NRWege ins Studium: Ein geflüchteter Student als Jobvermittler

privat

Ahmad Abdulhai erhielt nach seiner Ankunft selbst Unterstützung – jetzt hilft er anderen Geflüchteten 

Wenn es in Aachen langsam auf Mitternacht zugeht, brennt in einem Raum an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) manchmal noch das Licht. Studierende sitzen hier und lernen für die nächste Prüfung, lösen Übungsaufgaben für ihr Studium – und helfen zwischendurch Geflüchteten beim Deutschlernen. „Integrativer Lernraum“ heißt der Ort in der RWTH. Hier schauen vor allem Geflüchtete vorbei, die sich auf das Studium in Deutschland vorbereiten oder eine Ausbildung anstreben. Wenn sie einmal nicht weiterkommen und Fragen haben, gehen sie einfach auf Studierende zu, die gerade Zeit haben.

Initiator für diesen Ort des gemeinsamen Lernens ist Ahmad Abdulhai. Die Idee dafür hatte er in der Bibliothek: Er lernte Deutsch, eine Freundin schrieb gerade an ihrer Bachelorarbeit. Der 25-jährige Syrer fragte sie ab und zu, was bestimmte Begriffe bedeuten – so kam Abdulhai der Einfall für den Lernraum. Fast 200 Studierende und Geflüchtete nutzen die Einrichtung mittlerweile, um die sich der Verein „Starring Aachen“ kümmert. „Es macht mich sehr glücklich, dass sich hier so viele Menschen unterstützen“, erzählt Abdulhai.

Kontakt hilft beim Ankommen

Der junge Syrer bringt auch bei der Initiative „Start with a friend“ Geflüchtete und Deutsche zusammen. Dort vermittelt er gemeinsam mit weiteren Engagierten Kontakte zwischen Leuten mit gleichen Interessen und hilft dadurch geflohenen Menschen beim Ankommen in Deutschland. „Mittlerweile sind daraus viele Freundschaften entstanden“, erzählt Abdulhai. Und das helfe wiederum bei der Integration. „Man kommt erst richtig im Land an, wenn man viel Zeit mit Deutschen verbringt“, erzählt der Syrer.

Er selbst hat unter anderem von einem Deutschkurs am Sprachenzentrum der Fachhochschule Aachen profitiert, der durch das Programm „NRWege ins Studium“ (siehe Info-Box) gefördert wird. Der Kurs bereitet auf die Sprachprüfung für die Hochschulzulassung vor. Hier beschäftigen sich die Teilnehmer beispielsweise mit wissenschaftlichen Themen und lernen dadurch Fachvokabeln, die sie später im Studium benötigen. „Der Kurs hat mir sehr geholfen, mich auf die Prüfung vorzubereiten“, erzählt Abdulhai.

Theorie und Praxis verbinden

Mittlerweile studiert der 25-Jährige an der FH Aachen „Scientific Programming“. In Syrien hatte er ein Mathematikstudium absolviert, konnte es aber wegen des Kriegs nicht abschließen. In Aachen ist sein Studium nun kombiniert mit einer Ausbildung zum mathematisch-technischen Softwareentwickler. Drei Tage Arbeit bei einem Aachener Unternehmen, zwei Tage Studium – so sieht Abdulhais Woche aus. „Ich wollte gleich mittendrin sein im Arbeitsleben und das umsetzen, was ich theoretisch gelernt habe.“ Auch das habe ihm geholfen, in Deutschland schnell anzukommen, erzählt er. 

Beim Weg in die Arbeitswelt will der rastlose Syrer auch andere Geflüchtete unterstützen. Für sie hat er zusammen mit anderen Ehrenamtlichen vor kurzem einen Workshop organisiert. Dabei lernten die Geflüchteten Unternehmensvertreter kennen, die auf der Suche nach Angestellten waren. Durch den Workshop fanden schließlich einige Teilnehmer einen Job. Ein weiterer Erfolg für Ahmad Abdulhai. „Ich helfe einfach sehr gerne“, erzählt er. „Dann gehe ich abends mit einem guten Gefühl nach Hause.“

Hendrik Bensch (1. März 2018) 

DAS FÖRDERPROGRAMM

NRWege ins Studium 

Nordrhein-Westfalen hat von allen Bundesländern in den vergangenen Jahren die meisten Geflüchteten aufgenommen. Viele von ihnen wollen studieren und bringen bereits Qualifikationen mit. Das vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW (MKW) geförderte Programm „NRWege ins Studium“, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) innerhalb kürzester Zeit entwickelt wurde, unterstützt sie dabei. Das Programm fördert unter anderem Sprachkurse und Personal zum Ausbau der Beratungs- und Betreuungsstrukturen an den Hochschulen. 30 staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen setzen das Programm seit Anfang 2017 um. Im Laufe des Jahres 2017 wurden fast 2.500 Personen in studienvorbereitenden Maßnahmen des Programms gefördert.

Porträts zu den Projekten im Programm NRWege ins Studium

Flüchtlinge an Hochschulen – Programme und Maßnahmen