Nichtwissenschaftliches Hochschulpersonal: International mobil – aus gutem Grund
DAAD/Silke Mayer Photography
Gemeinsam neue Perspektiven entdecken – das war eines der Ziele der Tagung "Staff mobil"
Nicht nur für Studierende und Forschende, auch für nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hochschulen ist ein beruflicher Auslandsaufenthalt sinnvoll. Zumal er gefördert werden kann, etwa durch das Erasmus+ Programm. Über „Perspektiven und Wege für die Mobilität des nichtwissenschaftlichen Hochschulpersonals“ tauschten sich in Berlin die Teilnehmenden einer von der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD organisierten Tagung aus.
Nichtwissenschaftliches Hochschulpersonal – das sind zum Beispiel Mitarbeitende der Akademischen Auslandsämter, der IT- und Finanzabteilungen, der Bibliotheken, Archive und Labore sowie der Pressestellen, Marketingbüros oder der zentralen Dienste der Hochschulen. Viel seltener als Wissenschaftler und Studierende gehen sie bisher ins Ausland. Da jedoch immer häufiger internationale Gäste die verschiedenen Einrichtungen der Hochschulen nutzen, werden auch von den entsprechenden Mitarbeitenden interkulturelle Kompetenzen und sichere Fremdsprachenkenntnisse erwartet. Gleichzeitig können sich diese durch Auslandsaufenthalte beruflich weiterentwickeln, wenn sie etwa an einer internationalen Tagung teilnehmen oder in der Fachabteilung einer Partneruniversität hospitieren.
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Konzentration und Reflexion: Die Tagungsteilnehmenden tauschten zahlreiche Ideen aus
Über die vielfältigen Vorteile von Auslandserfahrungen herrschte Konsens unter den Teilnehmenden der Berliner Tagung mit dem Motto „Staff mobil“ am 28. Juni 2017. Trotzdem sind viele Fragen offen. Auf einige von ihnen verwies auch Martin Schifferings, Leiter des Referats Politikunterstützung der Nationalen Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD, in seiner Begrüßungsrede: Wer vertritt die nichtwissenschaftlichen Mitarbeitenden, wenn sie etwa zu einer „International Staff Week“ aufbrechen? Wirken sich längere Auslandsaufenthalte auf die Rentenansprüche aus? Mehrere Teilnehmende der Tagung ergänzten weitere, oft ganz praktische Fragen: Wo können alleinerziehende Eltern während ihres Auslandsaufenthaltes ihre Kinder unterbringen? Wie erfahren sie überhaupt von der Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, wenn sie etwa als Techniker für die Hochschule arbeiten und weniger Einblicke in die Chancen haben, die das internationale Netzwerk auch für sie bietet.
„Reisen dürfen nur die Professoren“ oder „Wenn die Sekretärin für einen Englischkurs ins Ausland fährt, macht sie doch dort nur Urlaub“ ‒ solche falschen Vorurteile sind nach Eindruck der Tagungsteilnehmenden häufig zu hören. Dr. Tim Breitbarth von der Faculty of Management der britischen Bournemouth University forderte in seinem Einführungsvortrag, dass sich die „Organisationskultur“ der Hochschulen weiter verändern müsse. Diese müsse die Mitarbeitenden mit ihrer jeweiligen Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellen. Ihnen müsse vermittelt werden, dass ihre Erfahrungen und Erlebnisse aus dem Ausland für die Hochschule einen Mehrwert bringen, den sie nach ihrer Rückkehr direkt im Berufsalltag einsetzen können.
Mitarbeitende müssen auf allen Ebenen „mitziehen“
Selbstverständlich ist die Wertschätzung international mobiler Hochschulmitarbeitender noch nicht. „Die Bedenkenträger können überall in der Hochschule sitzen“, sagte Bianca Köndgen, stellvertretende Leiterin des Referats für Internationale Angelegenheiten an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Mitunter habe sie nach einem Personalwechsel von Neuem mit der Überzeugungsarbeit beginnen müssen. Die Teilnehmenden der Tagung stimmten darin überein, dass Menschen auf allen Ebenen der Hochschulen „mitziehen“ müssen, damit das Konzept „Staff mobil“ funktioniert – nicht zuletzt die Führungskräfte, die ja mit den Dienstreisen ihrer jeweiligen Kolleginnen und Kollegen einverstanden sein müssen.
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Bianca Köndgen: Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen der Hochschulen
Dr. Sandra Kraze, Expertin für europäische Hochschulmobilität aus Lettland, benannte einen der vielen Vorteile: „Auslandserfahrene Kollegen helfen den Hochschulen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sie zu verbessern.“ Die BA School of Business and Finance in Riga, an der sie tätig ist, habe dank des fachlichen Austausches der nichtwissenschaftlichen Mitarbeitenden ihr internes Informationssystem verbessern können. Ähnliches berichtete Marco Lange, der für die Universität Göttingen das 2008 gegründete U4-Netzwerk der Universitäten Göttingen, Gent, Groningen und Uppsala mit koordiniert; eine Allianz, die von 2013 bis 2016 als Strategische Partnerschaft vom DAAD gefördert wurde: Nachdem eine der Partnerhochschulen mit einer neuen Software unzufrieden war, wurde diese an einer anderen gar nicht erst eingeführt. Als dagegen an den Partnerhochschulen Koordinationsstellen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit eingerichtet wurden, profitierten Lange und seine Kollegen von ihren Ideen und schufen an der Georg-August-Universität Göttingen eine ähnliche Stelle.
Wertvolle Erfahrungen weitergeben
An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat man sich damit auseinandergesetzt, dass Studierende und Forschende in der Regel ein Zertifikat über ihren Auslandsaufenthalt bekommen – nichtwissenschaftliche Mitarbeitende jedoch nicht. Die Antwort, die Bianca Köndgen und ihr Team gefunden haben, ist das Zertifikat „Admins going global“, das es seit Herbst 2016 in einer Basisversion und einer Variante für Fortgeschrittene gibt. Dafür müssen die Mitarbeitenden Sprachkurse und interkulturelle Trainings besuchen und für eine begrenzte Zeit ins Ausland gehen. „Ich gehörte zu der ersten Studierendengeneration, die mit Erasmus ins Ausland gekommen ist“, sagte Bianca Köndgen. „Die Auslandserfahrung will ich gern auch meinen Kolleginnen und Kollegen ermöglichen.“
Dass diese Erfahrungen sich lohnen, konnten zahlreiche Teilnehmende der Tagung aus eigenem Erleben bestätigen. Die aus Italien stammende Laura Lombardi arbeitet an der Universität Mainz mit Schwerpunkt Lehrenden- und Personalmobilität im Rahmen von Erasmus+. Am Rande der Veranstaltung erzählte sie von „Staff Trainings“ und Konferenzen in Nordeuropa, an denen sie teilgenommen hat. „In Finnland habe ich gesehen, dass einheimische Familien Patenschaften für Erasmus-Studierende übernehmen und mit ihnen gemeinsame Aktivitäten starten“, berichtete sie. „Auch wenn wir nicht immer alles sofort umsetzen können, was im Ausland gemacht wird: Solche Begegnungen helfen, den eigenen Horizont zu erweitern.“
Josefine Janert (10. Juli 2017)