„Der Zusammenhalt in Europa muss gestärkt werden“
DAAD/Thilo Vogel
DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel: „Selbstverständlich nutzt der DAAD sein internationales Netzwerk auch für die Generierung und Gestaltung der Stipendienprogramme und der Projekte“
Der internationale Wissenschaftsaustausch nimmt zu. In Berlin präsentierte der DAAD nun seinen Jahresbericht und zog für 2017 eine erfolgreiche Bilanz. Die Zahlen zeigen, dass der Bedarf an Stipendien für international mobile Studierende und Wissenschaftler trotz weltpolitisch unruhiger Zeiten oder gegenläufiger Signale weiter steigt. DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel erläutert, wie ihre Organisation damit umgeht.
Frau Professor Wintermantel, wie kann der DAAD die zunehmende Nachfrage nach Stipendien erfüllen und sicherstellen, dass seine Angebote für die besten Talente attraktiv sind?
Margret Wintermantel: Unsere Stipendien sind sehr attraktiv, das zeigt die große weltweite Nachfrage. Damit das so bleibt, informiert der DAAD Studierende, Forschende und Lehrende auf der ganzen Welt über Studium und Forschung an deutschen Hochschulen sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Außenstellen und Informationszentren des DAAD wie auch die Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser helfen dabei. Mit verschiedenen Wissensformaten, wie „Bildungssystemanalysen“, „Blickpunkten“ und „Standpunkten“ sowie mit thematisch einschlägigen Veranstaltungen, trägt der DAAD zur Verbreitung des Wissens über das deutsche Wissenschaftssystem bei.
Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Selbstverständlich nutzt der DAAD sein internationales Netzwerk auch für die Generierung und Gestaltung der Stipendienprogramme und der Projekte. Er kann dadurch kurzfristig auf Anforderungen reagieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Ausstieg der USA aus dem weltweiten Klimaabkommen, der viele Forscherinnen und Forscher auf diesem Gebiet verunsichert hat. Wir konnten darauf, in Kooperation mit französischen Universitäten, mit einem entsprechend konzipierten Stipendienprogramm reagieren. Es entstand das Programm „Make our planet great again“, das nach der Formulierung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron benannt ist. Wir sind dem BMBF für die Finanzierung dieses Programms dankbar.
Das war ja nicht der einzige Vorstoß des französischen Präsidenten – wie steht der DAAD zu Macrons Vision der „Europäischen Universitäten“?
Es steht außer Frage, dass der Zusammenhalt in Europa gestärkt werden muss. Vor diesem Hintergrund hat Macron seine Vision einer Europäischen Universität entwickelt, die über mehrere europäische Nationen hinweg junge Menschen anziehen soll. Tatsächlich zeigt ja die Erfahrung mit dem europäischen Erasmus-Programm, dass Studierende über den akademischen Austausch ihren Horizont erweitern, Europa wertschätzen lernen und sich Europa zugehörig fühlen. Mit der Etablierung einer Europäischen Universität könnte dies weiter gefördert werden. Dass die Kooperation zwischen Universitäten verschiedener Nationen außerordentlich erfolgreich sein kann, hat der DAAD mit seinem Programm „Strategische Partnerschaften und Thematische Netzwerke“ gezeigt. Nun ist es an der Zeit, dass Universitäten, für die die europäische Idee besonders wichtig ist, Konzepte entwickeln, mit denen sich das Modell einer Europäischen Universität realisieren lässt. Der DAAD stellt hierzu seine Erfahrungen selbstverständlich zur Verfügung.
Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Die Digitalisierung ist natürlich ein Zukunftsthema für Studium, Forschung und Lehre und damit auch für den akademischen Austausch. Viele Talente weltweit informieren sich über den Wissenschaftsstandort Deutschland zunächst im Netz. Ein anderer wichtiger Bereich ist beispielsweise die Studienvorbereitung mit Hilfe von digitalen Modulen oder die Einschätzung der eigenen Studierfähigkeit für ein bestimmtes Gebiet. Auch aus dem Management und der Administration – dem täglichen Geschäft der Stipendienvergabe in einer weltweit operierenden Organisation wie dem DAAD – ist die Digitalisierung nicht mehr wegzudenken. Und ihre Bedeutung geht noch weit darüber hinaus: Wir werden sie für virtuelles Lernen und digitale Weiterbildung nutzen. Auch das Erlernen der deutschen Sprache ist ein wichtiger Bereich, der sich durch die Digitalisierung wandelt. Mit Hilfe der internationalen DAAD-Akademie iDA entwickeln und erproben wir auch in diesem Bereich neue Formate und Fortbildungsmöglichkeiten.
Interview: Bettina Mittelstraß (19. Juni 2018)
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Stipendien: Zunehmendes Interesse und steigende Nachfrage
Fast 140.000 Personen haben im Jahr 2017 mit einer DAAD-Förderung den Schritt in ein anderes Land gewagt – das sind 7 Prozent mehr als 2016. Fast 80.000 Geförderte stammten dabei aus Deutschland, mehr als 60.000 aus dem Ausland. Den größten Anteil der Geförderten aus dem Ausland bildeten Graduierte, also Studierende im Master sowie Doktoranden. Die meisten Bewerberinnen und Bewerber kamen aus der Russischen Föderation, gefolgt von den USA. Außerdem ziehen vor allem Programme für kurze Praktika im Ausland wie RISE immer mehr Interessierte an. Hierfür sind rund 30 Prozent mehr Bewerbungen eingegangen als im Vorjahr. Im Bereich der EU-Mobilitätsförderung wurden im erfolgreichen Erasmusprojekt 2015 bis 2017 rund 45.000 Personen gefördert.
Ausführlichere Zahlen bietet der DAAD-Jahresbericht 2017.