„DAAD-Lektoren berichten aus…:“ Kingston, Rhode Island – Anett Geithner
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Anett Geithner (ganz links) mit Studierenden des "International Engineering Program" während der "German Campus Week"
Worte zur Windkraft – und zu vielem mehr: Anett Geithner unterrichtet Deutsch mit Technikbezug, schätzt die Offenheit an der US-Ostküste und versucht, auch im politisch aufgewühlten Amerika gelassen zu bleiben.
Vor Kurzem hat Anett Geithner mit ihren Studentinnen und Studenten den bisher einzigen Offshore-Windpark der USA besucht. Die DAAD-Lektorin an der University of Rhode Island an der US-Ostküste vermittelt den angehenden Ingenieuren Deutsch für den Alltag, aber auch den Austausch über technische Fachbegriffe. Vor der Fahrt zum Windpark in der Nähe der Universität teilte Geithner die Studierenden des Kurses in verschiedene Gruppen ein: Die erste Gruppe recherchierte Fakten über den Windpark, die zweite nahm Kontakt zum Management auf und die dritte Gruppe bereitete den Wortschatz zum Thema erneuerbare Energien vor. Vor Ort beschäftigten sich die Kursteilnehmer nicht nur mit den technischen Parametern des Windparks, sondern auch mit seinen Auswirkungen auf die Region. Mittels eines Fragebogens, den sie selbst erarbeitet hatten, erkundeten die Studierenden dazu die Ansichten der Bevölkerung. Die Ergebnisse präsentierten sie schließlich im Deutschkurs.
An Hochschulen in den USA ist dieses kooperative Lernen üblich: „Die Studierenden arbeiten oft an Projekten, häufig multimedial unterstützt“, erklärt Anett Geithner. „Die Dozentin koordiniert das und hält sich sonst eher im Hintergrund.“ Geithner hat seit 2013 das einzige Lektorat des DAAD in den USA inne. Ihre Studierenden sind zwischen 18 und 23 Jahre alt und an der University of Rhode Island für einen besonders innovativen, fünfjährigen Doppel-Bachelorstudiengang eingeschrieben: Er bietet einen gleichzeitigen Abschluss in einer Ingenieurwissenschaft und in einer Fremdsprache. Zu den Sprachen, die angeboten werden, zählen Deutsch, Chinesisch, Spanisch, Französisch und Italienisch. „Das vierte Studienjahr verbringen meine Studierenden komplett in Deutschland“, sagt Anett Geithner. „Sechs Monate sind sie an der TU Braunschweig oder an der TU Darmstadt. Weitere sechs Monate machen sie ein Praktikum – etwa bei einem Autohersteller, einem Zulieferunternehmen oder in der chemischen Industrie.“ Das Angebot sei beliebt, auch bei Frauen, erzählt die DAAD-Lektorin. Deren Anteil liege bei fast einem Drittel der Studierenden, was für die Ingenieurwissenschaften hoch sei.
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Anett Geithner erlebt bei ihren Studierenden großes Interesse an Deutschland
Von Odessa an die US-Ostküste
Der Weg zu solch einem techniknahen Sprachunterricht war für die aus Dresden stammende Anett Geithner nicht vorgezeichnet. Studiert hat sie Slawistik, Anglistik und Deutsch als Fremdsprache. Als Deutschlehrerin ging sie im Sommer 2005 erstmals länger ins Ausland und unterrichte am Goethe-Institut im indischen Bangalore. Dorthin reiste sie noch alleine, aber als sie 2007 für fünf Jahre das DAAD-Lektorat in Odessa antrat, nahm sie ihren Mann und ihren Sohn mit. Die beiden folgten ihr 2013 auch in die USA. „Mein Mann ist freier Künstler und kann überall arbeiten“, sagt sie. Ihr Sohn spricht nicht nur fließend Russisch und Englisch; er hat nun auch schon drei sehr unterschiedliche Schulsysteme kennengelernt.
So profitiert die ganze Familie vom interkulturellen Austausch. Anett Geithner betätigt sich gern als Kulturmittlerin, etwa indem sie als DAAD-Lektorin Netzwerke zu Menschen knüpft, die sich für Deutschland, seine Kultur und Forschungslandschaft interessieren. Oder indem sie mit ihren Studierenden über die Entwicklung in Europa diskutiert. „Wie schafft es Deutschland, so viele Flüchtlinge aufzunehmen?“, wird sie gefragt. „Welche Rolle wird Deutschland künftig in der Europäischen Union spielen?“
Wiederholt hat sich Anett Geithner in den vergangenen Jahren von Vorurteilen verabschiedet – schon in Bangalore und in Odessa. Das US-Amerikanern mitunter nachgesagte Desinteresse an anderen Ländern kann sie nicht beobachten. Vielmehr erlebt sie in Rhode Island immer wieder Interesse an Deutschland – und nicht nur ihre Studierenden sind gut informiert. An ihrer Universität hat übrigens die Wahl Donald Trumps zu großen Diskussionen geführt. Anett Geithner möchte der aktuell aufgeladenen politischen Situation möglichst gelassen begegnen. Sie sagt aber auch: „Meine Kollegen und ich hoffen, dass sich aktuelle Befürchtungen mit Blick auf die Hochschulpolitik nicht bestätigen.“
Josefine Janert (11. Januar 2017)
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