Von New York bis Peking: Berichte der DAAD-Experten
DAAD
Netzwerk der DAAD-Außenstellen und Informationszentren: Weltweit stellen DAAD-Mitarbeiter ihre Expertise zur Verfügung
Auf der DAAD-Netzwerkkonferenz geben die Leiterinnen und Leiter der DAAD-Außenstellen und Informationszentren 2018 wieder Einblicke in die unterschiedlichen Hochschul- und Forschungslandschaften von über 50 Ländern und Regionen. Eine wertvolle Informationsquelle sind auch die schriftlichen Berichte der 15 DAAD-Außenstellen. Ausgewählte Auszüge aus den Berichten der Außenstellen in New York, Warschau, Moskau, Nairobi und Peking lesen Sie hier auf DAAD Aktuell.
DAAD/Thomas Pankau
USA:
„Die Auswahl der Fächer wird immer weiter eingeschränkt, so dass sich das ursprüngliche Bildungsideal hin zu einem anwendungsorientierten Fächerkanon verengt“
Dr. Nina Lemmens, Leiterin der DAAD-Außenstelle New York, über die Gründe für die geringere Zahl internationaler Studierender in den USA.
„Das Fernbleiben internationaler Studierender ist übrigens nicht allein dem ‚Trump-Effekt‘ geschuldet. Immer weiter steigende Studiengebühren an amerikanischen Colleges und Universitäten, die wirtschaftlich angespannte Situation in einigen der wichtigsten Herkunftsländer (zum Beispiel Brasilien, Indien, Saudi-Arabien), die Sorge um die persönliche Sicherheit auf dem Campus auch angesichts von zahlreichen Schießereien sind weitere Ursachen für die geringere Zahl von Einschreibungen. Und die Konkurrenz schläft nicht: Kanada, Australien und Großbritannien verzeichnen steigende Einschreibungen internationaler Studierender. Das Ergebnis jedenfalls stellt Gesellschaft und Hochschulen vor handfeste wirtschaftliche Konsequenzen. Wie das Institute of International Education (IIE) ermittelte, tragen die studentischen Gäste aus aller Welt rund 39 Mrd. US-Dollar zur Wirtschaftsleistung bei, wobei dieses Geld zu 75 Prozent aus dem Ausland – also vermutlich zumeist den Heimatländern der Studierenden – stammt.
Abgesehen von Verlusten beim allgemeinen Konsum durch die ausländischen Gäste bedeuten weniger Einnahmen durch Studiengebühren vor allem auch weniger finanzielle Verfügungsmasse für die Hochschulen. Streichungen von vermeintlich weniger wichtigen Studienangeboten sind immer wieder dabei: Fremdsprachen und musische Fächer sind vielerorts die erste Reaktion. Dies passt zu einem Trend, der gerade an öffentlichen Hochschulen republikanisch geführter Bundesstaaten zu beobachten ist: Die Auswahl der Fächer wird immer weiter eingeschränkt, so dass sich das ursprüngliche Bildungsideal zum Beispiel der Liberal Arts Colleges – eine solide Allgemeinbildung – hin zu einem anwendungsorientierten Fächerkanon verengt. Am schlimmsten betroffen sind nicht die forschungsstarken (privaten) Universitäten, sondern die Institutionen der zweiten Reihe, zum Beispiel im Mittleren Westen.“
Lesen Sie hier den vollständigen Bericht der DAAD-Außenstelle New York
DAAD/Mirosław Kaźmierczak
POLEN:
„Die polnische Academia hat die Reformpläne in großen Teilen vorsichtig begrüßt, es gibt aber auch kritische Stimmen“
Dr. Klaudia Knabel, Leiterin der DAAD-Außenstelle Warschau, über die von Wissenschaftsminister Jarosław Gowin vorangetriebene Reform der polnischen Hochschullandschaft.
„Worum geht es bei dem neuen Hochschulgesetz? Zentrales Ziel ist es, das polnische Wissenschaftssystem stärker mit der Wirtschaft zu verzahnen und international wettbewerbsfähig zu machen.
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Eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg des Reformvorhabens sind zusätzliche Finanzmittel. Die staatlichen Investitionen für die Forschung sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und lagen 2017 bei 0,44 Prozent des BIP. Minister Gowin möchte diesen Prozentsatz innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppeln und 1 Prozent des BIP erreichen. Ob er diese Investitionen angesichts der Haushaltslage und dringender Bedürfnisse anderer Ressorts wirklich mobilisieren kann, ist unklar.
Die polnische Academia hat in großen Teilen die Pläne vorsichtig begrüßt, es gibt aber auch kritische Stimmen: Viele warnen vor einem Eingriff in die Hochschulautonomie durch die Einführung von Hochschulräten unter Beteiligung externer Mitglieder. Andere kritisieren die Machtfülle, die den Rektoren künftig zukommen soll. Insbesondere kleinere Hochschulen fürchten die Aberkennung des Promotionsrechts und eine Reduzierung auf berufsbezogene Lehre. In einem Punkt ist sich jedoch die Scientific Community offenbar einig: Der Dialog zwischen den Beteiligten sei sehr konstruktiv verlaufen. Das Ergebnis jedoch ist noch offen. Das Gesetz muss noch den parlamentarischen Prozess durchlaufen. Es ist zu befürchten, dass die Reform in das innenpolitische Räderwerk geraten könnte. Die PiS hat schon während der Projektvorstellung in Krakau Einwände gegen Gowins Pläne geäußert, der nicht der Regierungspartei angehört.
Eines hat der Minister jedoch schon erreicht: Im Oktober nahm die Nationale Agentur für den internationalen Austausch (NAWA) ihre Tätigkeit auf. Viele Amtsvorgänger hatten Pläne für eine Internationalisierungsagentur – Jarosław Gowin hat sie umgesetzt.“
Lesen Sie hier den vollständigen Bericht der DAAD-Außenstelle Warschau
DAAD/Thomas Pankau
RUSSLAND:
„Ein wichtiges Ziel ist die Internationalisierung der Hochschulen, außerdem fördert das Russische Ministerium für Bildung und Wissenschaft den Wettbewerb unter den Hochschulen“
Dr. Peter Hiller, bis Oktober 2017 Leiter der DAAD-Außenstelle Moskau, über den weitreichenden Transformationsprozess der russischen Hochschul- und Wissenschaftslandschaft.
„Der Transformationsprozess, den die russische Hochschul- und Wissenschaftslandschaft seit einigen Jahren durchläuft, ist in vollem Gange. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MON) hat eine Reform angestoßen, die insbesondere die Qualität von Wissenschaft und Hochschulen steigern will. Ein wichtiges Ziel ist die Internationalisierung der Hochschulen, außerdem fördert das MON den Wettbewerb unter den Hochschulen und deren Profilierung. Seit 2006 hatte das MON zehn ‚Föderale Universitäten‘ (pro Bezirk je eine Hochschule) definiert, in zwei Wettbewerben wurden 29 ‚Nationale Forschungsuniversitäten‘ gekürt sowie 21 Universitäten ausgewählt, die zum elitären Zirkel der ‚5 TOP 100‘-Universitäten gehören. Von diesen 21 Hochschulen sollen fünf bis zum Jahr 2020 unter die besten Hochschulen in internationalen Ranking-Listen kommen. Im Jahr 2017 wurden nun die Ergebnisse des Wettbewerbs um den Status einer ‚Stützuniversität‘ (opornyj vuz) veröffentlicht. Die 33 ausgewählten Hochschulen werden mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Regionen zu flankieren.
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Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland im Bereich Hochschulen und Wissenschaft blickt auf eine lange Tradition zurück und ist überaus vielfältig. Auch die Ministerien haben langjährige Kooperationserfahrungen. Es gibt regelmäßige Arbeitstreffen zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das russische Ministerium für Bildung und Wissenschaft vereinbarten im Frühjahr 2017 die Erarbeitung einer ‚Deutsch-Russischen Roadmap für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation‘. Die Roadmap soll der strategischen Orientierung der deutsch-russischen Kooperation in diesen Bereichen dienen und auf einen Zeitraum von zehn Jahren ausgelegt sein.
In einem vom DAAD organisierten Arbeitstreffen der deutschen und russischen Wissenschaftsorganisationen und -förderer am 9. November 2017 vereinbarten die Akteurinnen und Akteure in Berlin Handlungsfelder der zukünftigen Zusammenarbeit. Diese gemeinsamen Empfehlungen wurden im Rahmen eines deutsch-russischen Treffens auf Leitungsebene vorgestellt, diskutiert und offiziell an die Vertreter der Ministerien beider Länder übergeben. Die Roadmap soll 2018 verabschiedet werden.“
Lesen Sie hier den vollständigen Bericht der DAAD-Außenstelle Moskau
DAAD/Thomas Pankau
KENIA:
„Tatsächlich hat sich die Reform der beruflichen Bildung als ein Thema der deutsch-kenianischen Entwicklungszusammenarbeit etabliert“
Dr. Helmut Blumbach, Leiter der DAAD-Außenstelle Nairobi, über den neuen, holistischen Ansatz der kenianischen Bildungspolitik und den Aufbau einer ostafrikanisch-deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
„Die Hochschulen sind nur eine der Großbaustellen in Kenias Bildungssystem. Es ist spannend zu verfolgen, wie erstmals eine Bildungspolitik formuliert und implementiert wird, die einen holistischen Ansatz verfolgt – darin besteht der eigentliche Paradigmenwechsel, der sich in Kenia anbahnt. Die Primarschulabschlussprüfung wurde zunächst von Korruption gesäubert, nun aber wird sie ganz abgeschafft: Nicht eine einzelne Prüfung soll in Zukunft über Wohl oder Wehe einer Bildungsbiografie entscheiden, sondern eine kontinuierliche Überprüfung der erworbenen Kompetenzen. Und auch auf der nächsten Stufe zeichnet sich ein Umdenken ab: Nicht jeder qualifizierte Sekundarschulabschluss muss an die Universität führen, wenn – insbesondere in technischen Disziplinen – eine bisher nicht vorhandene, aber hochwertige berufliche Bildung ebenfalls Karriere- und Einkommenschancen eröffnet. Die Aufwertung technischer Kollegs hat begonnen. Und schließlich: Auch die Universitäten müssen stärker nachfrageorientiert ausbilden.
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Kenias bildungspolitische Entscheidungsträger blicken vielfach nach Deutschland: Sie sehen in der weithin anerkannten Qualität der deutschen technischen Ausbildungen, im berufsbildenden wie im Hochschulbereich, ein interessantes Referenzmodell für die Reform des eigenen Bildungssystems. Hier bieten sich auch aus deutscher Sicht interessante Perspektiven der Zusammenarbeit. Tatsächlich hat sich die Reform der beruflichen Bildung als ein Thema der deutsch-kenianischen Entwicklungszusammenarbeit etabliert. Komplementärer Arbeitsschwerpunkt des DAAD sind die Vorbereitungen zum Aufbau einer ostafrikanisch-deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Orientiert am deutschen Fachhochschulmodell sollen in Kooperation mit der Industrie praxisnahe Studiengänge vor allem in den Ingenieurwissenschaften etabliert werden, zunächst unter dem Dach einer bestehenden kenianischen Universität. Sowohl die kenianische Trägerhochschule als auch eine oder mehrere projektverantwortliche deutsche Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sollen im wettbewerblichen Verfahren ermittelt werden.“
Lesen Sie hier den vollständigen Bericht der DAAD-Außenstelle Nairobi
DAAD/Thomas Pankau
CHINA:
„Das Hochschulstrukturprogramm zur Doppelexzellenz wird die chinesische Hochschullandschaft verändern. Auswirkungen sind auch auf die Hochschulaufnahmeprüfung zu erwarten“
Hannelore Bossmann, Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking, über ehrgeizige chinesische Pläne und neue Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit Deutschland.
„Auch im Hochschulbereich verfolgt China ehrgeizige Pläne. Ziel ist es, dass chinesische Hochschulen in internationalen Rankings aufsteigen. Bisher konnten sich nur die Tsinghua- (Platz 48) und die Peking-Universität (Platz 71) unter den ersten hundert Hochschulen des sogenannten Shanghai-Rankings platzieren. Anders als in den Vorjahren verzichten die Verantwortlichen darauf, genaue Vorgaben zu formulieren, wie viele Hochschulen in internationalen Rankings vertreten sein sollen. Stattdessen ist von einigen, weiteren und mehreren Universitäten und Fachbereichen in Spitzenpositionen bis 2050 die Rede. Denn es ist davon auszugehen, dass die bisher in den obersten Rängen gelisteten Hochschulen ihre Platzierungen verteidigen werden.
Im September veröffentlichten mehrere Ministerien endlich die bereits im Vorjahr erwarteten Ergebnisse des Hochschulstrukturprogramms zur Doppelexzellenz. … Dieses aus Mitteln des Bildungsministeriums und Geldern aus den Provinzhaushalten geförderte Programm wird die chinesische Hochschullandschaft verändern. Auswirkungen sind auch auf die Hochschulaufnahmeprüfung – gaokao – zu erwarten, deren Reform bereits in einigen Provinzen in Pilotprojekten getestet wird. Die damit verbundenen Konsequenzen für den Hochschulzugang in Deutschland müssen noch von der Kultusministerkonferenz und der Hochschulrektorenkonferenz festgelegt werden.
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Mit dem ‚Sino-German Postdoc Scholarship Program‘ (CSC-DAAD) haben der DAAD und der ‚China Scholarship Council‘ (CSC) ihre Programmpalette seit 2013 auf die Förderung chinesischer Postdoktorandinnen und Postdoktoranden erweitert. Das Programm soll die deutsch-chinesische Zusammenarbeit in der Forschung weiter intensivieren. Es richtet sich insbesondere an PhD-Absolventinnen und -Absolventen chinesischer Spitzenhochschulen sowie Forschungsinstitute und fördert Forschungsaufenthalte von sieben bis 18 Monaten, die an einer Universität oder einem außeruniversitären Forschungsinstitut in Deutschland durchgeführt werden können. Aufgrund des großen Interesses wurde die Vereinbarung nicht nur verlängert, sondern auch um weitere Stipendien auf insgesamt 45 pro Jahr aufgestockt. Die Generalsekretärinnen, Dr. Liu Jinghui für den CSC und Dr. Dorothea Rüland für den DAAD, unterzeichneten diese Absichtserklärung, die auch eine Verlängerung des projektorientierten Personenaustauschprogramms vorsieht.“
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