Falling Walls Lab: Spitzenforschung im Minutentakt
Falling Walls Foundation
Im Rampenlicht: Die Veranstaltung "Falling Walls" lenkte erneut die Aufmerksamkeit auf die Wissenschaft
Ein außergewöhnliches Forum – auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Die Berliner Veranstaltung „Falling Walls“ führt zahlreiche Persönlichkeiten zusammen, vom international vernetzten Spitzenwissenschaftler bis zum aufstrebenden Forschertalent. Der DAAD ist seit Langem Partner der Falling Walls. Auch 2016 war das weltweite DAAD-Netzwerk an der Vorauswahl von Teilnehmern am Falling Walls Lab beteiligt.
Ryan Awori spricht ganz ruhig und entschlossen, während neben ihm der Countdown zügig hinunterläuft. Der Kenianer steht auf der Bühne des Falling Walls Lab – einem Science Slam, bei dem die Teilnehmer innerhalb von drei Minuten erklären müssen, wie ihre Forschung die Welt von morgen verändern kann. Und der 27-Jährige hat ein großes Versprechen mitgebracht: „In fünf Jahren könnten multiresistente Keime der Vergangenheit angehören“, sagt er im Scheinwerferlicht der Bühne. Sein Mittel dagegen: Ein neues Antibiotikum, an dem er und seine Kollegen in Kenia arbeiten. Erste Studien hätten gezeigt, dass es besser wirkt, als gängige Antibiotika.
Ryan Awori ist einer von 100 jungen Wissenschaftlern aus über 50 Ländern, die ihre Forschungsergebnisse beim Falling Walls Lab in Berlin am 8. November vorstellten. Hier mussten die Nachwuchsforscher die Jury unter Vorsitz von Professor Carl-Henrik Heldin, dem „Nobel Foundation“-Vorsitzenden, überzeugen. Die drei Gewinner konnten ihre Ideen dann auch noch am 9. November, dem Tag des Mauerfalls, bei der hochkarätig besuchten Falling Walls Conference vorstellen. Dort zeigten Spitzenwissenschaftler, welche Durchbrüche in Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie bevorstehen. So sprachen zum Beispiel Sadie Creese von der Oxford University über Cybersecurity, Birgitta Whaley von der UC Berkeley über Quantenbiologie und Salah Sukkarieh von der Sydney University über die „smart farms“ der zukünftigen Landwirtschaft.
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Freier Vortrag – den verlangt die Falling Walls von Top-Forschern wie Salah Sukkarieh und Nachwuchswissenschaftlern gleichermaßen
„Die Falling Walls verbindet sehr vielfältige wissenschaftliche Vorträge und Performances. Sie zeigt beispielhaft, dass der DAAD den Wandel der öffentlichen Darbietung von Wissenschaft im Blick hat und aufmerksam begleitet", sagt Professor Joybrato Mukherjee, DAAD-Vizepräsident und 2016 Jurymitglied des Falling Walls Lab.
Von Nairobi nach Berlin
Der DAAD war durch sein weltweites Netzwerk von Außenstellen, Informationszentren und Lektoren an der Vorauswahl der Berliner Lab-Teilnehmer beteiligt. So gewann beispielsweise Ryan Awori das vom DAAD organisierte Falling Walls Lab Nairobi – mit einem Vortrag über mikrobiologische Innovationen bei der Entwicklung von Antibiotika. „Der Besuch in Deutschland bietet mir die Möglichkeit, für meine Forschung in der Öffentlichkeit zu werben und neue Kontakte zu knüpfen“, sagt der 27-Jährige Kenianer. So trifft er sich etwa mit einem Wissenschaftler der Universität in Frankfurt, der zum gleichen Thema forscht. Möglicherweise wird er mit ihm im Rahmen eines Ph.D.-Programms zusammenarbeiten.
DAAD/Paul Munene
Glückwunsch: Helmut Blumbach, Leiter der DAAD-Außenstelle Nairobi, gratulierte Ryan Awori nach dem Gewinn des Vorentscheids
Auch die Indonesierin Liana Christiani will die Zeit in Deutschland nutzen, um sich auszutauschen. „Alle hier beim Lab sind sehr offen“, sagt sie. „Es ist eine gute Gelegenheit, mit Leuten aus dem gleichen Forschungsbereich zu netzwerken.“ Christiani hat in der dreiminütigen Präsentation in Berlin ihre Arbeit zu Wasserstoff-Brennstoffzellen vorgestellt. „Es ist verdammt schwierig, ein so komplexes Thema in so kurzer Zeit zu erklären, aber es hat Spaß gemacht.“
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Fröhliche Wissenschaft: Das Falling Walls Lab begeisterte auch das Publikum
Liana Christiani forscht an einer neuen Membran, die bislang einen Großteil der Kosten einer Brennstoffzelle ausmacht. Durch die Technologie könnten sich die Kosten um bis zu 20 Prozent senken lassen. Christiani treibt dabei nicht nur ihr Forschergeist an. Sie will auch zur wirtschaftlichen Entwicklung ihres Landes beitragen. „Bislang ist es eine Herausforderung, Brennstoffzellen in Entwicklungsländern wie Indonesien herzustellen. Denn die Investitionen für die Bestandteile der Brennstoffzelle sind sehr hoch.“ Sie will das durch ihre Forschung ändern. Und ihr Ansatz hat beim Falling Walls Lab Jakarta, das ebenfalls vom DAAD ausgerichtet wurde, überzeugt. Sie setzte sich gegen mehr als 120 Mitbewerber durch.
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Konzentrierte Jurymitglieder: Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, DAAD-Vizepräsident Joybrato Mukherjee und Monique M.B. Breteler, Direktorin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
In Berlin reichte es für Liana Christiani und Ryan Awori zwar nicht für einen Podiumsplatz, aber auch so war die Teilnahme ein Gewinn. „Das Falling Walls Lab ist eine große Chance, sich als junger Forscher in einer außergewöhnlichen Wettbewerbssituation zu präsentieren und zu behaupten – das prägt fürs Leben“, betont etwa Professor Margret Wintermantel, Präsidentin des DAAD. Wie die jungen Forscher vom Lab profitieren, hat auch Alexander Roggenkamp, Leiter des DAAD-Informationszentrums Athen, erlebt. Er war am Auswahlprozess in Griechenland beteiligt. „Ich denke, dass ein Format wie das Lab immer wichtiger für die Wissenschaftskommunikation wird“, so Roggenkamp. Science Slams finden in Griechenland derzeit noch nicht so häufig statt. Sie würden jedoch immer populärer. „Und ich denke, das ist auch wichtig, um mögliche Geldgeber für die Forschung zu finden.“ Die jungen Wissenschaftler erreichten damit nicht nur ein größeres Publikum. „Sie zeigen zudem: Wissenschaft kann großen Spaß machen.“
Treffen mit DAAD-Stipendiaten
In Berlin konnten sich davon auch mehrere DAAD-Stipendiaten aus Berlin und Potsdam überzeugen. Sie verfolgten die Präsentationen und hatten die Möglichkeit, sich mit den Lab-Teilnehmern über ihre Forschungsarbeit auszutauschen. „Dahinter steht der Grundgedanke des DAAD, dass wir jungen, internationalen Stipendiaten eine Plattform zur Vernetzung mit Gleichaltrigen, aber auch mit herausragenden älteren Wissenschaftlern bieten möchten“, sagt DAAD-Vizepräsident Mukherjee. „Für diesen grenzüberschreitenden Austausch ist die Falling Walls eine wunderbare Gelegenheit.“
Diese nutzte unter anderem die Stipendiatin Nisreen Aljamil Alrashid. Die Syrerin macht derzeit einen Master in Pharma- und Chemietechnik in Berlin. „Was ich hier mitbekommen habe, könnte auch interessant für meine Abschlussarbeit sein“, erzählt sie. Zudem haben die Präsentationen sie so begeistert, dass sie nun selbst über eine Teilnahme nachdenkt. So könnte wieder eine spannende Forschungsidee in die breite Öffentlichkeit gelangen.
Hendrik Bensch (11. November 2016)