Mit Graduiertenkollegs für den globalen Wandel
DAAD/Michael Meinhard
Lars Gerold: "Gerade im Kontext der Sustainable Development Goals ist es im Interesse der deutschen Hochschulen, die Diskussion auch mit einem Partner im globalen Süden zu führen"
Mit den „Sustainable Development Goals“ (SDG) verfolgen die Vereinten Nationen 17 nachhaltige Entwicklungsziele. Ein neues DAAD-Programm fördert weltweit den Aufbau von sieben Graduiertenkollegs, die sich der Agenda der SDG verpflichtet fühlen. DAAD Aktuell stellt die mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Kollegs mit ihren deutschen und internationalen Partnern in loser Folge vor und hat zum Auftakt der Artikelserie mit Lars Gerold, Leiter des Referats „Hochschulstrukturförderung in der Entwicklungszusammenarbeit“ im DAAD, gesprochen.
Herr Gerold, der DAAD fördert den Aufbau von sieben Graduiertenkollegs, die sich mit den „Sustainable Development Goals“ (SDG) beschäftigen. Welche Ziele verfolgt das Programm „Bilaterale SDG-Graduiertenkollegs“?
Lars Gerold: Die Vereinten Nationen haben im Jahr 2015 die Entwicklungsagenda „Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development“ verabschiedet. Darin sind 17 gemeinsame Anforderungen an Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer formuliert wie etwa die Bekämpfung von Hunger- und Armut, der Umweltschutz oder die Förderung friedlicher, gerechter und inklusiver Gesellschaften. Hochschulen sollen helfen, diese SDG zu erreichen. Mit dem neuen Programm möchten wir es Hochschulen in Entwicklungsländern und ihren deutschen Partnerhochschulen ermöglichen, dass sie die Umsetzung der SDG mit den Graduiertenkollegs zielgerichtet unterstützen. Der DAAD fördert den Aufbau von Graduiertenkollegs an sieben Hochschulen im globalen Süden, vier davon in Afrika, zwei in Südamerika und eines in Asien.
Wie funktioniert die bilaterale Partnerschaft?
Etablierte deutsche Universitäten helfen ihren Partnern vor Ort beim Aufbau von Strukturen für Lehre und Forschung im Graduiertenbereich. Sie bringen Know-how und wissenschaftliche Kenntnisse ein, etwa indem sie Ideen für Curricula beisteuern oder Professoren für die Lehre und Forschung entsenden. Es soll aber nichts aus Deutschland eins zu eins übernommen werden. Die Lehrpläne beispielsweise sollen an lokale Gegebenheiten angepasst werden. Die Teilnehmer sollen in einen wissenschaftlichen Diskurs treten, deshalb richten sich die Kollegs überwiegend an Promotionsstudierende und Postdocs. Je nach Bedarf vor Ort werden aber auch Angebote für Masterstudierende entwickelt. Die an den Graduiertenkollegs ausgebildeten Fachkräfte sollen später mithelfen, entwicklungsrelevante Fragestellungen zu beantworten.
Mit welchen SDG beschäftigen sich die sieben Einrichtungen?
Auf SDG 11, die nachhaltige Entwicklung von Städten und Siedlungen, konzentriert sich zum Beispiel ein Graduiertenkolleg der südafrikanischen University of Witwatersrand und der Technischen Universität Berlin: Die Forscher widmen sich dem Städtebau und der Raumplanung. Ein Graduiertenkolleg in Nigeria, an dem die Universität Hildesheim beteiligt ist, analysiert den Zusammenhang von Kultur und politischen Konflikten, denn in Nigeria ist durch den Terror von Boko Haram das kulturelle Erbe in Gefahr. Kultur, Kunst und Musik sollen Brücken schlagen und zum Friedensprozess in der Region Westafrika beitragen. Ein Graduiertenkolleg in Peru beschäftigt sich wiederum mit Aspekten der Ungleichheit in den Gesellschaften Südamerikas. Klimaschutz und Ernährungssicherheit sind weitere Themen, die in anderen Kollegs thematisiert werden. Wir fördern insgesamt eine sehr interessante Vielfalt an Themen.
Wie kamen die Partner zusammen?
Die Hochschulen kennen sich zum Teil schon seit mehreren Jahren. Es gab schon gemeinsame Forschungsprojekte oder einen Austausch von Studierenden und Forschern. Es gibt aber auch Partnerschaften, die noch nicht so lange existieren. Die jeweiligen Hochschulen haben nun die Möglichkeit dank der hohen finanziellen Förderung von bis zu 450.000 Euro pro Jahr und pro Projekt das gemeinsame Vorhaben in den nächsten fünf Jahren auf eine neue Ebene zu heben und institutionell zu verankern. Das bringt eine neue Qualität der Zusammenarbeit.
Wie stark war das Interesse deutscher Hochschulen an der Ausschreibung zu den Graduiertenkollegs?
Die Resonanz war sehr gut: Fast 30 Anträge wurden eingereicht. Und die Anforderungen, sich detailliert zu den Projektkonzepten zu äußern, waren sehr hoch. Die deutschen Hochschulen erhoffen sich insbesondere, die Internationalisierung der eigenen Einrichtung voranzutreiben und ihr Forschungsprofil zu schärfen. Gerade im Kontext der SDG ist es im Interesse der deutschen Hochschulen, die Diskussion in den verschiedenen Fachbereichen auch mit einem Partner im Süden zu führen. Man sollte sich dem Diskurs über diese Ziele nicht nur im Norden stellen, sondern muss das als wissenschaftlichen Austausch zwischen Norden und Süden gestalten.
Eine nach deutschen Maßstäben hochwertige Graduiertenausbildung in Entwicklungsländern anzubieten, ist kein einfaches Unterfangen. Wie hilft der DAAD dabei, dass die Kooperation zum Erfolg wird?
Ein zentrales Element, das wir erstmals von Anfang an in einem so großen Format eingeführt haben, ist das wirkungsorientierte Monitoring. Mit diesem Planungs- und Steuerungsinstrument können die Antragsteller einen Projektplan erstellen, mit dem sie verfolgen können, ob und wie sie ihre Ziele erreichen. Dieses Instrument wird auch deshalb von uns zur Verfügung gestellt, damit wir die Projekte besser begleiten können. Diese Art der Dokumentation ist im Kontext der nachhaltigen Umsetzung der SDG von besonderer Bedeutung. Wir helfen zudem mit unserem Wissen darüber, wie sich Projekte im Ausland umsetzen lassen. Darüber hinaus beraten wir die Hochschulen in vielen Fragen der Projektumsetzung, beispielsweise bei der Organisation von fairen und transparenten Auswahlprozessen bei Stipendienvergaben.
Interview: Benjamin Haerdle (25. Januar 2017)