

Ein elementares Thema für den DAAD

„Die Idee zu diesem Seminar hatten wir schon im vergangenen Jahr“, sagt Nina Salden, Leiterin der DAAD-Außenstelle Brüssel. „Das Thema der Integration ins Hochschulsystem ist für den DAAD elementar.“ Zudem sei in Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Union immer wieder die Frage aufgetaucht, was auf europäischer Ebene gemeinsam geleistet werden könnte. „Wir sind zufrieden, wie gut das Seminar angenommen wird“, sagt Nina Salden. „Die meisten Teilnehmer kommen selbst aus der Flüchtlings- und Bildungsarbeit und bringen sich rege ein – es ist uns also gelungen, als Plattform zu fungieren, um die Akteure zu vernetzen und gemeinsam Brainstorming zu betreiben.“

Am ersten Seminartag stand das Thema der Integration von Flüchtlingen in das europäische Hochschulsystem auf dem Programm, der zweite Tag stand im Zeichen des Engagements in den Nachbarländern Syriens. „Bildung gibt Menschen die Möglichkeit, ihr Leben zu verbessern“, sagte DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland. „Wir brauchen diese jungen Menschen – entweder hier in Deutschland oder indem sie später ihr Heimatland wieder aufbauen.“ Mit einem neuen Programmportfolio fördert der DAAD die Integration von Geflüchteten in den deutschen Hochschulsektor: Ein für Geflüchtete kostenfreies Angebot des Studierfähigkeitstests TestAS, des Bewerbungsverfahrens bei uni-assist und des Online-Spracheinstufungstests onSET unterstützt Studieninteressierte und Hochschulen bei der Analyse von Kompetenzen und Potenzialen und ermöglicht einen raschen Hochschulzugang für studierfähige Geflüchtete. Das Programm „Integra“ finanziert jährlich 2.400 Plätze an Studienkollegs sowie Sprachkurse und fachliche Propädeutika an Hochschulen, um Geflüchtete auf ein Studium in Deutschland vorzubereiten. Mit dem Programm „Welcome“ wiederum werden studentische Initiativen unterstützt, die sich in verschiedensten Formaten für Begleitung und Beratung von Geflüchteten an ihrer Hochschule einsetzen. Alle Programme werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

Fruchtbare Langzeitinvestition

Eine „Herausforderung und Chance zugleich“ nannte Botschafter Dr. Peter Rösgen von der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU die Flüchtlingsthematik: „Es muss gelingen, die jungen Menschen in unser Bildungssystem zu integrieren.“ Anders als bei Arbeitsmigranten gebe es bei Flüchtlingen auch humanitäre Gründe, sie zu unterstützen, sagte Laura Corrado, Leiterin des Referats für legale Migration und Integration in der EU-Generaldirektion für Migration und Inneres. Sie kündigte einen „Integration Action Plan“ für Flüchtlinge an, den die Europäische Kommission Anfang Juni veröffentlichen wird. Neben der Unterstützung von Mitgliedsstaaten durch EU-Projekte sollen Bildung und Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt eine zentrale Rolle spielen. „Dieses Engagement ist eine Langzeitinvestition, die ihnen selbst und uns nutzen wird.“ Julie Anderson von der EU-Generaldirektion für Bildung und Kultur sprach sich für einen gemeinsamen europäischen Weg aus: „Informationsaustausch, Finanzierung, Orientierung – das hilft allen Beteiligten.“ Mit 400 Millionen unterstützt die Europäische Union bis 2020 Initiativen zur sozialen Integration im Erasmus+ Programm.

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Interessierte Zuhörer: Mehr als hundert Experten und Gäste diskutierten in Brüssel über Möglichkeiten, um Geflüchtete an Hochschulen zu integrieren

​Einen besonderen Weg der Integration geht jetzt schon die Universität Malmö in Schweden. In mehrwöchigen Kursen werden hier Flüchtlinge auf eine Ausbildung als Hilfs- oder Assistenzlehrer vorbereitet, die in Schweden fehlen. Bis Jahresende könnten 100 bis 150 Geflüchtete das Angebot genutzt haben, schätzt Patricia Staaf von der Universität. Das Besondere daran: Die Ausbildung findet auf Arabisch statt, um den Flüchtlingen ein tieferes Verständnis zu ermöglichen. Gleichzeitig lernen sie in auf Pädagogik zugeschnittenen Sprachkursen Schwedisch. „Es geht darum, bestehende Fähigkeiten und Kenntnisse zu ergänzen“, sagt Staaf. Die Arbeitsaussichten seien gut. „Sie werden wohl nicht sofort als ,echte’ Lehrer eingesetzt, können aber eine Weiterbildung daran anschließen“, sagt Staaf. „Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.“

Lösungen in der Region

In Deutschland beherrscht die Debatte um mehr als eine Million Flüchtlinge, die seit Januar 2015 in die Bundesrepublik gekommen sind, seit Monaten politische und gesellschaftliche Diskussionen. Dabei, so machte DAAD-Generalsekretärin Rüland in Brüssel deutlich, kommt nur ein kleiner Teil der syrischen Flüchtlinge tatsächlich nach Europa. Die meisten flüchten in die Nachbarländer Jordanien, Irak, Türkei, Libanon und Ägypten, in denen ihnen Kultur und Sprache vertrauter seien. „Doch wenn sie keine Bildung erhalten, keine Arbeit finden und keine Perspektiven sehen, machen sie sich weiter auf den Weg“, sagte Rüland. Um in den Nachbarländern Perspektiven zu schaffen, hat der DAAD gerade gemeinsam mit seinen europäischen Partnern British Council, Campus France und Nuffic aus den Niederlanden das „HOPES“-Programm gestartet („Higher and Further Education Opportunities and Perspectives for Syrians“); finanziert wird es aus Mitteln des EU-Treuhandfonds für Syrien „Madad Fund“. „Jedem studierfähigen Syrer ein Stipendium in Europa zu finanzieren, wäre nicht zu stemmen gewesen“, sagte in Brüssel Nadim Karkutli, Manager des Madad Fund. „Wir wussten, wir müssen Lösungen in der Region finden.“ Mit einem Umfang von 12 Millionen Euro bis 2019 sollen mehr als 40.000 junge Menschen in den Nachbarländern Syriens beraten werden. 300 Vollstipendien werden vergeben und mehrere tausende Syrer sollen von Englisch- oder Aufbaukursen profitieren.

Wie wichtig das Projekt den beteiligten Ländern ist, zeigte sich daran, dass – neben DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland – auch hochrangige Vertreter aller drei DAAD-Partnerorganisationen vor dem Seminar für eine Pressekonferenz nach Brüssel reisten: Gordon Slaven, Direktor für Hochschulbildung beim British Council, Béatrice Khaiat, Generaldirektorin bei Campus France und der Generaldirektor von Nuffic, Freddy Weima. „Europa ist zurück und stellt sich seinen Problemen“, sagte Béatrice Khaiat. Gordon Slaven bezeichnete das Engagement für Hochschulbildung als „immer wichtiger, je länger die Krise dauert“. Wie bedeutend die Angebote für die betroffenen Flüchtlinge selbst sind, zeigen die Erfolge der DAAD-Programme „Leadership for Syria“ in Deutschland und „New Perspectives“ in Jordanien und Syrien. Mehr als 5000 Interessierte bewarben sich beispielsweise bei „Leadership for Syria“ auf 200 Stipendien, berichtete Dorothea Rüland. „Die jungen Menschen wissen: Bildung ist unsere Chance. Und sie sind hochmotiviert, diese zu nutzen.“

Sarah Kanning (17. Mai 2016)

Weiterführende Informationen

DAAD-Außenstelle Brüssel