Integration durch Bildung

DAAD/Dörthe Hagenguth

Der DAAD setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, Flüchtlingen den Zugang zu Bildung und Hochschulen zu erleichtern

Aufgrund von Krieg und Verfolgung verlassen Millionen von Menschen ihre Heimat – darunter viele mit Hochschulreife. Aus diesem Grund unterstützt der DAAD geflüchtete Studierende in und außerhalb Deutschlands bei der Aufnahme oder Fortführung eines Studiums. Denn Bildung ist ein wesentlicher Schlüssel zur Integration.

Am 20. Juni findet der Weltflüchtlingstag statt. Seit 2001 würdigt das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen UNHCR mit diesem Aktionstag den Mut der Millionen von Menschen, die auf der Flucht sind vor Konflikten, Verfolgungen und Menschenrechtsverletzungen. Das Thema ist aktueller denn je: Laut Zahlen, die das UNHCR jährlich am Weltflüchtlingstag veröffentlicht, waren dies Ende 2017 weltweit 68,5 Millionen Menschen, darunter 40 Millionen Binnenvertriebene – so viele, wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. „Welchen Maßstab man auch nimmt, diese Zahl ist nicht zu dimensionieren“, kommentiert UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi den traurigen Rekord.

Konferenz beleuchtet Chancen geflüchteter Studierender
Aus Anlass des Weltflüchtlingstags organisiert der DAAD vom 18. bis 19. Juni gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und dem UNHRC in Berlin eine internationale Konferenz mit dem Titel „The Other 1 Percent – Geflüchtete Studierende an Hochschulen weltweit“. Das „andere Prozent“, das sind die rund 1 Prozent der Flüchtlinge, die weltweit studieren. Nur 1 Prozent muss man sagen. Das Potenzial ist weitaus größer. Gemeinsam mit den anderen Beteiligten der Konferenz spricht sich der DAAD deshalb dafür aus, in den kommenden Jahren den Anteil der Flüchtlinge mit Zugang zum Hochschulsystem zu erhöhen. Denn Bildung ist der Schlüssel für eine gelungene Integration – sprachlich, fachlich und menschlich.

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DAAD/Dörthe Hagenguth

Nach Schätzungen bringen etwa 30.000 bis 50.000 Flüchtlinge die Voraussetzungen für ein Studium mit

Fluchtursachen bekämpfen
Aus diesem Grund setzt sich der DAAD mit Mitteln der Bundesregierung seit vielen Jahren dafür ein, Flüchtlingen den Zugang zu Bildung und Hochschulen zu erleichtern – im Ausland und seit einigen Jahren auch verstärkt innerhalb Deutschlands. Ein Beispiel dafür ist die Deutsche Akademische Flüchtlingsinitiative Albert Einstein (DAFI), ein Stipendienprogramm aus Mitteln des Auswärtigen Amts, das es Flüchtlingen ermöglicht, in ihrem Aufnahmeland außerhalb Deutschlands einen Bachelor-Abschluss zu erwerben. Ziel ist es, die Chancen auf ein Erwerbsleben zu verbessern. Seit der Gründung des Programms profitierten davon bereits mehr als 14.000 Flüchtlinge. 2017 studierten 41 Prozent der Geförderten in einem Aufnahmeland der Region Sub-Sahara.

Ein großes Potenzial
Doch auch in Deutschland ist das Schicksal junger Flüchtlinge spätestens seit dem Krieg in Syrien und der darauf folgenden massenhaften Flucht wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Seit 2015 hat Deutschland etwa 1,4 Millionen Geflüchtete aufgenommen, darunter viele Syrerinnen und Syrer. Gerade unter ihnen gibt es einen hohen Anteil an potenziellen Studierenden, denn das Land hatte – wie auch der Iran – bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs ein hervorragendes Bildungssystem. Viele junge Syrer mussten ihr Studium kriegsbedingt abbrechen. Nach Schätzungen bringen etwa 30.000 bis 50.000 Geflüchtete, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind, die Voraussetzungen für ein Studium mit.

Umfangreiches Maßnahmenpaket
Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den DAAD Ende 2015 damit beauftragt, ein Maßnahmenpaket zu entwickeln, das Geflüchteten den Zugang zum Studium erleichtert. Für den Zeitraum 2016 bis Ende 2019 werden dafür 100 Millionen Euro aus Mitteln des BMBF zur Verfügung gestellt. Das Maßnahmenpaket besteht aus mehreren Bausteinen, die aufeinander aufbauen und qualifizierte Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit den Hochschulen systematisch bis ins Studium hinein begleiten.

Portrait Katharina Fourier

privat

Katharina Fourier leitet das Referat „Hochschulprogramme für Flüchtlinge“ beim DAAD, das die Programme Integra und Welcome betreut

Zugang erleichtern
So übernimmt der DAAD für Flüchtlinge die Gebühren für das Prüfverfahren durch uni-assist. Der gemeinnützige Verein prüft für 180 Hochschulen, ob Bewerberinnen und Bewerber über den erforderlichen Bildungsabschluss verfügen, denn die Abschlüsse in deren Heimatländern sind nicht immer mit denen in Deutschland vergleichbar. Darüber hinaus können Geflüchtete kostenfrei am Test für ausländische Studierende (TestAS) teilnehmen, mit dem sie ihre fachliche Eignung nachweisen können, sowie an dem Online-Spracheinstufungstest onSET.

Sprachliche Hürden meistern
Der zweite Baustein ist die Vorbereitung auf ein Studium im Rahmen des Programms Integra, das Flüchtlingen die Integration an den Hochschulenerleichtert. Mittlerweile nehmen mehr als 160 Hochschulen in Deutschland daran teil. Gerade die deutsche Sprache stellt für geflüchtete Studierende meist die größte Hürde dar; daher sind Sprachkurse an Studienkollegs oder Hochschulen unverzichtbarer Bestandteil des Programms. Daneben bieten die teilnehmenden Hochschulen aber auch Kurse zur fachlichen Vorbereitung an, bis hin zu interkulturellen Trainings und Workshops zur kompetenzbezogenen Weiterbildung. Zusammen mit dem DAAD hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen, das in den vergangenen Jahren die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat, das Programm NRWege ins Studium aufgelegt, das ebenfalls der Vorbereitung von Flüchtlingen auf das Studium dient.

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DAAD/Dörthe Hagenguth

Im Programm Integra engagieren sich mehr als 1.000 Studierende, indem sie Flüchtlinge als Tutorinnen oder Tutoren unterstützen 

Studierende heißen Flüchtlinge willkommen
Hilfreich, damit Flüchtlinge schnell Fuß fassen, sind Kommilitoninnen und Kommilitonen, die sie an die Hand nehmen. Aus diesem Grund unterstützt der DAAD mit dem Programm Welcome als drittem Baustein Studierende, die sich als Tutorinnen und Tutoren für Flüchtlinge einsetzen. Es gibt bereits mehr als 600 geförderte Initiativen, in denen sich mehr als 1.000 Studierende engagieren.

Messbare Erfolge
Nach knapp drei Jahren Programmlaufzeit haben über 30.000 Flüchtlinge die Kurse des Integra-Programms durchlaufen. Tausende der Flüchtlinge haben inzwischen bereits ein reguläres Studium aufgenommen. Da die Hochschulen bei Immatrikulation nur das Herkunftsland und nicht den Aufenthaltsstatus erheben, kann ihre exakte Zahl nicht bestimmt werden. Auf Grundlage verschiedener  Statistiken schätzt der DAAD, dass bislang etwa knapp 20.000 Flüchtlinge ein Studium aufgenommen haben. Der Hochschulbildungsreport des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft rechnet damit, dass bis 2020 rund 40.000 Flüchtlinge an einer deutschen Hochschule eingeschrieben sein werden. Der vielleicht beste Beweis dafür, dass das Maßnahmenpaket zur Integration beiträgt, ist die Tatsache, dass sich inzwischen viele Studierende bei Welcome engagieren, die selbst als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind.

Eine Chance – auch für Deutschland
Das BMBF ist zuversichtlich, das Maßnahmenpaket bis Ende 2021 fortschreiben zu können. Integration ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, und von einer gelungenen Ausbildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt profitieren nicht nur die geflüchteten Studierenden, sondern auch die deutsche Gesellschaft. Denn je besser die Menschen ausgebildet werden, die nach Deutschland kommen, desto eher können sie ihren Beitrag dazu leisten, die Folgen des aktuellen Fachkräftemangels und des demografischen Wandels im Land zu mindern.

Peter Nederstigt (28. Mai 2019)