„Wir wollen für Europa begeistern“
Daniel Ziegert/DAAD
Auf der Erasmus+ Jahrestagung 2017 in Heidelberg war die Begeisterung für Europa deutlich zu spüren – und auch im Netz ist sie zu finden
Da geht noch was: Unter dem Motto #Europabewegen hat der DAAD zuletzt für lebendigen europäischen Austausch und gemeinsame Werte geworben; schon zu den von der französischen Erasmus+ Agentur initiierten „Erasmus Days“ am 13. und 14. Oktober startet die nächste Social-Media-Kampagne zum Thema. Dr. Michael Harms, Direktor der Abteilung Kommunikation im DAAD, über Aktionen in den sozialen Medien, Herausforderungen für Europa und den Einfluss der „Generation Erasmus“.
Herr Dr. Harms, unter den vielen Postings im Rahmen der DAAD-Kampagne #Europabewegen ist auch ein begeisternder Flashmob an der Universität Heidelberg: Das Collegium Musicum lässt junge Stimmen Beethovens „Ode an die Freude“ singen. Kann man sich noch über die „europäische Idee“ freuen – im derzeit von manchen politischen Krisen geprägten Kontinent?
Michael Harms: Ja, aber wir müssen uns immer wieder daran erinnern. Dazu sollte die Kampagne #Europabewegen beitragen. Natürlich sehen wir auch Unzufriedenheit und beobachten die Kritik an der Europäischen Union. Es gibt in den einzelnen Ländern Drifttendenzen weg von Europa, zurück zu Nationalismen. Mit unserer Online-Kampagne wollten wir Bewusstsein schaffen, dass es sich lohnt, sich der europäischen Errungenschaften zu erinnern – und für andere sichtbar für europäische Werte einzutreten. Werte wie zum Beispiel Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gegenseitige Unterstützung.
Werden diese Errungenschaften oft als zu selbstverständlich angesehen?
Absolut, das ist vielleicht auch eine Generationenfrage. Junge Menschen finden es heute völlig normal, zwischen verschiedenen Ländern zu reisen, ohne ihren Ausweis vorzuzeigen, oder dass sie mit derselben Währung bezahlen und sich länderübergreifend ohne Weiteres mit Gleichaltrigen austauschen können. Wir könnten uns auch einfach über diese Selbstverständlichkeiten freuen – wenn Europa nicht aktuell mehrere Krisen und Herausforderungen begegnen würden. Und deshalb müssen wir sagen: Es ist eben nicht selbstverständlich! Das gilt auch für die Friedenszeiten, die Europa nun schon seit Langem prägen. Der DAAD möchte einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Generation Erasmus aktiv für Europa einsetzt und begeistert und seine Werte verteidigt. Das kann im Rahmen von Projekten wie „Europa macht Schule“ oder in den studentischen „Lokalen Erasmus+ Initiativen“ geschehen, aber auch schon durch Aussagen, wie sie unsere Kampagne #Europabewegen gesammelt hat.
DAAD/Michael Jordan
Michael Harms: "Wir treiben die Entwicklung innovativer Formate voran"
Wie fällt Ihre Bilanz der Kampagne aus?
Eindeutig positiv: Wir haben viele Hochschulen, aber auch viele Einzelpersonen dazu gebracht, sich zu beteiligen. Und auch die Fantasie und Kreativität der Beiträge auf den drei Kanälen Facebook, Twitter und Instagram war ermutigend und begeisternd. Uns hat besonders gefallen, wenn Beiträge ungewöhnliche Ansätze gewählt und mit ihren Statements zu Europa überrascht haben. Der von Ihnen angesprochene Heidelberger Beitrag ist dafür ein gutes Beispiel.
Welche Bedeutung haben die sozialen Medien für den DAAD?
Eine sehr große Bedeutung, die künftig noch weiter wachsen wird. Nicht nur, weil wir mit den sozialen Medien viele Menschen erreichen. Über Posts und Tweets gewinnen wir bei unserer jungen Zielgruppe noch einmal besondere Nähe, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Das sehen Sie auch an unserer großen Kampagne „studieren weltweit – ERLEBE ES!“, die in den sozialen Medien im Wesentlichen von jungen Studierenden und ihren authentischen Beiträgen getragen wird. Bezogen auf Europa beteiligen wir uns mit unserer Erasmus+ Agentur im DAAD an den „Erasmus Days“ am 13. und 14. Oktober, unterstützt durch unsere nächste Social-Media-Kampagne unter dem Motto „Dein Bild aus deiner Erasmus-Zeit“. Grundsätzlich treiben wir die Entwicklung innovativer Formate voran, um unsere Zielgruppen immer besser erreichen zu können: von virtuellen Hochschulmessen über Webinare zu internationalen Hochschulmärkten bis zu crossmedial entwickelten Formaten für einzelne Veranstaltungen, wie zuletzt bei der DAAD-Wahlbeobachterreise.
Im Zuge der Bundestagswahl hat Europa noch einmal besonders auf Deutschland geblickt. Wie wird der Hochschulstandort Deutschland nach Ihrer Einschätzung wahrgenommen?
Wir erfahren bei ganz unterschiedlichen Veranstaltungen und über die diversen Kanäle und Medien, dass das Interesse an der deutschen Hochschul- und Forschungslandschaft außerordentlich groß ist. Wichtige Punkte sind die hohe Qualität der akademischen Bildung und Forschung, aber auch die immer weiter voranschreitende Internationalisierung der deutschen Hochschulen. Auf dem großen Jahrestreffen der European Association for International Education (EAIE) in Sevilla war zum Beispiel das Interesse am Stand unserer „Study in Germany“-Kampagne besonders groß. Und noch etwas wurde in Sevilla deutlich: Auch wenn wir aus Ländern wie zum Beispiel Großbritannien und Ungarn stärker nationalistische Töne vernehmen, heißt das nicht, dass das Interesse am europäischen Austausch, zumal im Hochschulbereich, abnimmt. Im Gegenteil: Das Bedürfnis nach Internationalisierung und europäischer Kooperation in Bildung und Forschung hat eher noch zugenommen. Wir haben also mit Blick auf Europa keinen Grund, verzagt oder gar verzweifelt zu sein.
Interview: Johannes Göbel (11. Oktober 2017)