German American Conference: Die transatlantischen Beziehungen im Blick
German American Conference/David Elmes
Studierende als Organisatoren: das Team der German American Conference 2017
Die German American Conference an der Harvard University ist ein einzigartiges Event: viel Prominenz aus Politik und verschiedenen Gesellschaftsbereichen – und viele Studierende, die das Treffen als Organisatoren auf die Beine stellen. Auch der DAAD war auf der vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen 9. German American Conference präsent. Ulrich Grothus, stellvertretender Generalsekretär des DAAD, nahm an einer Diskussionsrunde über die Zukunft der Bildung – speziell mit Blick auf die Digitalisierung – teil. Und er begrüßte gemeinsam mit Dr. Sibylle Kalmbach, stellvertretende Generalsekretärin der Studienstiftung des deutschen Volkes, deutsche Studierende in den USA und Kanada bei einem gemeinsamen Stipendiatenempfang. Zwei der DAAD-Stipendiatinnen und auch Dennis Schroeder, ehemaliger Leiter des DAAD-Büros in Teheran, schildern in Kurzinterviews ihre Eindrücke von der German American Conference – und wie sie die transatlantischen Beziehungen persönlich erleben.
privat
Caroline Leicht: "Wenn das repräsentativ ist für die transatlantischen Beziehungen, dann sind wir auf einem guten Weg"
Caroline Leicht, 20 Jahre, aus Leverkusen, studiert North American Studies an der FU Berlin – DAAD-Jahresstipendiatin an der New York University (NYU); Correspondent von „studieren weltweit – ERLEBE ES!“
Frau Leicht, wie hat sich aus Ihrer Sicht das akademische Klima in den USA seit der Wahl von Donald Trump entwickelt?
Caroline Leicht: Das politische Klima an der NYU ist entschieden linksliberal. Niemand hatte mit diesem Wahlergebnis gerechnet. Was ich so aus Deutschland nicht kannte, war die Fixierung auf Umfragen: Die Zahlen, die doch nur einen Trend spiegeln, wurden nicht hinterfragt. Als dann Donald Trump siegte, herrschte Ungläubigkeit und regelrecht Entsetzen. Es gab Proteste und Demonstrationen. Die Universität ist sehr multikulturell, mit Studenten aus aller Welt. Auch nach Trumps Einreisestopp für Muslime gingen die Leute auf die Straße und machten deutlich: Wir stehen hinter unseren Kommilitonen. Für mich war es eine einmalige Chance, die Wahlen vor Ort zu erleben, denn mein Fokus liegt auf Politik und Medien.
Beobachten Sie in den USA besonderes Interesse an Deutschland?
Sobald ich Leuten erzähle, dass ich aus Deutschland komme, fragen sie, wie wir leben und was bei uns politisch vor sich geht. Wenn das repräsentativ ist für die transatlantischen Beziehungen, dann sind wir auf einem guten Weg. Auf der German American Conference habe ich eine junge Amerikanerin kennengelernt, die an der Boston University Internationale Beziehungen studiert und von Sommer an ein Jahr in Dresden verbringen wird. Obwohl sie weiterhin ihre Studiengebühren in den USA zahlen muss, zehntausende Dollar. Aber sie hat nach der High School über das Parlamentarische Patenschafts-Programm ein Jahr in Deutschland verbracht und es lieben gelernt. Wenn sie nach Dresden kommt, werden wir uns wiedersehen.
Wie haben Sie die Atmosphäre auf der German American Conference erlebt?
Die meisten amerikanischen Experten sagten, Deutschland übernehme eine Führungsrolle in der Welt, und sie vertrauten darauf, dass es eine gute Führungsrolle sei. Dieser Anspruch hat mich überrascht, aber auch gefreut. Spannend fand ich auch eine Presserunde, bei der deutsche und amerikanische Korrespondenten mit dem Publikum über die erste Begegnung zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Trump diskutierten. Viele wünschten sich angesichts der Unsicherheiten in der Welt einen Zusammenhalt zwischen Deutschland und den USA – eine Politik der ruhigen Hand. Ich empfinde das auch so.
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Ian Johns
Dennis Schroeder: "Ein wichtiges Gegengewicht zum gegenwärtigen Kurs der US-Politik"
Dennis Schroeder, 35 Jahre, aus Bünde (Ostwestfalen), eingeschrieben für den Mid-Career Master of Public Administration an der Harvard Kennedy School – Mitorganisator der German American Conference
Herr Schroeder, Sie gehören zu den Organisatoren der German American Conference. Warum haben Sie sich engagiert?
Dennis Schroeder: Ich habe mich gleich zu Beginn mit dem Team kurzgeschlossen, weil ich das Projekt großartig finde: eine komplett von Studierenden organisierte Konferenz, die größte ihrer Art in den Vereinigten Staaten. Es ist beeindruckend, dass es den Studierenden gelingt, Persönlichkeiten wie zum Beispiel Siemens-CEO Joe Kaeser oder Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn einzuladen. Es ist deutlich zu merken, wie dicht das transatlantische Netzwerk ist und auf wie vielen Ebenen die Beziehungen über die Jahrzehnte gewachsen sind – ein wichtiges Gegengewicht zum gegenwärtigen Kurs der US-Politik. Die Teilnehmer der German American Conference, vom früheren Staatssekretär im amerikanischen Außenministerium Nicholas Burns bis zum Europaabgeordneten Alexander Graf Lambsdorff, waren sich in ihrer Haltung einig: „Jetzt erst recht!“
Welche Rolle spielt Europa in der amerikanischen Öffentlichkeit?
Die Medien beschäftigen sich zurzeit fast ausschließlich mit Inlandspolitik; Europa findet kaum statt. Aber an Universitäten wie Harvard, der Tufts University oder dem MIT passiert das Gegenteil: Seit der Wahl von Donald Trump sind mehrere Studierendeninitiativen gegründet worden, von jungen Amerikanern und Europäern, die sich über Themen austauschen wie soziale Marktwirtschaft oder die Europäische Union. Damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Das ist eine richtige Graswurzelbewegung.
Was bringt Sie nach Harvard?
Ich habe in den vergangenen Jahren für den DAAD in der Hochschul- und Wissenschaftskooperation gearbeitet und gesehen, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungshilfe, aber auch in den diplomatischen Beziehungen leisten kann. Nach drei Jahren in Sri Lanka wurde ich ab 2013 Leiter des neuen DAAD-Büros in Teheran. Wir hatten dort mehr Zugang zu Universitäten, Forschungsstellen und Ministerien als Vertreter der Botschaften. Diese Erfahrung im Bereich der Wissenschaftsdiplomatie hat mich nach Harvard gebracht. Ich interessiere mich für Policy Design: Wie lassen sich Strukturen so gestalten, dass internationale Hochschul- und Wissenschaftsbeziehungen einen politischen Mehrwert bringen? Auf diesem Gebiet möchte ich auch später arbeiten.
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Michael Guffler
Pauline Hehn: "Kanadische Politiker heben oft Gemeinsamkeiten mit Deutschland und der EU hervor"
Pauline Hehn, 22 Jahre, aus Hennef (Sieg), studiert Psychologie in Freiburg – DAAD-Jahresstipendiatin an der University of Ottawa, Kanada
Frau Hehn, auch Sie haben die German American Conference besucht. Ihr Fazit?
Pauline Hehn: Es war ein spannendes Erlebnis. Die Atmosphäre fand ich überraschend formell, alle Männer trugen Anzüge und die Frauen Business-Kostüme. Obwohl der Schwerpunkt auf Politik und Wirtschaft lag und damit nicht auf meinem Fachbereich, waren auch für mich interessante Vorträge dabei. Mir war zum Beispiel nicht bewusst, wie prägend es für die deutsch-amerikanischen Beziehungen angesehen wird, dass Deutschland zwei Prozent seines Haushalts für Verteidigung ausgibt. Eine andere Diskussion betraf Demokratie und Social Media: Warum verbreiten sich frei erfundene Nachrichten? Die Erklärung war, dass Menschen gern Dinge posten, auf die sie – wie bei kontroversen Meldungen – viele Rückmeldungen bekommen. Es geht also um Anerkennung und nicht darum, ob die Information richtig ist. Dieser Mechanismus ist mir aus der Psychologie vertraut.
Wie erleben Sie den kanadischen Blick auf Deutschland und Europa?
Kanadische Politiker heben oft Gemeinsamkeiten mit Deutschland und der EU hervor, zum Beispiel in der Handelspolitik. Aber in der Bevölkerung ist das Wissen über Europa nicht sehr ausgeprägt. Es kann passieren, dass man gefragt wird, wo Deutschland liegt oder ob Norwegen eine Insel ist. Nach meinem Eindruck würden viele Studenten gern eine Zeit lang in Europa studieren, aber die meisten können sich das einfach nicht leisten.
Warum studiert man Psychologie in Ottawa?
Nordamerika ist führend in der psychologischen Forschung. Mit dem Austauschprogramm meiner deutschen Uni hätte ich, wenn ich in die USA gewollt hätte, den Ort nicht aussuchen können. Deshalb wählte ich Kanada und habe es nicht bereut. Ottawa bietet ein sehr breites Spektrum in der Psychologie, mit vielen Wahlfächern. Weil es auch zwischen 19 und 22 Uhr Seminare gibt, können Praktiker unterrichten. Meine Dozentin in forensischer Psychologie etwa arbeitet im Hauptberuf mit Straftätern. Es gibt zahlreiche Labore, die auch Studenten nutzen dürfen. Für eine Studie über den Einfluss von Koffein beispielsweise haben wir eine ganze Nacht im Schlaflabor verbracht und morgens die Daten verglichen. So etwas wäre in Freiburg nicht möglich.
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Kurzinterviews: Christine Mattauch (19. April 2017)