KI-Reise durch Deutschland
DAAD/Anika Büssemeier
Die Postdoc-Gruppe besuchte gemeinsam das Research and Application Center Industrie 4.0 an der Universität Potsdam
Die Postdoctoral Researchers Networking Tour (Postdoc-NeT) gab internationalen Nachwuchsforschenden Einblicke, wie innovativ Wissenschaft und Unternehmen in Deutschland mit den Themen Künstliche Intelligenz und Industrie 4.0 umgehen.
Exzellente junge Forscherinnen und Forscher, die sich mit dem Themenfeld Künstliche Intelligenz (KI) befassen, sind international gefragt. Doch für welche Karriereoption in welchem Land entscheiden sich die Talente? Dass neben den aktuellen KI-Vorreitern USA, China, Japan und Großbritannien auch Deutschland als Forschungsstandort hochattraktive Möglichkeiten bietet, bewies die Postdoc-NeT „The Internet of Things, Cyber-physical Systems, and the Future of Manufacturing: Developing Industry 4.0 in Germany”. Die teilnehmenden jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tourten Ende September 2019 eine Woche lang durch Deutschland, besuchten Top-Universitäten, Forschungsinstitute und Unternehmen. Sie machten sich dabei ein Bild vom hohen Grad der Professionalität rund um KI-Anwendungen – und konnten ganz nebenbei auch Kontakte knüpfen. Vier Teilnehmende berichten.
Shraddha Arora Chaudhary
„Ich arbeite an Innovationen im Bereich KI, die im Grunde relevant für die meisten Industrien sein sollten. Da frustriert es mich manchmal, dass wir uns relativ stark auf Grundlagenforschung fokussieren und erst im Nachgang überlegen, wie wir unsere Ergebnisse konkret in der Industrie anwenden sollen. Im Vergleich dazu finde ich das deutsche System bei weitem effizienter. Mich fasziniert die ausgeprägte Interdisziplinarität − damit bekommt man beispielsweise das Problem in den Griff, dass Ingenieure im Bereich Informatik und Informatiker im Bereich Ingenieurwissenschaften oft zu wenig Expertise vorzuweisen haben. Wir müssen aber beide Welten kombinieren, um zu wirklich guten Ergebnissen zu kommen.“
Shraddha Arora Chaudhary ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Indian Institute of Technology, Neu-Delhi (Indien). Chaudharys Forschungsgebiet ist der Einsatz von Machine-Learning-Technologie zur optimierten Steuerung von Industrierobotern. In ihrem Studium an der Delhi Technological University (Indien) beschäftigte sie sich mit den Themen VLSI (integrierte Schaltkreise) und Embedded Systems
Noor Hafizah Amer
„Als ich von der PostDoc-Tour durch Deutschland erfahren habe, fand ich das sofort interessant. Mich hat schon immer beeindruckt, wie effektiv das deutsche Innovationssystem darin ist, neueste Forschungen auch schnell in die Praxis umzusetzen. In meinem Spezialgebiet, der Anwendung von Machine-Learning-Prozessen zur verbesserten Steuerung autonomer Fahrzeuge, ist das hochrelevant. Was sich für mich während der Tour gezeigt hat: Es ist nicht nur die hohe Qualität der Ausbildung und die sehr gute Ausstattung der Universitäten und Forschungsinstitute, sondern vor allem eine ganz bestimmte Arbeitskultur, die Deutschland so erfolgreich macht im Bereich industrieller Technologien. Damit meine ich die Anwendungsbezogenheit, aber auch die Wertschätzung einer guten Lebensqualität außerhalb des Jobs. Ich würde mir wünschen, im Rahmen eines Fellowships noch mehr über den deutschen Forschungsstil zu erfahren.“
Noor Hafizah Amer ist Dozentin an der Fakultät für Maschinenbau der Nationalen Verteidigungsuniversität Malaysia. Amer studierte Maschinenbau an der University of Nottingham (Großbritannien) und an der University of Malaya (Malaysia). Sie forscht zum Einsatz von KI-Systemen im Bereich autonomes Fahren
Chao Liu
„Das deutsche Forschungssystem unterscheidet sich deutlich von dem, was ich aus anderen Ländern kenne, etwa China oder Neuseeland. Die deutschen Universitäten sind eng vernetzt mit außeruniversitären Forschungsinstituten, und beide arbeiten in enger Kooperation mit der Industrie. Das war zu Beginn der Tour schon sehr fremd für mich, aber ich denke, es ist ein gutes System. Was mich auf jeden Fall beeindruckt hat, war die Ausstattung mit den wirklich neuesten Geräten, wie wir sie zum Beispiel an der RWTH Aachen gesehen haben. Für mich als Experten für Maschinenbau war Deutschland schon immer die erste Wahl als Forschungsstandort. Die Ausbildung gehört zur besten weltweit, und ich kenne auch kein Land, das so anwendungsbezogen forscht. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, in Deutschland zu arbeiten – auch wenn ich dann neben Englisch wohl noch eine weitere Sprache lernen müsste.“
Chao Liu arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen des EU-Projektes MANUELA (KI-unterstützte Bilderkennung im Bereich additive Fertigung) an der Cardiff University (Großbritannien). Liu studierte Maschinenbau an der Northeastern University in Shenyang (China) und erhielt seinen PhD an der University of Auckland (Neuseeland)
Alvaro Fuentes Lopez
„Ich hatte schon während meines Studiums die Gelegenheit, für kurze Zeit nach Deutschland zu kommen. Für mich war Deutschland schon immer eine Nation mit einer beeindruckenden Innovationskraft, ein Land der Ideen. Und es ist auf jeden Fall etwas dran, an diesem Image, gerade wenn man die Gelegenheit bekommt, sich wie wir hier auf der Tour genauer mit dem deutschen System zu beschäftigen. Meiner Meinung nach sind es vor allem drei Eigenschaften, die Deutschland so erfolgreich machen: der hohe Grad an Organisation, die Interdisziplinarität und die gute Qualität der Ausbildung, sowohl in der Lehre als auch in der Forschung. Die Studierenden in Deutschland haben die Möglichkeit, nicht nur mit der Gesellschaft zu interagieren, sondern auch mit der Industrie – etwas, das in anderen Ländern alles andere als selbstverständlich ist.“
Alvaro Fuentes Lopez forscht als Postdoc-Stipendiat der Fakultät für Elektrotechnik der Chonbuk National University (Südkorea) auf dem Gebiet der KI-unterstützten Mustererkennung. Seinen Bachelor absolvierte er in Mechatronik an der Universidad Técnica del Norte (Ibarra, Ecuador), seinen Master an der Chonbuk National University (Südkorea)
Protokolle: Klaus Lüber (10. Oktober 2019)