Ni Hao – mit China vernetzen

Martin Gothe/DC-Hub

Das Interesse an Kooperationen zwischen Deutschland und China ist groß. Die Deutsch-Chinesischen Alumnifachnetzwerke bieten dafür ein gutes Sprungbrett

China spielt zunehmend eine wichtige Rolle in Wirtschaft und Wissenschaft. Für deutsche Unternehmen wie auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird es immer wichtiger, in China Fuß zu fassen und dort Kontakte zu knüpfen – zum Beispiel mithilfe der Deutsch-Chinesischen Alumnifachnetzwerke (DCHAN), die Alumni und Stakeholdern in Deutschland oder China die Möglichkeit bieten, sich fachlich auszutauschen. Der Start-up-Gründer Thomas Wuttke hat die Chance genutzt.

„Meine Erwartungen waren nicht besonders hoch, als ich die Reise nach Shanghai antrat“, erzählt der Leipziger Thomas Wuttke. Investoren oder Geschäftspartner zu finden, das sei meistens Zufall – organisierte Pitches würden bei der Investorensuche nur eingeschränkt helfen. Doch dieses Mal wurde er positiv überrascht. Wuttke und sein Start-up „diafyt MedTech“ gehörten zu den sechs Teams, die das Leipziger DC-Hub im Sommer 2018 ausgewählt hatte, um China kennenzulernen, vor Ort neue Netzwerke zu knüpfen und an verschiedenen Pitches teilzunehmen. Das Leipziger DC-Hub ist eines von sieben Alumnifachnetzen, die zu den Deutsch-Chinesischen Alumnifachnetzwerken (DCHAN) gehören (siehe Kasten). „Ich wollte mir zunächst einmal alles anschauen, um zu lernen, wie China funktioniert“, sagt Wuttke, der mit diafyt eine durch Künstliche Intelligenz gesteuerte App auf den Markt bringen will, die Diabetes-Patienten dabei hilft, ihr Insulin richtig zu dosieren. Kaum war er in Shanghai, ergab sich ein Kontakt zu einem chinesischen Start-up, das mit ihm zusammenarbeiten wollte, weil dieses die Hardware für einen Glukosesensor entwickelt hatte. „In Deutschland konnte ich keinen passenden Dienstleister finden.“ Das Interesse an einer Zusammenarbeit war bei den Chinesen groß, man vereinbarte ein Business Meeting. „Das war top. Alles ging unkompliziert und schnell.“ Das Projekt sei zwar aktuell on hold, man stehe aber nach wie vor in Kontakt. Inzwischen sind andere chinesische Unternehmen auf den Leipziger Start-up-Gründer aufmerksam geworden. So das chinesische Pharmaunternehmen Tasly, das mit dem Leipziger gemeinsame Projekte entwickeln will.

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Der Leipziger Thomas Wuttke ist Gründer des Start-ups diafyt MedTech und wurde im Sommer 2018 ausgewählt, China kennenzulernen, um neue Netzwerke zu knüpfen

China verstehen lernen und Kontakte knüpfen
„Wer im Milliardenmarkt China Fuß fassen will, muss das Land und seine Menschen verstehen lernen“, sagt Wuttke. Sein Besuch war wichtig, um Vorurteile abzubauen und zu erkennen, wie modern und digital die chinesische Gesellschaft ist. Inzwischen war Wuttke ein zweites Mal in China: diesmal als Gastdozent an der Universität Shenyang. Und zu Hause in Leipzig pflegt er nach wie vor seine Kontakte zum DC-Hub, der professionellen Plattform, die für Start-ups und Unternehmen Workshops, Events sowie China-Aufenthalte organisiert, um das Reich der Mitte als Absatzmarkt oder Produktionsort kennenzulernen.

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In Leipzig pflegt Thomas Wuttke seine Kontakte zum DC-Hub, der neben Workshops und Events auch China-Aufenthalte organisiert

Bilaterale Kooperation: großes Interesse
Der DC-Hub an der Universität Leipzig kann diese Veranstaltung anbieten, weil er Teil der DCHAN-Fördermaßnahme ist. Diese wird seit 2017 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und hat das Ziel, über deutsche Alumni sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in China studiert, geforscht oder gearbeitet und ein Netzwerk aufgebaut haben, deutsch-chinesische Kooperationen zu fördern. „Und das Interesse daran ist groß, nicht nur bei den deutschen, sondern auch bei den chinesischen Alumni“, erzählt Cécile Jeblawei, die beim DAAD das DCHAN-Begleitvorhaben betreut. „Als man sich kürzlich an der RWTH Aachen traf, um sich über erneuerbare Energien und E-Mobility auszutauschen, kam die Hälfte der 70 Teilnehmenden aus China.“ Der Grund: Die deutschen und chinesischen Alumni aus Forschung und Industrie haben festgestellt, dass bilaterale Kooperationen sinnvoll sind. Grundlagenforschung aus Deutschland und Anwendungserfahrungen aus China ergänzen sich ideal. Aber auch auf anderen Gebieten lohnen sich Kooperationen. So etablieren deutsche Experten aus Freiburg und Heidelberg gerade mit ihren chinesischen Kolleginnen und Kollegen den bisher vernachlässigten Fachbereich der psychosomatischen Medizin an chinesischen Kliniken. Dabei entwickeln sie innovative medizindidaktische Konzepte und arbeiten an einer deutsch-chinesischen Consulting-Plattform, der ersten ihrer Art, die Expertise und Kooperationsanfragen beider Länder auf ökonomische Weise zusammenführt.

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Martin Gothe/DC-Hub

Die Shanghai Start-up Class im Rahmen des DC-Hub

Alumni-Netzwerke an sieben Standorten
Aktuell bietet DCHAN sieben Alumnifachnetze unter der Federführung einer deutschen Hochschule oder Forschungseinrichtung an. Dazu gehören verschiedene Fach- und Themengebiete.
 

Die sieben Alumnifachnetzwerke des DCHAN

1. Entrepreneurship (DC-Hub/Universität Leipzig) (https://dc-hub.de/)
2. Geistes- und Sozialwissenschaften (Institut für Philosophie/FU Berlin) (https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/dchan/index.html)
3. Logistik (Fraunhofer Institut Dortmund)
(https://www.iml.fraunhofer.de/de/abteilungen/b2/supply-chain-development---strategy/gefoerderte-projekte/alurout.html)
4. Ingenieurwesen (RWTH Aachen)
5. Neurowissenschaften (Philipps-Universität Marburg) (https://www.dchan-projekt.de/alumnifachnetze/neurowissenschaften/)
6. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (Universitätskliniken Heidelberg und Freiburg) (https://www.dchan-projekt.de/alumnifachnetze/psychosomatische-medizin-und-psychotherapie/)
7. Urbanisierung und Stadtentwicklung (TU Berlin) (https://www.china.tu-berlin.de/menue/projekte/urbanixx/)

„Jedes dieser sieben Fachnetzwerke verfügt über einen wachsenden Expertenpool“, sagt Jeblawei. „Hier entstehen gerade viele neue Ideen, viele Synergien, auch zwischen den Fach- und Themengebieten. Unser Auftrag ist es auch, die Impulse und Anregungen, die Deutsche aus China mitbringen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gerade zu einer Zeit, in der die politischen Rahmenbedingungen für China-Projekte schwieriger geworden sind, sind die persönlichen Erfahrungen über das Netzwerk umso wichtiger. Für den Forschungsstandort Deutschland ist das internationale Netzwerken enorm wichtig.“ Im kommenden Jahr werden die Netzwerkerinnen und Netzwerker auf einer großen Konferenz in Berlin ihre Resultate vorstellen. Vielleicht wird auch Thomas Wuttke mit dabei sein und von seinen Erfahrungen mit Kooperationen im Reich der Mitte berichten.

Michael Siedenhans (9. September 2019)

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