DAAD-Lektorenprogramm: Weltweit unterwegs
DAAD
Mit weltoffenem Blick: Lena Leumer, DAAD-Lektorin in Ghana
Sie unterrichten und fördern das Interesse an der deutschen Sprache; sie vermitteln deutsche Landeskunde und Kultur und sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Studierende und Hochschulen: Rund 500 Lektorinnen und Lektoren sind weltweit im Rahmen des DAAD-Lektorenprogramms tätig. In diesen Tagen kommen sie zum traditionellen Sommertreffen in Bonn zusammen; viele von ihnen haben zuvor an der 5. DAAD-Sommeruniversität des Forums Internationale Wissenschaft (FIW) der Universität Bonn teilgenommen. Zwei Lektorinnen und zwei Lektoren geben für DAAD Aktuell Einblicke in die Bildungslandschaft in China, Russland, der Türkei und Ghana.
privat
„Bei den Forschungsthemen Digitalisierung und künstliche Intelligenz lohnt es sich besonders, mit dem Vorreiter China zu kooperieren“
Dr. Sven Hänke, Mitarbeiter in der DAAD-Außenstelle Peking und DAAD-Lektor an der Renmin University of China
„In den letzten zehn Jahren hat sich die Wirtschaftskraft Chinas verdreifacht – und das Land verändert sich fortlaufend mit Hochgeschwindigkeit. Die Regierung ist sehr selbstbewusst und betreibt aktive Hochschulpolitik. Die Internationalisierung des Hochschulsektors wird ausgebaut; es wird viel Geld investiert und um Spitzenforscher geworben. Dabei tritt China durchaus auch als Konkurrent zu Deutschland auf. Kooperation auf Augenhöhe ist nicht mehr die Frage, sondern eher: Braucht China Deutschland als Kooperationspartner noch? Unbedingt, würde ich sagen.
Junge Chinesinnen und Chinesen sind immer noch sehr an der deutschen Sprache interessiert – vor allem Studierende der MINT-Fächer mit Blick auf zukünftige Karrieren in internationaler Wirtschaft, Technologie und Industrie. Angesichts der Digitalisierung sind die Bedingungen für die Zusammenarbeit mit China zudem sehr fortschrittlich, und so lohnt es sich aus deutscher Perspektive gleich mehrfach, China als Kooperationspartner einzubinden. Umgekehrt orientiert sich die chinesische Hochschulinitiative ,Doppelexzellenz‘ stark an der deutschen Exzellenzinitiative – ein weiterer Bereich für fruchtbaren Austausch.“
Protokoll: Bettina Mittelstraß
privat
„Meine Erfahrung ist, dass man sich auf persönliche Zusagen in Russland verlassen kann“
Dr. Madeleine Block, DAAD-Fachlektorin für Sozialwissenschaften an der Staatlichen Universität St. Petersburg (SPbU)
„Im Zuge der laufenden russischen Hochschulreform hat die Internationalisierung enorm an Bedeutung gewonnen. Der weltweite Austausch mit renommierten Universitäten ist das erklärte Ziel. Durch internationale Kooperationen will man in den globalen Rankings die eigenen Hochschulen nach vorne bringen. An der Staatlichen Universität St. Petersburg als einer der Elite-Universitäten des Landes ist das Selbstbewusstsein besonders ausgeprägt.
Seit etwa zwei Jahren gibt es wieder ein steigendes Interesse der Studierenden, Deutsch zu lernen. Das Deutschland-Bild ist hier immer noch sehr positiv. Die langjährigen guten deutsch-russischen Beziehungen beeinflussen auch meine Arbeit. Ich fühle mich hier sehr wohl und anerkannt. Nach meiner Einschätzung sind die russischen Partner vielleicht noch etwas pragmatischer und direkter als ihre deutschen Kollegen. Wenn es gelingt, ein gemeinsames Ziel herauszustellen, von dem beide Seiten profitieren, dann wird in Russland häufig mehr ermöglicht, als man am Anfang zu glauben hoffte.“
Protokoll: Claudia Wallendorf
privat
Dr. Volker Schmidt, Leiter des DAAD-Informationszentrums Istanbul und DAAD-Lektor an der Marmara University in Istanbul
„Auf türkischer Seite gibt es nach wie vor ein sehr großes Interesse am wissenschaftlichen Austausch mit Deutschland und an Kooperationen mit deutschen Hochschulen. Die Forschungszusammenarbeit zwischen deutschen und türkischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat eine lange Tradition. Beim Matchmaking hilft der DAAD gerne weiter. Traditionell stark ist die türkische Wissenschaft in den Fächern Archäologie und Orientalistik. Aber auch bei den Ingenieurwissenschaften, weiteren technischen Fächern und den Naturwissenschaften gibt es sehr viele gut aufgestellte Hochschulen.
Bildung hat in der Türkei einen herausgehobenen Stellenwert. Viele junge Türken sehen in einem Stipendium für Deutschland auch eine Chance für ihr eigenes Land. Sie wollen nach ihrem Auslandsaufenthalt in die Türkei zurückkehren. Die Gefahr eines ‚brain drain‘ scheint also nicht zu bestehen. Es etabliert sich eher eine ‚brain circulation‘. Auch die Türkisch-Deutsche Universität (TDU) in Istanbul, die gemeinsam von der Republik Türkei und der Bundesrepublik Deutschland gegründete staatliche Universität, ist ein ermutigendes Beispiel. Wir sollten die bestehenden Kontakte mit der Türkei auf allen akademischen Ebenen vertiefen.“
Protokoll: Claudia Wallendorf
DAAD
„In Ghana sagt man: ‚Ghana is coming.‘ Das spiegelt die dortige Aufbruchstimmung wider und die hohe Motivation, international zu kooperieren“
Lena Leumer, Leiterin des DAAD-Informationszentrums Accra und DAAD-Lektorin an der University of Education Winneba
„Das ghanaische Hochschulsystem befindet sich im Umbruch und ist gekennzeichnet von massiver Expansion. Die Polytechnischen Hochschulen werden nach dem Vorbild der Technischen Universitäten in Deutschland umgebaut. Die Studierendenzahlen sind in den letzten 20 Jahren geradezu explodiert. Ghana hat dazu eine klare Strategie, die den wirtschaftlichen Aufschwung weiter vorantreiben soll: Der Zugang zu Bildung wird auf allen Ebenen gefördert. Die Qualität von Forschung und Lehre soll gesteigert werden. Und deutsche Hochschulen spielen als Partner eine wichtige Rolle.
Politisch ist Ghana schon seit Längerem stabil. Die wichtigsten Themen im Hochschulbereich sind aktuell die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Arbeitsmarktbefähigung der Absolventen. Man legt Wert darauf, ‚entrepreneur skills‘ zu vermitteln. Das Interesse an der deutschen Sprache ist gestiegen. Deutsch gilt als Sprungbrett für die Karriere, etwa für die Arbeit bei deutschen Firmen in Ghana. Die Erfahrungen deutscher Hochschulen mit ghanaischen Partnern sind sehr gut. Der persönliche Kontakt ist in Ghana allerdings sehr wichtig. Wer Interesse an einem gemeinsamen Forschungsprojekt hat, sollte sich die Sache vor Ort ansehen, auch um die Chancen besser einschätzen zu können.“
Protokoll: Claudia Wallendorf
18. Juli 2018