Leibniz-Preise für DAAD-Alumni: Professor Lutz Ackermann im Porträt

DFG/Ausserhofer

Lutz Ackermann: "Das Klischee meint, Biologie sei grün und Chemie umweltverschmutzend"

Organische Chemie ist das Forschungsgebiet von Professor Lutz Ackermann – die Chemie der Kohlenwasserstoffe, ja des Lebens. Für seine herausragenden Leistungen, die auch zur Schonung von Umwelt und Ressourcen beitragen, erhält der DAAD-Alumnus den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis.

„Welcome to the Ackermann Group“ steht auf der Internetseite der Georg-August-Universität Göttingen, wenn man den Chemieprofessor Lutz Ackermann sucht, vorneweg ein Foto mit über 40 Gesichtern aus aller Welt. Lutz Ackermann, der in Göttingen seit 2015 das Institut für Organische und Biomolekulare Chemie leitet, ist ein weltweit beachteter Chemiker und Preisträger, aber er versteht sich auch als Mitspieler in einem internationalen Team.

Ausgezeichneter Chemiker und Teamplayer

Mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2017 wird Lutz Ackermann für von ihm und unter seiner Leitung entwickelte Synthesemethoden geehrt, mit denen man langfristig zum Beispiel Medikamente und Pflanzenschutzmittel herstellen kann. Bildhaft ausgedrückt ist seine Gruppe eine Art Architekturbüro: Auf der Ebene molekularer Strukturen entwickelt es einerseits effektive Bauweisen für Bekanntes – und schafft andererseits neue Architekturen. „Wir entwickeln verbesserte Synthesewege und machen neue Strukturen zugänglich, die dann in Kooperation mit akademischen Gruppen aus der Medizin oder auch mit Industrieunternehmen getestet werden können“, erklärt Ackermann.

Das „Wir“ ist ihm wichtig, denn wie man in einer großen Gruppe arbeitet, hat er sich schon als Postdoktorand genau angesehen, als er 2001 ein Jahr lang mit einem DAAD-Stipendium in Berkeley in den USA forschte. So ein Forschungsaufenthalt im Ausland sei nicht nur für die Entwicklung der Persönlichkeit und die eigenen wissenschaftlichen Ideen wichtig, sagt der DAAD-Alumnus. „Ich war dort auch erstmals Teil eines größeren Teams, habe viel über die Interaktion in der Gruppe gelernt und neue Ideen gewonnen, wie man gut miteinander arbeitet.“ Das habe ihn nachhaltig geprägt und davon profitiere er bis heute.

Neue Verbindungen für „grüne Chemie“

Nachhaltigkeit ist überhaupt zentral für den Wissenschaftler. In den USA gehört das, was in seinem Göttinger Chemielabor geschieht, zur „Green Chemistry“. In Deutschland lautet der Anspruch: nachhaltige organische Synthesechemie.

„Das Klischee meint, Biologie sei grün und Chemie umweltverschmutzend“, sagt Lutz Ackermann. Er arbeitet gegen dieses Vorurteil. Zum Beispiel, indem er Katalysatoren einsetzt, um die als reaktionsträge bekannte Bindung zwischen Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) für neue chemische Verbindungen anzuregen – funktionale Verbindungen, die ihren Einsatz in Medikamenten gegen Krebs oder Bluthochdruck finden oder zu neuartigen Pflanzenschutzmitteln beitragen könnten. Das sei ein unüblicher Weg in traditionellen Syntheseverfahren – gerade wegen der Trägheit von C-H-Bindungen, erklärt Ackermann. Einfach ausgedrückt lässt sich das Wasserstoffatom nur ungern und schwer vom Kohlenstoff loseisen und austauschen. „Normalerweise braucht man vier oder fünf Reaktionsschritte, um zu einem gewünschten Produkt, zum Beispiel zu einem Medikament zu kommen – in unserem Verfahren genügt ein Schritt.“ Weniger Reaktionsschritte bedeuten weniger Abfallprodukte, die mitunter aufwendig entsorgt werden müssen. Die internationale Resonanz auf Ackermanns Forschung ist entsprechend groß.

Es werde Licht

Die Entwicklung neuer Synthesemethoden zielt auch auf funktionale Materialien – zum Beispiel auf die sogenannten OLEDs (organic light emitting diodes). Sie haben schon heute Bedeutung für Bildschirme von Smartphones oder Tablet-Computern. „Langfristig wird das noch breitere Anwendung finden“, sagt Ackermann, der an einfacheren Herstellungsmethoden arbeitet. Mit dem Preisgeld will der Leibniz-Preisträger noch anderes Licht ins Dunkel bringen: „Wir möchten Methoden entwickeln, die es zum Beispiel erlauben, Fluoreszenz-Farbstoffe direkt in Biopolymere einzuführen – bioorthogonale Reaktion heißt das Fachwort.“ Das darf man sich vorstellen, als ob man einem Mechaniker der menschlichen Zelle – einem Protein vielleicht – unauffällig eine Lampe anheftet und ihm dann bei der Arbeit zuschauen kann. Molekulare Mechanismen zu beleuchten ist hilfreich, wenn man wissen will, wie ein Medikament biochemisch wirken soll. „Da sind wir noch in einem frühen Stadium“, sagt der ausgezeichnete Wissenschaftler – und freut sich mit seinen Mitstreitern umso mehr auf die durch den Leibniz-Preis angestoßenen Aktivitäten.

Bettina Mittelstraß (3. März 2017)