„Neue Ideen und Impulse für deutsch-australische Hochschulkooperationen“
DAAD/Francine Schaepper
Stefan Bienefeld, Leiter der Gruppe Entwicklungszusammenarbeit und Alumniprogramme im DAAD, auf dem DAAD-Alumnitreffen Anfang November 2018 in Melbourne
Immer mehr deutsche Studierende gehen für ein oder mehrere Semester nach Australien. Warum sich auch der Ausbau der Kooperationen zwischen deutschen und australischen Hochschulen lohnt, erklärt im Interview Stefan Bienefeld, Leiter der Gruppe Entwicklungszusammenarbeit und Alumniprogramme im DAAD.
Herr Bienefeld, aktuelle Zahlen des DAAD zeigen, dass Australien ein sehr beliebtes Studienland für deutsche Studierende ist. Was ist der Grund dafür?
Stefan Bienefeld: Natürlich schätzen viele der Studierenden die unkomplizierte Verständigung auf Englisch. Hinzu kommt unter anderem: Etwa 40 Prozent der Einwohner Australiens sind in Melbourne und Sydney zu Hause. Diese beiden Städte haben auch international eine große Anziehungskraft und stehen für hohe Lebensqualität. Bei den Rankings der beliebtesten Städte weltweit gehören sie in der Regel zu den Top Ten. Ein weiterer Punkt ist die wissenschaftliche Reputation der Group of Eight. Damit sind die folgenden forschungsstarken Universitäten gemeint: die Monash University, die Australian National University, die University of Adelaide, die University of Melbourne, die University of Queensland, die University of Sydney, die University of Western Australia und die University of New South Wales in Sydney. Bei internationalen Rankings landen diese Universitäten stets weit vorn.
Neben zahlreichen Programmen für Individualstipendien fördert der DAAD auch die Zusammenarbeit zwischen deutschen und australischen Hochschulen. Was kennzeichnet diese Kooperationen?
Im Zentrum der Förderung steht das gemeinsam mit Universities Australia (UA) finanzierte Programm des Projektbezogenen Personenaustauschs (PPP). Bei den mehr als 100 PPP-Projekten setzen wir auf die Förderung von Nachwuchsforschern und die Finanzierung von Mobilität. Demgegenüber steht eine große Bandbreite der Fördermöglichkeiten auch von größeren Projekten, etwa in Form internationaler Graduiertenkollegs und gemeinsamer Forschungsprojekte wie zum Beispiel zwischen dem Exzellenzcluster ImmunoSensation der Universität Bonn und der University of Melbourne. Und dann gibt es auch noch Kooperationen im Rahmen unseres Programms „Strategische Partnerschaften und Thematische Netzwerke“.
Welche Besonderheiten sollten deutsche Hochschulen im Blick haben, wenn sie sich für die Zusammenarbeit mit australischen Hochschulen interessieren?
Es gibt in Australien keine vergleichbare Förderorganisation wie den DAAD in Deutschland. Das australische Bildungssystem ist sehr kommerziell getrieben. Es gibt deutlich weniger staatliche Förderinstrumente, stattdessen relativ hohe Studiengebühren. Australische Forschungsprojekte haben häufig einen direkten Bezug zur wirtschaftlichen Anwendung. Die klare kommerzielle Ausrichtung hat aber auch Vorteile, zum Beispiel eine gute individuelle Betreuung an den Hochschulen und eine sehr gute Infrastruktur.
DAAD/Francine Schaepper
Interessiert am deutsch-australischen Austausch: Teilnehmerinnen des Melbourner DAAD-Alumnitreffens
Ist Deutschland auch umgekehrt für Wissenschaftler und Studierende aus Australien attraktiv?
Unter den beliebtesten Zielländern für australische Studierende liegt Deutschland nach den USA, Neuseeland und Großbritannien und vor Kanada auf dem vierten Platz. Dass immer mehr Studiengänge in Deutschland auch auf Englisch angeboten werden, dürfte ein Vorteil sein. Der Wissenschaftsstandort Deutschland genießt in Australien generell einen sehr guten Ruf, besonders die deutsche Grundlagenforschung wird geschätzt. Eine Delegationsreise deutscher Hochschulvertreterinnen und -vertreter aus den Bereichen Gesundheitswissenschaften und Medizintechnik im April 2018, bei der sich der DAAD auch mit der Fraunhofer-Gesellschaft vernetzt hatte, hat uns erneut gezeigt, dass es auf allen Ebenen ein großes Interesse an Forschungskooperationen zwischen deutschen und australischen Hochschulen gibt.
Vor Kurzem gab es ein DAAD-Alumnitreffen in Melbourne. Dort ging es auch um die Hochschulkooperationen zwischen Deutschland und Australien. Welches Fazit ziehen Sie?
Wir haben unter anderem die Gelegenheit genutzt, um Best-Practice-Beispiele für erfolgreiche Programme zwischen deutschen und australischen Hochschulen mit all ihren Herausforderungen und Chancen vorzustellen. Die Kooperation zwischen der Universität Bonn und der University of Melbourne war ein Beispiel dafür, wie ein PPP-Projekt von der ersten Antragstellung an sehr gut funktioniert. Vorgestellt wurde auch das PPP-Projekt „Linguistische Epizentren: Empirische Perspektiven auf die Weltsprache Englisch“ zwischen der Macquarie University und der Universität Gießen. Von den Diskussionen zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, den Schwerpunktthemen des Alumnitreffens, kamen viele neue Ideen und Impulse. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass es sich lohnt, deutsch-australische Hochschulkooperationen auf den Weg zu bringen.
Interview: Claudia Wallendorf (30. November 2018)