Mann des Austauschs: Der DAAD verabschiedet Ulrich Grothus
DAAD/FAZIT Communication/Anika Büssemeier
Ulrich Grothus auf dem Balkon des Berliner WissenschaftsForums
Zuletzt hat er den DAAD als stellvertretender Generalsekretär geprägt; sein neues Ehrenamt als Präsident der europäischen Dachorganisation Academic Cooperation Association (ACA) verbindet ihn weiterhin mit dem DAAD und der Internationalisierung der Hochschulen. Ein Porträt von Ulrich Grothus, der nach über 30 Jahren im DAAD in den Ruhestand geht.
In einer Stadt, die niemals schläft – kann man sich da tatsächlich wohlfühlen? Ulrich Grothus hat es genossen, in New York City zu arbeiten. Von 2004 bis 2008 hat der langjährige stellvertretende Generalsekretär des DAAD die New Yorker Außenstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes geleitet. Es war nur eine seiner vielen Stationen im DAAD, aber es war „vielleicht die schönste Zeit“. Die sprichwörtliche Ruhelosigkeit der Metropole hat ihn fasziniert. „New York steht immer unter Strom“, sagt Grothus, die Bewohner der Stadt seien extrem fleißig und ehrgeizig. Nicht auch besonders ruppig? Dieses Klischee lässt Grothus nicht gelten: „Die alltäglichen Umgangsformen in der amerikanischen Gesellschaft sind außerordentlich zivil. Das schätze ich sehr.“
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Ulrich Grothus im Gespräch: "Man muss neugierig sein"
Man bekommt im Gespräch recht schnell eine Vorstellung, warum das gepasst hat: New York und Ulrich Grothus. Ruhelos im positiven Sinne hat er in den vergangenen 30 Jahren und sechs Monaten gewirkt, wenn er für den DAAD unterwegs war: in der deutschen Hochschullandschaft, im politischen Berlin, in der ganzen Welt. Wer ihm dabei begegnet ist, lernte einen Mann kennen, der zwar ein enormes Arbeitspensum bewältigte, dabei aber den unterschiedlichsten Gesprächspartnern mit außergewöhnlicher Freundlichkeit und Offenheit begegnete. Angetrieben von einer großen Leidenschaft für den internationalen akademischen Austausch war für Ulrich Grothus die größte Stadt der USA beruflich ohnehin ein Traumziel: „Die amerikanische Wissenschaft ist nach wie vor die leistungsfähigste der Welt. Es war eine besondere Freude, die Arbeit des DAAD in den USA zu kommunizieren.“
„Etwas Neues ausprobieren“
Ein Kommunikator ist Ulrich Grothus im DAAD immer gewesen. Die Liste seiner Ämter: Vorstandsassistent, Leiter der Gruppe Information und allgemeine Fragen der internationalen Hochschulzusammenarbeit, Leiter der Programmabteilung Süd, später Nord, außerdem der Abteilung für überregionale Programme und der für Strategie und Projekte, Außenstellenleiter in Paris und New York und wiederholt stellvertretender Generalsekretär, zuletzt hauptamtlich.
Welche Eigenschaften braucht man, um solch unterschiedlichen Verantwortungen gerecht zu werden? „Die Bereitschaft, zuzuhören und von anderen zu lernen, gerade auch von Mitarbeitern“, sagt Ulrich Grothus. „Man muss neugierig sein und Freude daran haben, etwas Neues auszuprobieren.“ Das sei wesentlicher Teil einer „DAAD-Kultur“, zu der auch gehört, dass viele Mitarbeiter normalerweise nicht länger als fünf Jahre dieselbe Funktion ausüben. Dann ruft häufig eine neue Aufgabe, oft in einem anderen Land. „Das hält den DAAD frisch und auf Trab“, sagt Grothus mit Verve.
36 Jahre jung war Ulrich Grothus, als er im Jahr 1988 von der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) zum DAAD wechselte. In der WRK hatte der Diplom-Politologe das Referat „Internationale Wissenschaftsbeziehungen mit Ländern und Institutionen in Europa“ geleitet, zuvor sechs Jahre lang als Journalist gearbeitet. Kommunikation sollte für ihn weiterhin entscheidend sein, ebenso wie Verhandlungsgeschick. Schon im Sommer 1990, noch vor der Wiedervereinigung, war er mit dafür verantwortlich, dass die ausländischen Stipendiaten der DDR in die Betreuung und Verantwortung des DAAD überführt werden konnten. Diese Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, hat Deutschlands internationale Beziehungen nachhaltig geprägt. „Wir wollten nicht, dass man in der Mongolei, Vietnam oder Äthiopien bei der deutschen Wiedervereinigung an die Rückkehr zahlreicher Studierender ohne Abschluss denkt“, erzählt er.
Gestalter der Internationalisierungsagentur
Bei Ulrich Grothus’ Dienstbeginn war der DAAD noch in erster Linie eine Organisation zur Vergabe von Stipendien. Doch längst hat er sich zur Internationalisierungsagentur gewandelt, die nicht nur einzelne Studierende, Wissenschaftler oder Hochschulkooperationen fördert, sondern auch die weitreichende Internationalisierung der deutschen Hochschullandschaft vorantreibt und transnationale Hochschulen im Ausland auf den Weg bringt. Ulrich Grothus war schon 1995 dabei, als auf Initiative des damaligen Generalsekretärs Bode mit einer hochrangig besetzten Tagung zum 60. Geburtstag des damaligen DAAD-Präsidenten Professor Theodor Berchem die Diskussion um die Attraktivität des Studienstandorts Deutschland angestoßen wurde. Ende 1996 folgte das erste Aktionsprogramm zur Förderung des Studiums von Ausländern an deutschen Hochschulen. „Was für internationale Studierende nicht attraktiv ist, ist wahrscheinlich auch für einheimische Studierende nicht gut genug – diese Erkenntnis haben wir damals durchgesetzt. Dass Internationalisierung ein Maßstab für Qualität und ein Motor für Reformen ist, haben wir in Deutschland im politischen Diskurs verankert.“
Dennoch: Der politische Diskurs muss gepflegt werden, im Austausch mit internationalen Entscheidern wie mit deutschen Bundestagsabgeordneten, die wiederum in ihren Wahlkreisen vermitteln, wie wichtig die Internationalisierung für Deutschland ist. Im Amt des ersten hauptamtlichen stellvertretenden DAAD-Generalsekretärs hat Ulrich Grothus zuletzt fast sechs Jahre lang im politischen Berlin gewirkt. Ein Überzeugungstäter, der den Wert von Austausch und Weltoffenheit aus eigener Lebenserfahrung bestens kennt.
FCom/Anika Büssemeier
Ulrich Grothus: "Er hat den DAAD fachlich und menschlich geprägt"
Wohin führt sein Weg? Bereits seit Jahresbeginn 2018 übt Ulrich Grothus das Ehrenamt des Präsidenten der Academic Cooperation Association (ACA) aus. Der europäische Dachverband, zu dessen Gründungsmitgliedern der DAAD gehört, ist Forum und Reflexionsraum der Internationalisierungsagenturen und vertritt sie gegenüber den europäischen Institutionen. DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel betonte zur Verabschiedung von Ulrich Grothus: „Er hat den DAAD fachlich und menschlich geprägt und sich um den akademischen Austausch verdient gemacht. Hierfür danke ich ihm herzlich. Es stimmt mich froh, dass er dem DAAD als Freund, aber auch in seiner neuen Funktion als ACA-Präsident weiterhin eng verbunden bleibt.“
Johannes Göbel (24. Juli 2018)
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