Going Global 2017: Neue Leitlinien für Daten zur Transnationalen Bildung
British Council/David Adamson
Treffpunkt der Hochschulwelt: die Going Global 2017 in London
Die dreitägige Bildungskonferenz Going Global brachte in London eine Vielzahl von Themen zur Diskussion. Der DAAD und der British Council stellten einen neuen Klassifizierungsrahmen und Leitlinien zur Datenerhebung vor, die wertvolle Orientierung im Feld der Transnationalen Bildung bieten.
„Wir müssen nicht wählen zwischen dem Lokalen, dem Nationalen und dem Globalen. Und wir können es auch gar nicht in einer Welt, in der globale Kooperation keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist – und in der das Lokale und Globale unwiderruflich miteinander verflochten sind.“ Professor Janet Beer, Vice-Chancellor der University of Liverpool und Vizepräsidentin von Universities UK, brachte den Anspruch der Going Global gleich zum Auftakt der Bildungskonferenz in London auf den Punkt.
British Council/David Adamson
Internationales Auditorium: Teilnehmer der Going-Global-Eröffnungsveranstaltung
Seit jeher widmet sich die Konferenz des British Council den internationalen Beziehungen von Universitäten und den Chancen und Herausforderungen, die sich aus ihnen ergeben. Welche Rolle dabei Metropolen spielen, war auf der diesjährigen Konferenz unter dem Titel „Global cities: connecting talent, driving change“ das Oberthema. Aber auch abseits dieses Schwerpunkts standen zentrale Themen des internationalen Hochschulsektors im Mittelpunkt. Etwa die Flüchtlingskrise, der der British Council und der DAAD auch in einem gemeinsamen Projekt begegnen: im EU-geförderten Programm HOPES („Higher and Further Education Opportunities and Perspectives for Syrians“), das syrischen Flüchtlingen den Zugang zur Hochschulbildung in den Aufnahmeländern Libanon, Jordanien, Ägypten, Irak und der Türkei ermöglicht. Dr. Carsten Walbiner vom DAAD leitet HOPES als Programmdirektor und nahm auf der Going Global an einer Session teil, in der eine neue Studie des British Council und des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR vorgestellt wurde.
Die Studie gibt Einblicke, wie junge, geflüchtete Syrerinnen und Syrer ihre Bildungschancen in den Aufnahmeländern Jordanien, Türkei und Libanon sehen. „Eine Studie zu haben, die sich ausschließlich auf die Perspektive der Studierenden konzentriert, ist sehr selten und hilfreich“, hob Walbiner hervor. Etwa in der Diskussion, ob sich Stipendien auf Fächergruppen konzentrieren sollten, die einen unmittelbaren Bezug zu einem Wiederaufbau Syriens haben. „Die neue Studie gibt uns viele Argumente, einen solchen Ansatz nicht zu verfolgen“, so Walbiner. „Stipendien an junge Leute zu vergeben, bedeutet mehr, als die Anforderungen eines Marktes zu bedienen.“
Innovativer Report
Ein weiteres gemeinsames Projekt von DAAD und British Council stellte eine von DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland moderierte Session vor. Der Fokus der Zusammenarbeit: das Feld der Transnationalen Bildung, die vom DAAD auf vielfältige Weise gefördert wird, etwa über Unterstützung für den Aufbau von Studienangeboten deutscher Hochschulen im Ausland, aber auch für die Gründung binationaler Hochschulen in Ländern wie zum Beispiel Jordanien, Vietnam oder Ägypten.
British Council/David Adamson
Dorothea Rüland: "Es gab keine einheitliche Definition von Transnationaler Bildung"
Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Report „Transnational education: a classification framework and data collection guidelines for International Programme and Provider Mobility (IPPM)“ von Professor Jane Knight und John McNamara ist Teil einer mehrjährigen Zusammenarbeit von British Council und DAAD: Bereits 2014 befasste sich eine Studie mit den Auswirkungen Transnationaler Bildung auf die gastgebenden „Sitzländer“. 2015 analysierte eine weitere Studie den Stand der Datenerhebung zu Transnationaler Bildung sowohl in Sitz- als auch in „Entsenderländern“. DAAD-Generalsekretärin Rüland erinnerte daran, dass durch diese ebenfalls von Jane Knight und John McNamara durchgeführten Studien „eine in gewisser Weise chaotische Situation“ offenbar wurde: „Ein Ergebnis war, dass es keine einheitliche Definition von Transnationaler Bildung und kein passendes Datenmaterial gab.“
British Council/David Adamson
Jane Knight: Plädoyer für Begriffsschärfe
Auf diese Situation antwortet die neueste Arbeit, die eine wertvolle Vorlage bietet für die Erhebung von Daten zu Transnationaler Bildung als Mittel der politischen Steuerung, aber auch zur Qualitätssicherung. Zumal sie einen neuen, klar definierten Begriff einführt: „Der Begriff ‚International Programme and Provider Mobility‘ (IPPM) unterscheidet klar zwischen der Mobilität von Studiengängen und Anbietern und der Mobilität von Studierenden, Lehrenden und Hochschulmitarbeitern“, erläuterte Jane Knight in der Session zur Vorstellung des Reports. Knight, die am Ontario Institute for Studies in Education der University of Toronto forscht und zu den weltweit gefragtesten Bildungsexpertinnen zählt, lenkte in ihrem Vortrag die Aufmerksamkeit auf die in dem Klassifizierungsrahmen herausgearbeiteten sechs Kategorien von IPPM, von denen sich wiederum drei einem „unabhängigen“ TNB-Ansatz zuordnen lassen: Franchise-Programme von Hochschulen, internationale Filialcampus und das vom „Entsenderland“ aus ermöglichte Fernstudium ohne lokale Präsenz der jeweiligen anbietenden Hochschule. Diese drei Kategorien verbindet, dass das Entsenderland die alleinige Verantwortung für das Studienprogramm, die Vergabe des Abschlusses und die externe Qualitätssicherung oder Akkreditierung trägt. Dem steht der „kollaborative“ Ansatz gegenüber, dem die TNB-Kategorien Partnerschaftsprogramme (etwa für Doppelabschlüsse), gemeinsame Universitätsgründungen und das Fernstudium mit einer hochschulischen Partnerinstitution vor Ort zuzurechnen sind.
Internationale Konsultationen
Ein partnerschaftlicher Ansatz ist grundlegend für die vom DAAD geförderten Angebote der Transnationalen Bildung. Dazu passt, dass die von British Council und DAAD erarbeiteten Leitlinien und der Klassifizierungsrahmen auch auf der Basis mehrerer internationaler Arbeitstreffen entstanden sind: So kam etwa im Januar 2016 eine erste beratende Arbeitsgruppe in Bonn zusammen, mit Teilnehmern aus Deutschland, Ägypten, Botswana, Großbritannien, Mauritius und Thailand. Und erst im März 2017 versammelte eine Veranstaltung der DAAD-Außenstelle Kairo mehr als zwanzig Experten aus der MENA(Middle East and North Africa)-Region zur „Policy Consultation on Transnational Education“.
Die ägyptische Hauptstadt ist auch Heimat der German University in Cairo (GUC), der mit rund 12.000 Studierenden und Doktoranden größten binationalen Hochschule mit deutscher Beteiligung im Ausland. „Ägypten ist mittlerweile auch als Entsenderland aktiv“, hob während der Going-Global-Session John McNamara hervor. Und neben ihm betonte auf dem Podium Professor Ashraf Hatem, Generalsekretär des ägyptischen Supreme Council of Universities (SCU), den Wert, den Klassifizierungsrahmen und Leitlinien für die Weiterentwicklung der TNB-Angebote haben: „Es ist wichtig, gemeinsame Standards zu fördern.“ Das unterstrich auch Dr. Warren Fox, Leiter der Hochschulabteilung der Knowledge and Human Development Authority in Dubai, der sich im Rahmen der Quality Beyond Boundaries Group (QBBG) für die Qualitätssicherung in der Transnationalen Bildung einsetzt. „Ich denke, der Report wird sehr nützlich sein.“ Gerade in der Region der arabischen Halbinsel, in der die Gewinnung von TNB-Daten zu Analysezwecken nicht etabliert sei. „Das umfangreiche Arbeitsergebnis kann dazu beitragen, dass die Qualitätssicherungsagenturen und Mitglieder der QBBG eine gemeinsame Sprache haben.“
Johannes Göbel (31. Mai 2017)