Austausch der DAAD-Lektoren: Neue Impulse für eine wertvolle Arbeit
DAAD/Eric A. Lichtenscheidt
Für Dialog und Verständigung: DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel im Gespräch mit Lektoren
Die Begegnungen werden immer vielfältiger: Nachdem sich in den vergangenen Jahren eine Sommeruniversität vor dem alljährlichen Sommertreffen der DAAD-Lektoren etablieren konnte, fand nun erstmals auch eine Tagung zur Reflexion der fachlichen Arbeit statt. Allein am Sommertreffen nahmen 231 DAAD-Lektorinnen und -Lektoren aus 70 Ländern teil.
„Die Arbeit macht sehr viel Spaß und darum finde ich mich auch eher mit den schwierigen Bedingungen ab“, sagte Dr. Victoria van der Land, DAAD-Lektorin in Mali. Während des Sommertreffens der DAAD-Lektoren in Bonn berichtete sie aus dem westafrikanischen Land, in dem sie im Oktober 2016 das DAAD-Lektorat an der Université des Lettres et des Sciences Humaines de Bamako übernommen hat. Das Lektorat war zuvor aufgrund von Bürgerkrieg und Terrorgefahr fünf Jahre unbesetzt gewesen. „Der Staat hat andere Prioritäten als die Bildung“, berichtete van der Land. Dies zeige sich unter anderem an fehlenden Räumlichkeiten und mangelndem Lehrmaterial. „Gerade aufgrund der schwierigen Situation im Land finde ich es wichtig, dass sich der DAAD in Mali engagiert. Deswegen wird die Arbeit vor Ort so sehr geschätzt“, ist die Lektorin überzeugt. Man spüre, wie dankbar die Kollegen und Studierenden sind, endlich wieder eine Muttersprachlerin an der Universität zu haben.
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Zeit für den Austausch: eine von vielen Begegnungen während des Sommertreffens der Lektoren
Auch Dr. Michael Beck gab während des Sommertreffens mit einem Länderbericht einen Einblick in seine Tätigkeit an der Nationalen Iwan-Franko-Universität Lwiw in der Ukraine. Seitdem sich das Land stärker an Europa ausrichtet, entwickelt sich auch das Bildungs- und Wissenschaftssystem nach europäischem Vorbild. „Daher werde ich oft konsultiert, wenn es zum Beispiel um die Änderung von Curricula geht“, erzählte Beck. Als einzige Person im kultur- und bildungspolitischen Bereich aus Deutschland in Lwiw sei er generell ein gefragter Ansprechpartner für Themen rund um Deutschland. In Bonn schätzt Beck den alljährlichen, intensiven Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. „Ich gehe immer motiviert aus den Sommertreffen, denn man spürt die große Wertschätzung durch den DAAD.“
Eine Wertschätzung, die auch DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel zum Ausdruck brachte. „Für uns hat das Lektorenprogramm eine essenzielle Bedeutung“, betonte sie. Die Lektoren seien außerordentlich wichtig für die deutsche Sprach- und Kulturpolitik, da sie im Gastland das Bild Deutschlands prägten und als Botschafter Deutschlands fungierten. Die positiven Auswirkungen des DAAD-Lektorenprogramms zeigt auch die steigende Zahl ausländischer Studierender an deutschen Hochschulen. Erstmals lag diese im Wintersemester 2016/17 bei knapp 360.000. „Hieran haben die Lektoren mit ihrer Mittler- und Verbindungsfunktion einen maßgeblichen Anteil“, betonte Christian Müller, Direktor der Abteilung Strategie des DAAD.
Partnerschaft mit der Universität Bonn
Ein Novum war in diesem Jahr die Tagung „Standorte und Weitblick: Fremdsprachen und kulturelle Performanz“ im Vorfeld des Sommertreffens, die einen weiteren Baustein in der Kooperation zwischen der Universität Bonn und dem DAAD darstellte und den Austausch zwischen DAAD-Lektoren und Fremdsprachendozenten der Universität förderte. Für die Hochschule ist die enge Zusammenarbeit mit den ansässigen Wissenschaftsfördereinrichtungen sehr bedeutend, betonte Professor Stephan Conermann, Prorektor für Internationales der Universität Bonn: „Die ausgezeichnete Kooperation mit dem DAAD hat schon jetzt eine modellbildende Funktion.“
„Die Lektoren benötigen einen Platz, um ihre Erfahrungen auszutauschen und im wissenschaftlichen Kontext reflektieren zu können“, machte DAAD-Präsidentin Wintermantel das Ziel der Tagung und ihrer zahlreichen Workshops deutlich. Zum Thema „Auswärtige Literaturpolitik – Strategien und Modelle“ diskutierte etwa Professor Ralf Schnell von der Universität Siegen mit den Teilnehmern, wie deutschsprachige Literatur im Ausland vermittelt werden kann. Je überzeugender die Lektoren als Persönlichkeit aufträten, desto mehr würden sich die Studierenden mit der Literatur und folglich der deutschen Sprache und Kultur auseinandersetzen wollen, so Schnell. „Die Lektoren werden in ihren Ländern immer mehr zu gefragten Ansprechpartnern für Themen rund um Deutschland“, unterstrich Professor Andreas Kelletat, der mit seinem Vortrag „Leben aus der Wortschatztruhe?“ die Tagung unterhaltsam eröffnet hatte.
Veränderten Anforderungen gerecht werden
Dem Bedarf an Lehrpersonal für Deutsch wird das DAAD-Lektorenprogramm künftig noch passgenauer gerecht: Gemeinsam mit deutschen Hochschulen entwickelt der DAAD Module für die weiterführende Ausbildung von Deutschlehrern weltweit. „Diese werden gemeinsam mit DAAD-Lektoren erprobt und schließlich in deren Arbeit vor Ort implementiert“, erläuterte Christian Müller.
DAAD/Eric A. Lichtenscheidt
Ein Höhepunkt des Sommertreffens war die Lesung der Schriftstellerin Anne Weber
„Für uns sind diese Tagungen und Seminare eine ganz wichtige Veranstaltungsreihe, um die Lektoren über neue Entwicklungen im DAAD zu informieren und umgekehrt von ihnen Neues über die bildungspolitischen Rahmenbedingungen in ihren jeweiligen Gastländern zu erfahren“, erklärte Friederike Schomaker, die im DAAD die fachliche Lektorenbetreuung und die Organisation dieser Veranstaltungen verantwortet. Eine ausgewogene Mischung aus Weiterbildung, Kultur und Erfahrungsaustausch sei immer das Ziel. Für diese ausgewogene Mischung standen beispielhaft drei herausragende Vorträge: Der Soziologe Professor Maurizio Bach von der Universität Passau eröffnete das Sommertreffen mit seinem Beitrag „Zwischen Vision und Seufzer – Europa am Scheideweg“, die in Paris lebende Autorin Anne Weber las aus ihrem neuen Roman „Kirio oder das Rätsel des Guten“ und Professor Dirk Donath von der Addis Ababa University berichtete von Urbanisierungsprojekten in Äthiopien, die er gemeinsam mit deutschen und äthiopischen Studierenden verwirklicht.
Persönliche Begegnungen
Schon im Vorfeld des Sommertreffens hatte es wie auch in den Jahren zuvor einen intensiven Austausch im Rahmen der DAAD-Sommeruniversität des Forums Internationale Wissenschaft (FIW) an der Universität Bonn gegeben. Unter der Leitung von FIW-Direktor Professor Rudolf Stichweh diskutierten die Lektoren das Oberthema „Demokratie und Autoritarismus in den politischen Systemen der gegenwärtigen Welt“.
Angela Nerenz, DAAD-Lektorin in Armeniens Hauptstadt Eriwan, nahm an der Sommeruniversität ebenso interessiert teil wie an der Tagung „Standorte und Weitblick“ und dem eigentlichen Sommertreffen. „Ich habe zusätzlich auch noch die Fortbildung im Bereich Projektmanagement besucht und fand besonders spannend zu hören, welche Ideen und Projekte die Kollegen umsetzen und mit welchen Herausforderungen sie arbeiten müssen“, erzählte sie. Und nannte in Bonn noch einen weiteren, für sie ganz wesentlichen Aspekt des Austauschs: die persönlichen Gespräche mit den Kollegen aus den Referaten der Bonner DAAD-Zentrale, für die ansonsten nicht allzu oft Zeit bleibt.
Maria Horschig (26. Juli 2017)