Germany? „Very good“!
privat
Michael Peak, British Council, befasst sich mit der Internationalisierung von Hochschulsystemen
Die aktuelle Studie des British Council „The Shape of Global Higher Education: International Comparisons with Europe” vergleicht Rahmenbedingungen und Ergebnisse der Internationalisierung von Hochschulen in 20 Ländern und stellt Deutschland ein sehr gutes Zeugnis aus. Michael Peak, Leiter Forschung Hochschulsysteme beim British Council, erläutert die Ergebnisse aus deutscher Sicht.
Herr Peak, die Internationalisierung der Hochschulbildung ist ein äußerst wettbewerbsintensives Umfeld. Welches sind Ihrer Studie nach die wichtigsten Maßnahmen, die Länder ergreifen können, um internationale Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen? Wie schneidet Deutschland im Hinblick darauf ab?
Um nachhaltigen Erfolg bei der Internationalisierung der Hochschulbildung sicherzustellen, ist es zunächst wichtig, ein vertrauensvolles Klima zu schaffen. In Bezug auf internationale Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lässt sich dieses Vertrauen zum Beispiel durch klare, einheitliche und transparente Prozesse bei der Visavergabe herstellen. Aber auch Regeln, die die Aufnahme einer Arbeit während des Studiums und danach sowie die Begleitung durch einen Ehepartner ermöglichen, können helfen.
Nationale Systeme sind für internationale Studierende dann attraktiv, wenn sie auch gegenüber neuen Formen der Mobilität offen sind, wenn es beispielsweise Verfahren zur Anerkennung von Qualifikationen und Studienleistungen aus anderen Ländern gibt, wenn transnationale Bildung oder transnationale Studiengänge und Anbietermobilität usw. gefördert werden. Darüber hinaus sind natürlich auch Systeme, die internationalen Studierenden und Wissenschaftlern Zugang zu finanzieller Unterstützung bieten – in Form von Stipendien, mobilen Darlehen usw. –, als Gastländer attraktiver. Das alles sind Bereiche, in denen Deutschland die internationale Hochschulbildung fördert.
Sie haben sich in Ihrer Studie mit den verschiedenen nationalen Ebenen des politischen Engagements für internationale Zusammenarbeit auseinandergesetzt. Wie lassen sich diese Unterschiede messen und welche Ergebnisse erzielt Deutschland in Bezug auf die Indikatoren für politisches Engagement?
Die Studie „The Shape of Global Higher Education“ vergleicht die nationale Unterstützung für internationales Engagement im Hochschulbereich. Wir haben einen Index mit insgesamt 37 verschiedenen Indikatoren in drei Kategorien erstellt: Offenheit des Bildungssystems, Qualitätssicherung und Anerkennung von Abschlüssen sowie gerechter Zugang und Nachhaltigkeit (siehe Kasten).
Die Studie basiert in erster Linie auf Quellenanalysen, und jeder Indikator wird anhand öffentlich zugänglicher Informationen bewertet. Dabei weisen wir jedem Indikator eine Punktzahl zu: 1, wenn das Kriterium vollständig erfüllt ist, 0,5, wenn das Kriterium teilweise erfüllt ist, und 0, wenn das Kriterium nicht erfüllt ist. Je höher also die Punktzahl für ein Land, desto höher die staatliche Unterstützung für Engagement im internationalen Hochschulwesen.
Diesen Ansatz für die Bewertung und den Vergleich der nationalen Unterstützung für internationale Hochschulbildung halten wir für sehr sinnvoll. Natürlich hat jedes Land seine eigenen Prioritäten, Perspektiven und Herausforderungen, und es ist uns bewusst, dass diese bei der Betrachtung der Ergebnisse unserer Studie berücksichtigt werden müssen. In allen Bereichen unseres Index schneidet Deutschland sehr gut ab.
Deutschland zählt zu den Ländern Ihrer Studie, die eine eigene Einrichtung zur Förderung der internationalen Hochschulbildung haben. Können Sie ein wenig auf die Unterschiede zwischen Deutschland und anderen Ländern mit und ohne einer entsprechenden Einrichtung eingehen? Oder anders ausgedrückt: Was zeichnet die Aktivitäten des DAAD im internationalen Vergleich aus?
In unserer Studie haben wir untersucht, ob ein Land über eine oder mehrere spezielle Einrichtungen zur Förderung der Internationalisierung der Hochschulbildung verfügt, da wir das für eine sinnvolle Maßnahme halten. Eine solche Einrichtung ist ein klares, nach außen hin wirksames Signal für die Internationalisierungsabsicht eines Landes.
Es gibt viele verschiedene Beispiele für solche Organisationen, darunter der British Council in Großbritannien als die nationale Organisation für kulturelle Beziehungen und Bildungsmöglichkeiten, der DAAD in Deutschland, der sich auf den Bildungsaustausch konzentriert, wobei die kulturellen Beziehungen eher in den Zuständigkeitsbereich des Goethe-Instituts fallen, Nuffic in den Niederlanden, Campus France usw. Wir haben allerdings nicht direkt die Qualität, die Prioritäten, die Finanzierung, den Erfolg usw. dieser Einrichtungen bewertet, sondern nur, ob sie existieren oder nicht.
Nachhaltige Entwicklung braucht Transnationale Bildung (TNB). Sie haben sich auch mit verschiedenen Ansätzen der TNB auseinandergesetzt. Wie zeichnet sich Ihren Ergebnissen nach der spezifische Ansatz Deutschlands aus, und welche Vor- und Nachteile sehen Sie im Vergleich zu anderen Ansätzen der Transnationalen Bildung?
Programme für Transnationale Bildung bieten zahlreiche Vorteile – für alle beteiligten Partnerländer sowie für die Partnereinrichtungen und die Studierenden, aber auch für eine nachhaltige Entwicklung, zum Beispiel durch die Anhebung der Qualitätsstandards, den Aufbau von Kapazitäten und Fähigkeiten von Fachkräften oder die Entwicklung interkultureller und sprachlicher Fähigkeiten usw. Die Studie berücksichtigt mehrere nationale Indikatoren, die sich auf das transnationale Bildungsangebot beziehen. Der deutsche Ansatz für Transnationale Bildung scheint ein besonders kooperativer zu sein: Neben nationaler Unterstützung durch den DAAD arbeiten die verschiedenen Einrichtungen eng zusammen, um die Ausbildung auf die besonderen Bedürfnisse eines Partnerlandes abzustimmen. Ein solcher Ansatz wirkt sich sehr positiv auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung aus.
Interview: Astrid Hopp (16. Januar 2020)
Weitere Informationen
Die Studie im Überblick
- „The Shape of Global Higher Education: International Comparisons with Europe”
- Untersucht wurden die nationalen Bildungssysteme ausgewählter Länder Europas (Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Russland, und Spanien) und Amerikas (Brasilien, Chile, Kanada, Kolumbien, Mexiko, USA) sowie in Australien, China und Indien.
- Die Bewertung erfolgte anhand von drei übergreifenden Kriterien:
„Offenheit und Mobilität“ (Strategie für internationale Hochschulbildung, Visapolitik für Studierende und Wissenschaftler, Programm- und Anbietermobilität);
„Qualitätssicherung und Anerkennung von Abschlüssen“ (Qualitätssicherung von Studiengängen, Anerkennung ausländischer Qualifikationen);
„Zugang und Nachhaltigkeit“ (Förderung der Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern im In- und Ausland oder Maßnahmen zur Unterstützung der internationalen Entwicklung und des Aufbaus von Kapazitäten sowie zur Förderung von Fremdsprachen- und interkultureller Kompetenz). - Die Bundesrepublik erzielte in allen analysierten Punkten sehr gute Bewertungen und landete hinter den Niederlanden auf Platz 2 des Rankings.
- Die Studie erscheint seit 2016 jährlich und analysiert, durch welche politischen Rahmenbedingungen Regierungen ihre Hochschulen bei der Internationalisierung unterstützen.