16. GAIN-Jahrestagung in Washington DC: Vom Reiz der Rückkehr
GAIN/Nicole Glass
Wertvolle Informationen für die wissenschaftliche Laufbahn: Teilnehmerinnen der GAIN-Jahrestagung
Ein Erfolg war die 16. Jahrestagung des German Academic International Network (GAIN), das von der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), dem DAAD und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) getragen und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt wird. So wurde in Washington DC nicht nur eine neue Rekordteilnehmerzahl erreicht: Auf den verschiedensten Ebenen der Tagung gelang es, für die Vorteile des Wissenschaftsstandorts Deutschland zu werben, von Reden und Vorträgen über Arbeitsgruppen bis zur Talent Fair. Deutschlands Stärken bei der Realisierung neuer Forschungsideen hob etwa DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel hervor, die wie auch DAAD-Vizepräsident Professor Joybrato Mukherjee zudem an Gesprächsrunden mit in Nordamerika tätigen deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern teilnahm.
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DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel zählte zu den aus Deutschland angereisten Persönlichkeiten, die das Gespräch mit den Tagungsteilnehmern suchten
Die National Institutes of Health (NIH) nur eine Metrostation entfernt, die weltberühmte Georgetown University in gut 20 Minuten erreichbar und die Machtzentren der USA, in denen über Welt-, aber auch über Wissenschaftspolitik entschieden wird, nur ein paar Meilen stadteinwärts – die 16. Jahrestagung des German Academic International Network (GAIN) hätte sich kaum einen symbolträchtigeren Tagungsort aussuchen können als die amerikanische Hauptstadt Washington. Präziser: deren Vorort Bethesda, Sitz der National Institutes of Health.
Doch so beeindruckend die Spitzenstellung vieler Universitäten und Institute der USA in der Welt der Wissenschaft auch ist – am Himmel über dem Machtzentrum brauen sich schon seit Längerem dunkle Wolken zusammen. „Eine erhebliche Anzahl der republikanischen Abgeordneten wünscht sich, die Freiheit der Forschung stärker zu kontrollieren. Sie haben Zweifel an bestimmten wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie zum Beispiel zum Klimawandel“, so Dr. Nina Lemmens, Leiterin der Außenstelle des DAAD in New York. „Und das gilt ebenso für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten.“
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Gespräche über Karrierewege: Auch 2016 ermöglichte die GAIN-Jahrestagung persönlichen Austausch
Von der Politik vorgegebene Rahmenbedingungen für Forscher standen im Mittelpunkt der Jahrestagung, zu der GAIN-Programmleiter Dr. Gerrit Rößler eine neue Rekordzahl von Teilnehmern begrüßen konnte. Ein Rekord, an dem sich auch zeigt, wie etabliert die gemeinsame Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), des DAAD und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist. Über 500 Teilnehmer – zahlreiche in den USA tätige Wissenschaftler, hochkarätige Vertreter der Wissenschaft wie zum Beispiel Professor Marcia McNutt, Präsidentin der National Academy of Sciences, sowie Entscheidungsträger der deutschen Politik und Wissenschaft – waren zusammengekommen, um sich über den Wissenschaftsstandort Deutschland zu informieren oder diesen zu präsentieren und aufzuzeigen, was er jungen Forschern bietet. Und er bietet einiges: „Deutschland zeichnet sich gegenüber anderen Wissenschaftsstandorten durch eine flexible und vielfältige Wissenschaftslandschaft, interdisziplinäre und intersektorale Forschungsverbünde aus, die geeignete Plattformen für die Realisierung neuer Forschungsideen bieten“, betont DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel. „Auch in Unternehmen gibt es für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessante und planbare Karrieremöglichkeiten als alternative Wege zur Hochschulkarriere.“
Immense politische Anstrengungen
Wie auch die Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Cornelia Quennet-Thielen, und die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Theresia Bauer, berichtete die DAAD-Präsidentin von den immensen politischen Anstrengungen zu einer weiteren Stärkung des Wissenschaftsstandorts Deutschland, unter denen die Exzellenzinitiative und das Tenure-Track-Programm herausragen. So werden mit dem von Bund und Ländern geschaffenen Tenure-Track-Programm rund 1.000 Stellen für die Dauer von sieben Jahren geschaffen, welche im Falle von Familiennachwuchs auch um zwei weitere Jahre verlängert werden können. In Deutschland, so Staatssekretärin Quennet-Thielen, sollte das Familienglück junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht der Karriere zum Opfer fallen. „In den USA hingegen“, so DAAD-Außenstellenleiterin Nina Lemmens, „wird der Weg zur Tenure immer schwieriger, wird die Zukunft für den akademischen Nachwuchs stetig unsicherer.“
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Vielfältige Perspektiven: Zahlreiche Stände informierten über den Forschungsstandort Deutschland
Grundsätzliche Offenheit für die Stärken des Forschungsstandorts Deutschland war in Bethesda in zahlreichen Gesprächen zu hören – Gespräche und Networking sind traditionell das Herz der Jahrestagung. Dr. Sabine Becker, Chemikerin am berühmten Massachusetts Institute of Technology (MIT), sagt: „Die Förderung ist in Deutschland viel besser als hier, wo stets eine gewisse Unsicherheit in der Luft liegt. In Deutschland werden beispielsweise rund 40 Prozent der eingereichten DFG-Anträge positiv beschieden – in den USA sind es bei den NIH rund 12 Prozent. Wenn dann ein Wissenschaftler tatsächlich Unterstützung erhält, muss er jedoch mit vielen weiteren, laufenden Kosten rechnen, die etwa durch die Mitbenutzung der Gerätschaften der zentralen Analytikabteilung entstehen.“ Dennoch ist das Zurückkehren ein Schritt, der stets mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachtet wird: „Die Internationalität, das schnelle Eingewöhnen daran, mit Menschen aus allen denkbaren Herkunftsländern zusammenzuarbeiten, sich zu ergänzen, ist eine tolle Erfahrung, die ich sicher vermissen werde,“ hebt der Biologe Dr. Jens Jäger hervor, der nach drei Jahren an der Yale University nunmehr an das Forschungszentrum Jülich geht.
„Attraktives professionelles Umfeld“
„Wir haben großes Interesse an Personen, die weltoffen sind, denn weltoffene Professoren sind bessere Professoren“ – mit dieser Einschätzung spricht Professor Karin Luckey nicht nur für die Hochschule Bremen, deren Rektorin sie ist. Und nicht nur Universitäten erwarten eine Verstärkung ihres Teams und ihres „Spirit“ durch Rückkehrer aus den USA. „Für Physiker, Ingenieure und andere Spezialisten, die hier in den USA gearbeitet und geforscht haben, bieten wir ein attraktives professionelles Umfeld“, erklärt zum Beispiel Venio Quinque von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin. Die Rückkehrer bringen noch etwas anderes mit: die typisch amerikanische Attitüde, alles in positivem Licht zu sehen, great und exciting zu finden, das Beste aus den Möglichkeiten zu machen. In Deutschland, dies ärgert Sabine Becker, werde immer so schnell gemeckert. Dabei sollte man sich auf das besinnen, was man hat und was anderenorts anerkannt wird. Die Mehrzahl der Kollegen am MIT, die nicht-deutscher Herkunft sind, haben sich bereits bei ihr nach Möglichkeiten erkundigt, in Deutschland, jenem Land, das international als so attraktiv gilt, ihren eigenen Karriereweg fortzusetzen.
Ronald D. Gerste (14. September 2016)