Falling Walls 2018: „Wissenschaftliche Vorträge, die begeistern“
Florian Gaertner/photothek.net/Falling Walls
Mitreißende Forschung: Teilnehmer des Falling Walls Lab 2017
Der DAAD-Alumnus Professor Jürgen Mlynek empfängt als Kuratoriumsvorsitzender der Falling Walls Foundation internationale Spitzenwissenschaftler und vielversprechende Nachwuchstalente zur Falling Walls 2018 in Berlin. Im Interview spricht Mlynek über faszinierende Vorträge, das vom DAAD wesentlich geprägte Format Falling Walls Lab – und über die Rolle der Wissenschaft in politisch unruhigen Zeiten.
Herr Professor Mlynek, die Falling Walls feiert Durchbrüche in der Forschung. Weltweit ist der freie wissenschaftliche Austausch zuletzt allerdings unter Druck geraten; populistische und nationalistische Stimmen werden lauter. Was bedeutet das für die Rolle der Wissenschaft?
Jürgen Mlynek: Wir Wissenschaftler müssen uns stärker einmischen. Wenn die Zukunft Europas auf dem Spiel steht − dabei denke ich auch an die Wahlen zum Europaparlament im Mai 2019 −, kann man sich nicht mehr zurücklehnen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen aufstehen und deutlich machen: Wir brauchen europäischen Zusammenhalt, wir brauchen wissenschaftliche Kooperation. Sonst können wir mit den USA und China nicht länger mithalten. Aber auch diese Länder können die großen Zukunftsthemen der Wissenschaft nicht alleine bewältigen. Es gilt, weltweit an einem Strang zu ziehen und nationale Partikularinteressen hintanzustellen.
Und die Falling Walls hilft dabei, für die länderübergreifenden Anliegen der Wissenschaft zu werben?
Absolut. Und das ist notwendig, denn wir haben in der Wissenschaft kein Qualitätsproblem, aber oft ein Kommunikationsproblem. Wir müssen den Wert der Grundlagenforschung stärker herausstellen und zugleich deutlich machen, dass Wissenschaft und Forschung zum Erhalt unseres Lebensstandards, ja unserer Lebensgrundlagen beitragen. Wissenschaft steht ganz konkret für Wertschöpfung; das müssen wir noch stärker betonen. Die Falling Walls bietet dafür verschiedene Formate: von den 15-minütigen Vorträgen hochkarätiger Forscherinnen und Forscher bis zum Falling Walls Venture, bei dem sich Start-ups auf der Bühne vorstellen und zeigen, wie wissenschaftliche Arbeit zu Wachstum und Wertschöpfung führen kann.
Andreas Schöttke/Falling Walls
Jürgen Mlynek: "Uns zeichnet aus, dass wir eine große thematische Bandbreite abbilden"
Mit welchen weiteren Formaten möchten Sie den Wert der Wissenschaft zeigen?
Das Falling Walls Lab, bei dem sich der DAAD in besonderer Weise engagiert, holt nicht weniger als 100 junge Leute aus der ganzen Welt nach Berlin. Sie haben sich über Falling Walls Labs in den unterschiedlichsten Ländern qualifiziert und zeigen in ihren dreiminütigen Vorträgen eindrucksvoll, mit was sie sich aktuell wissenschaftlich beschäftigen. In so kurzer Zeit die Relevanz des eigenen Themas zu vermitteln, das ist die Herausforderung. Genau diese Artikulationsfähigkeit braucht es, um in das Gespräch mit der Gesellschaft, aber auch mit der Politik zu kommen. Ein neues Format ist Falling Walls Engage, das sich innovativen Formen der Wissenschaftskommunikation widmet, von Citizen Science bis zur Nutzung von Techniken der Virtuellen Realität. Beim Falling Walls Circle treffen sich rund 70 Meinungsmacher aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, eine Mischung aus etablierten Führungskräften und jungen Wilden. Das Oberthema lautet „The Human Genius in the Age of Artificial Intelligence“.
Künstliche Intelligenz spielt eine wesentliche Rolle im diesjährigen Programm der Falling Walls …
Ja, wir haben unter anderem mit Leibniz-Preisträger Bernhard Schölkopf, einem der prägenden Köpfe des neuen Cyber Valley in der Region Stuttgart-Tübingen, einen sehr prominenten Redner gewonnen. Aber wie jedes Jahr zeichnet uns aus, dass wir eine große thematische Bandbreite abbilden. Das gilt auch für die Bereiche der Geistes- und Sozialwissenschaften, in denen es eine besondere Herausforderung ist, Durchbrüche in der Forschung zu veranschaulichen. Aber auch in dieser Hinsicht konnten wir herausragende Redner gewinnen: So wird zum Beispiel Stefania Milan von der Universität Amsterdam über „Big Data Politics“ sprechen; Jan Zielonka von der University of Oxford widmet sich der „Future of Democracy“. Wir laden nur Vortragende ein, die auf der Bühne das Publikum mitreißen. Sie müssen etwas Neues zu sagen haben, aber sie müssen auch begeistern und inspirieren können.
Sie sprechen die renommierten internationalen Rednerinnen und Redner an. Zugleich möchten Sie für den Forschungsstandort Deutschland werben?
Natürlich, und dabei ist der DAAD ein toller Partner. Von den rund 80 Falling Walls Labs im Vorfeld des Finales in Berlin wurden allein 28 an den weltweiten Außenstellen und Informationszentren des DAAD veranstaltet, fünf an den vom DAAD gemanagten Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäusern (DWIH) in New York, São Paulo, Moskau, Neu-Delhi und Tokyo sowie einige weitere an DAAD-Lektoraten. Das trägt enorm zur internationalen Ausweitung des Formats Falling Walls Lab bei – und gleichzeitig wird der Innovationsstandort Deutschland weltweit beworben. Auch im Rahmen der Falling Walls in Berlin ist der DAAD präsent, etwa mit einer „Research in Germany“-Tagestour am 7. November. Zu ihr waren alle Gewinner der internationalen Falling Walls Labs eingeladen. So lernen die jungen Leute Deutschland noch besser kennen.
Interview: Johannes Göbel (8. November 2018)