„Germany Today 2016“: Internationale Kooperation für berufliche Perspektiven
DAAD
Applaus für den Austausch: Die Offenheit für unterschiedliche Konzepte zeigte sich während der "Germany Today 2016" auch beim DAAD in Bonn
Wie eröffnen deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihren Absolventen berufliche Perspektiven? Welche Ansätze gibt es in Kanada und den USA? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Delegationsreise „Germany Today 2016“: Das vom DAAD entwickelte Format führt Entscheidungsträger verschiedener nordamerikanischer Institutionen an ausgewählte Standorte – und vermittelt ihnen so einen Eindruck von aktuellen Entwicklungen in Deutschland.
Themen der „Germany Today“-Tour waren in den vergangenen Jahren etwa Internationalisierungsstrategien oder die Besonderheiten des deutschen Fachhochschul-Modells. 2016 fokussierte sich die Tour auf Initiativen und Strategien, berufliche Chancen für Graduierte auf nationaler und internationaler Ebene zu schaffen. So haben auch viele Hochschulen in den letzten Jahren „Employability“-Konzepte entwickelt, um ihre Graduierten für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Der enge Austausch deutscher Hochschulen mit der Industrie ist auch hier ein Erfolgsgrund. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die Delegationsreise zeigte zudem, wie vielfältig daran gearbeitet wird, die beruflichen Perspektiven von Absolventen weiter zu verbessern – und somit letztlich Innovationen und auch wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. In Stuttgart beispielsweise verfeinert die Universität die Studienberatung mit Blick auf das Berufsleben gezielt nach Fächergruppen; die Duale Hochschule Baden-Württemberg bietet berufsintegrierende und berufsbegleitende Masterstudiengänge an. Auf dem Fraunhofer-Campus lernten die Gäste aus Nordamerika Employability-Strategien von gleich zwei Instituten und einer Graduate School kennen – und bei einem Abstecher ins nahe Ditzingen gab es Einblicke, wie die Personalabteilung des Werkzeugmaschinen-Weltmarktführers Trumpf mit Hochschulen kooperiert.
Gemeinsam neue Ideen entwickeln
Die Idee, Vertreter nordamerikanischer Institutionen mit Ansprechpartnern unterschiedlicher deutscher Einrichtungen zusammenzubringen, ist grundlegend für das Konzept von „Germany Today“: So sollen nicht zuletzt gemeinsam neue Ideen entwickelt und Kooperationen ermöglicht werden. Darüber hinaus werden Internationalisierungsstrategien und Möglichkeiten der Förderung vorgestellt. Dass es sich gerade im wissenschaftlichen Bereich mitunter noch schwierig gestaltet, Doktoranden und Postdocs langfristige Perspektiven zu bieten, wurde während der Tour in einer Diskussion mit Vertretern der Universität zu Köln, der Jungen Akademie und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) deutlich. Besprochen wurden dabei unter anderem das Tenure-Track-Verfahren, bei dem sich Promovierende nach einer befristeten Stelle für eine Professur auf Lebenszeit qualifizieren, sowie die sogenannte „Bundesprofessur“, die langfristige Professuren aus Bundesmitteln finanzieren soll.
Vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen
Dr. Andrea Stith, Assistant Director for Interdisciplinary Education am Bio Frontiers Institute der University of Colorado, zeigte sich beeindruckt von der Reise: „Hier in Deutschland funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen einfach so natürlich. Für uns gestaltet es sich viel schwieriger, unseren Studierenden Praktikumsplätze zu vermitteln."
Auch Diana MacKay, Executive Director der für die Internationalisierung der kanadischen Carleton University zuständigen „Global Academy“, schilderte, dass sich die Zusammenarbeit mit der Industrie in Nordamerika nicht so einfach darstellt. „Wir haben nicht dieselben Mechanismen wie in Deutschland.“ Für sie war es überraschend zu sehen, wie selbstverständlich sich Studierende eigenständig um Praktika während ihres Studiums kümmern. Zwar gäbe es an ihrer Universität Praxisphasen, doch seien diese fast immer optional. Mittlerweile gäbe es auch erste Maßnahmen, mehr verpflichtende Praxisphasen in das Studium zu integrieren. Seitens der Studierenden sei der Bedarf groß. Erforderlich seien nicht zuletzt mehr Praktikumsstellen und bezahlte Jobs. „Hier in Deutschland bewegen sich Fakultätsmitglieder in der Industrie ein und aus. Das wäre auch für uns in Kanada sehr gesund", ist sie sicher. Für sie ist Internationalisierung der Schlüssel zum Erfolg.
Beispiele aus Darmstadt und Heidelberg
International ist auch das Forschungsteam des Catalysis Research Laboratory (CaRLa), das als Private Public Partnership gemeinsam von BASF, dem Land Baden-Württemberg und der Universität Heidelberg finanziert wird. Dr. Thomas Schaub von BASF stellte CaRLa den Tourteilnehmern vor. Das Labor ist Teil des Kooperationsprojekts „Industry on Campus“, in dem die Universität Heidelberg im Bereich der strategisch orientierten Grundlagenforschung langfristig mit Industrieunternehmen zusammenarbeitet. Kooperationen mit der Industrie pflegen auch die Hochschule Darmstadt und die Technische Universität Darmstadt, an der die Delegation aus Nordamerika unter anderem das Start-up-Zentrum „HIGHEST“ kennenlernte. Das Zentrum möchte eine Gründerkultur nicht nur innerhalb der Universität, sondern in der ganzen Region Rhein-Main-Neckar stärken.
Zukunftsträchtige Diskussion
Der Begriff „Employability“ hat Professor Gil Latz, Associate Vice Chancellor for International Affairs an der Indiana University-Purdue University Indianapolis, überrascht. An seiner Universität spreche man von „Accountability“, also der Übernahme von Verantwortung. In einem Strategiepapier wurden zehn Prioritäten festgelegt, um die Studierenden fit für die Arbeitswelt zu machen. Zwei davon sind Internationalisierung und gesellschaftliche Verantwortung. „Uns ist es wichtig, unseren Einsatz für die Gesellschaft zu demonstrieren. Darum suchen wir aktiv nach Partnerschaften“, erklärt Latz. Diese starke gesellschaftliche Verflechtung ist für ihn einer der wesentlichen Faktoren, um Studierende nach ihrem Abschluss erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Als amtierender Präsident der „Association of International Education Administrators“ (AIEA) will er das Konzept der „Employability“ mitnehmen und auf der nächsten Jahreskonferenz des Verbandes in Washington mit verschiedenen Vertretern der Delegation und auch der besuchten Einrichtungen diskutieren. „Ich würde gern die hier geführte Diskussion verlängern, über Möglichkeiten für engere Zusammenarbeit sprechen und diskutieren, wie wir gemeinsam Hindernisse überwinden können.“
Maria Horschig (28. Juni 2016)