Petina Gappah: Schreiben über Simbabwe
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Petina Gappah ist seit Frühjahr 2017 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD
Als „Stimme Simbabwes“ will Schriftstellerin Petina Gappah nicht verstanden werden. Das ist ihr viel zu eng gedacht. Sie gräbt in ihren Geschichten nach einer tieferen Wahrheit.
Es ist nicht so einfach, Petina Gappah zu erreichen. Sie arbeitet als international anerkannte und viel beschäftigte Anwältin, spezialisiert auf Fragen des Welthandels. Und sie hat Erfolg als Schriftstellerin. Früh schon nannte Literaturnobelpreisträger J. M. Coetzee sie einen „aufsteigenden Stern der simbabwischen Literatur“ – zu Recht, wie Gappah längst bewiesen hat. In ihren Erzählungen und Romanen nimmt sie häufig und mit trockenem Humor die ökonomischen und politischen Friktionen ihrer Heimat in den Blick, immer wieder spielen dabei das Gesetz und gesellschaftliche Außenseiter eine Rolle.
Man sollte sich jedoch hüten, Gappah als „Stimme Simbabwes“ einzuordnen: Sie selbst lehnt die Idee einer repräsentativen Literatur ab. Den westlichen Blick gerade auf afrikanische Autoren findet sie viel zu stark auf solche Wahrnehmungsschemata verengt. Immerhin hat Gappah auch 15 Jahre in der Schweiz gelebt. So schreibt sie nicht nur über Simbabwe, sondern verlegt ihre Geschichten auch nach Genf. Und vielleicht wird sie schon bald über Berlin schreiben, denn dort lebt sie noch bis März 2018 als Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
Arbeiten wie eine Archäologin
Schon jetzt plant sie, länger zu bleiben, denn die Zeit in Berlin erweist sich als extrem produktiv: Wenn alles gut läuft, wird Gappah nach Ablauf des einjährigen Aufenthalts zwei Romane vollendet haben. Einer handelt von drei Familien, der andere von der letzten Reise des David Livingstone – im Mittelpunkt stehen dabei die unbekannten afrikanischen Begleiter des Forschers. Petina Gappah gräbt ihre Geschichte aus wie eine Archäologin, um die weiße, schriftlich fixierte Geschichtsschreibung Afrikas um jenen Teil zu ergänzen, der nur mündlich überliefert und insofern unsichtbar ist.
Diese beiden Seiten der Geschichte möchte Gappah miteinander versöhnen. Erinnerung und Identität sind ihre zentralen Themen. In Berlin scheint sie als Schriftstellerin endgültig bei sich angekommen. Die Stadt, sagt Gappah, habe daran großen Anteil: Sie sei beeindruckt, wie hier Intellektuelle und Schreibende ernst genommen würden. Zum ersten Mal, so scheint es, nimmt sie selbst sich deshalb wahr als das, was sie vor allem ist: eine aufsehenerregende, erfolgreiche Schriftstellerin.
Dr. Petina Gappah, 1971 geboren, wuchs in Simbabwe auf. Die Journalistin und promovierte Juristin debütierte 2009 als Schriftstellerin mit dem Erzählband „An Elegy for Easterly“, 2015 folgte der erste, auch ins Deutsche übersetzte Roman „Die Farben des Nachtfalters“. Seit Frühjahr 2017 ist Gappah Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Im November 2017 erschienen ihre neuesten Erzählungen auf Deutsch: „Die Schuldigen von Rotten Row“.
© Claudia Kramatschek/FAZIT Communication, LETTER, Ausgabe 03/2017