Bildungssysteme international: Die Wissensarbeit des DAAD

DAAD/Norbert Hüttermann

Zeit für tiefergehende Informationen: Der DAAD stellt zahlreiche Publikationen zur Verfügung, auch digital

Die neuen Bildungssystemanalysen des DAAD bieten fundierte Informationen zu zahlreichen Ländern. Die digitalen Publikationen sind kostenfrei zugänglich, unter anderem auf den Länderinformationsseiten des DAAD. Dr. Klaus Birk, Leiter des Bereichs Wissen und Netzwerk im DAAD, spricht im Interview über den Wert der Bildungssystemanalysen – und ihre Bedeutung in der weiter gefassten DAAD-Strategie zur Wissensvermittlung.

Herr Dr. Birk, der DAAD informiert seit Längerem vielfältig über internationale Entwicklungen: zum Beispiel mit seinen Länderinformationsseiten oder mit den Berichten der DAAD-Außenstellen. Warum wurde das regionale „Wissensangebot“ mit den Bildungssystemanalysen erweitert?

Klaus Birk: Die Bildungssystemanalysen schließen eine Lücke: Während die Berichte der DAAD-Außenstellen aktuelle Entwicklungen in den jeweiligen Ländern schildern, zum Beispiel auch in der Politik, und wir auf unserer Website natürlich seit Langem über Teilaspekte, einzelne DAAD-Programme und -Aktivitäten informieren, bieten wir nun erstmals eine systematische Darstellung des jeweiligen Hochschul- und Bildungssystems frei zugänglich an. Wir konnten dafür Erfahrungen aus unseren bisherigen, internen Bildungsmarktanalysen nutzen. Die persönliche Beratung einzelner Hochschulen, Professoren und Studierender bleibt selbstverständlich ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Durch die Bildungssystemanalysen können wir aber große Zielgruppen ungleich schneller mit den gebündelten Informationen erreichen. Bei der Auswahl der Länder haben wir uns bisher auf die international bedeutendsten Bildungssysteme und zahlreiche weitere Länder konzentriert, in denen der DAAD mit Außenstellen oder Informationszentren vertreten ist.

"Wissensarbeit des DAAD": Interview mit Dr. Klaus Birk

DAAD

Klaus Birk: "Immer mit dem Blick auf Konsequenzen für die deutschen Hochschulen"

Was war Ihnen in redaktioneller Hinsicht besonders wichtig?

Besonderen Wert haben wir auf eine klare, einheitliche Struktur der Bildungssystemanalysen gelegt. So finden Sie zum Beispiel in jeder Analyse das gleichermaßen strukturierte Kapitel 4 „Internationalisierung und Bildungskooperation“, immer mit den identischen Unterpunkten „Kennzahlen der Internationalisierung“, „Internationalisierung des Hochschulsystems“, „Bildungskooperationen und Partnerorganisationen“ sowie „Deutschlandinteresse“. Diese kompakten Kapitel und Unterkapitel haben auch den Vorteil, dass der Leser schnell die für ihn relevanten Punkte identifizieren und nutzen kann. Aktuell arbeiten wir zudem an einer Weiterentwicklung: In absehbarer Zeit soll es möglich sein, zu verschiedenen Einzelthemen mit ein paar Klicks aus mehreren Bildungssystemanalysen ein neues Dokument zu erstellen. So können Sie dann etwa die Studiengebühren-Situation in Osteuropa oder die Internationalisierungsstrategien der BRICS-Staaten zusammenfassen.

Gibt es inhaltliche Schwerpunkte der Bildungssystemanalysen, die Sie hervorheben möchten?

Am deutlichsten zeigt vielleicht Kapitel 3 über das Hochschul- und Bildungswesen des jeweiligen Landes, was wir mit den Bildungssystemanalysen erreichen wollten. Auch im Kapitel 3 findet man die entsprechenden Unterkapitel – etwa zu den unterschiedlichen Hochschultypen, zum Hochschulzugang oder zu den Punkten Qualitätssicherung und Steigerung – kompakt zusammengefasst. Wenn nun zum Beispiel eine deutsche Hochschule eine Delegationsreise nach Thailand plant, kann der DAAD ihr über die entsprechende Bildungssystemanalyse direkt die wichtigsten Informationen über das thailändische Hochschul- und Bildungswesen zur Verfügung stellen. Aber die Bildungssystemanalysen bieten noch weiter gehende Informationen, etwa in einem eigenen Kapitel zu den Herausforderungen und Empfehlungen für deutsche Hochschulen. Auch auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Bevölkerungsentwicklung eines Landes wird eingegangen – immer mit dem Blick auf Aspekte, die Konsequenzen für die Entscheidungen deutscher Hochschulen haben könnten.

Wer sind die Autoren der Bildungssystemanalysen?

Die Autoren gehören zum weltweiten DAAD-Netzwerk: Es sind Kolleginnen und Kollegen an den Außenstellen sowie vom DAAD-geförderte Lektoren an den Informationszentren und ausländischen Hochschulen. Wir haben uns nicht auf Schreibtischarbeit von Deutschland aus verlassen, sondern auf das Wissen und die oftmals langjährige Erfahrung der Expertinnen und Experten vor Ort Wert gelegt.

Wie fügt sich die Einführung der DAAD-Bildungssystemanalysen in die weiter gefasste Strategie des DAAD zur Wissensvermittlung?

Die Bildungssystemanalysen müssen im Kontext der DAAD-Strategie 2020 gesehen werden, deren dritter zentraler Punkt „Wissen für Wissenschaftskooperationen“ ist. Wir haben mit der 2013 erarbeiteten Strategie beschlossen, das Wissen des DAAD einem breiteren Publikum systematischer zur Verfügung zustellen. Wir sehen uns nicht als reine Stipendienorganisation, die lediglich Geld verteilt. Aufgrund unseres einmaligen internationalen Netzwerks können wir wie keine andere Organisation zu den weltweiten Hochschulsystemen Auskunft geben und beraten. Unsere Arbeit reicht von der Beteiligung an politischen Diskursen zur Internationalisierung bis zu detaillierten Informationen als Service-Angebot für die deutschen Hochschulen. Dabei bietet der DAAD mehrere Publikationen an, neben den Bildungssystemanalysen zum Beispiel auch „Blickpunkte“ zu hochschulpolitischen Diskussionen oder Länderprofile im Rahmen der Arbeit des Konsortiums Internationales Hochschulmarketing GATE-Germany. Alle diese Angebote sind kostenfrei zugänglich. Das ist uns als Verein der deutschen Hochschulen wichtig.

Interview: Johannes Göbel (28. Juni 2017)