„DAAD-Programme für nachhaltige Hochschulpartnerschaften“
DAAD/Paul Munene
Zu Besuch in Kenia: Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, DAAD-Präsident, im Gespräch.
DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee begleitete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Anfang März auf einem Staatsbesuch in Kenia. Im Interview spricht er über die Herausforderungen für die Bildungssysteme der afrikanischen Länder, eine nachhaltige akademische Zusammenarbeit und die Frage, wie Deutschland und der DAAD diese Kooperation künftig unterstützen können.
Herr Prof. Mukherjee, Sie haben den Bundespräsidenten im Februar auf einer Reise nach Ostafrika begleitet und konnten sich ein Bild von der Zusammenarbeit vor Ort machen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Was mich am meisten bewegt hat, ist die Tatsache, dass ich überall DAAD- und Deutschland-Alumni getroffen habe, die sehr positive Erinnerungen an ihr Stipendium in Deutschland haben und sich bis heute mit uns verbunden fühlen.
Es zeigt einmal mehr, dass die über 40-jährige Präsenz des DAAD in Kenia und der Region Früchte trägt und wir auf ein gutes und großes Netzwerk von Partnerinnen und Partnern sowie Freundinnen und Freunden bauen können. Die akademische Zusammenarbeit ist auch deshalb nachhaltig, weil Geförderte in ihr Heimatland zurückkehren und in Politik, Hochschule und Wirtschaft Schlüsselpositionen einnehmen und dadurch für Deutschland wichtige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für den Austausch und für Kooperationen sind.
Bei meinem Besuch an der Universität Nairobi und an der Kenyatta-Universität und den vielen persönlichen Treffen waren es immer wieder Alumni, die mich mit ihren Biografien beeindruckt haben, viele von ihnen in leitenden Positionen, wie der Vice Chancellor der Universität Nairobi oder der kenianische Bildungsminister George Magoha. Der Vizepräsident der Republik Kenia, William Ruto – auch ein DAAD-Alumnus –, hat sich bei mir persönlich für sein DAAD-Stipendium in den 1990er Jahren bedankt, er hat dies auch in seiner Rede in der Residenz des deutschen Botschafters erwähnt.
Welche Interessen haben die ostafrikanischen Partner?
Die Herausforderungen für die Bildungssysteme in den Ländern Afrikas sind groß. Für den kenianischen Staatspräsidenten Uhuru Kenyatta und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier standen Bildung und Beschäftigungsfähigkeit der wachsenden jungen Bevölkerung Kenias daher im Fokus der Gespräche. Durch das geschätzte Bevölkerungswachstum in den Ländern Subsahara-Afrikas – bis 2050 wird eine Verdoppelung prognostiziert – steigt der Druck auf die Bildungssysteme. Der Bedarf an Kapazitäten, Lehrpersonal und qualitativer Ausbildung auf allen Bildungsstufen steigt daher stark an. Afrikanische Partnerinnen und Partner wünschen internationales Engagement genau in diesen Bereichen: bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, für Programme zur Qualitätssicherung, aber auch in der Implementierung von Bildungsangeboten mit stärkerem Praxisbezug sowie in der Entwicklung von Curricula und Lehrinhalten mit Arbeitsmarktbezug und Beschäftigungsfähigkeit. Hier können Deutschland und besonders der DAAD gemeinsam mit seinen Mitgliedshochschulen unterstützen. Insbesondere das Modell der Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die duale Ausbildung sind gefragt.
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee (l.) begleitete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf einem Staatsbesuch nach Kenia. Hier mit der Leiterin der DAAD-Außenstelle Nairobi Beate Schindler-Kovats, Kenias Staatspräsident Uhuru Kenyatta, Steinmeier, Kenias Vizepräsident William Ruto, DAAD-Stipendiatin Caroline Kung'u (v. l.).
Wo sehen Sie Möglichkeiten der Intensivierung der neue Kooperationsansätze für deutsche Hochschulen? Wie kann man die Interessen zusammenbringen?
Der deutsch-kenianische Austausch im Individualbereich läuft seit Jahren sehr gut – Tendenz steigend. Bei meinen Gesprächen mit den Hochschulleitungen an der Universität Nairobi und der Kenyatta-Universität habe ich für eine nächste Stufe zum Ausbau der akademischen Beziehungen geworben. Institutionelle Kooperationen und strategische Partnerschaften können für die Zusammenarbeit in Lehre und Forschung neue Handlungsfelder eröffnen. Dort, wo wir langjährige und gute Partnerinnen und Partner sowie Alumni haben, sollten die Kooperationsprogramme, die der DAAD anbietet, stärker genutzt werden, um nachhaltige Hochschulpartnerschaften aufzubauen. Ich sehe hier Chancen für kenianische Partnerinnen und Partnern mit Netzwerken in der Region, die auch für deutsche Hochschulen attraktiv und interessant sein können. Besonders Kenia ist in einigen Bereichen sehr weit fortgeschritten, zum Beispiel in der Digitalisierung gibt es innovative Ansätze, davon konnte ich mich im I-Hub selbst überzeugen. Hier müssen wir ein neues Denken und eine stärkere Win-Win-Position gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern vor Ort entwickeln.
Was sind für Sie die wichtigsten Aufgaben bei der Zusammenarbeit mit Afrika?
Bildungssysteme müssen Wissenstransfer, Technologie und Kreativität fördern, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu leisten. Das gilt besonders für Afrika, den Kontinent, der in einigen Jahren der bevölkerungsreichste mit einem großen Potenzial an jungen Menschen sein wird. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance für Europa und Afrika. Es ist kein Zufall, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zum zweiten Mal seit Amtsantritt in der letzten Woche im äthiopischen Addis Abeba die Bedeutung der strategischen Partnerschaft zwischen dem Kontinent und der Kommission der Afrikanischen Union (AUC) und der EU verdeutlichte.
In meiner Rede an der Kenyatta-Universität habe ich deshalb für die künftige Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas folgende Schwerpunkte genannt: Verbesserung der Qualität der Ausbildung sowie Ausbau der Forschungskapazitäten durch die Zusammenführung exzellenter Forschungspartnerinnen und -partnern aus Deutschland und Afrika. Seit zehn Jahren fördert der DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amts insgesamt zehn Fachzentren in Afrika. Der Aus- und Aufbau weiterer Exzellenzzentren in Afrika ist ein wichtiger Schritt in der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit im Hochschulbereich und als Capacity Building für afrikanische Institutionen. Wir planen aktuell zwei weitere Fachzentren in Afrika und ein neues Programm „Leadership for Africa“, die genau bei den Bedarfen unserer Partnerinnen und Partner ansetzen.
Das Thema Digitalisierung für den Hochschul- und Wissenschaftsbereich habe ich bereits erwähnt. Ich halte dies für ein unverzichtbares Element, Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten für die globale Zusammenarbeit in Lehre und Forschung, einschließlich neuer curricularer Komponenten und Verflechtungen wie Blended-Learning-Angeboten. Ich bin davon überzeugt, dass mehr digitale Komponenten zwischen deutschen und afrikanischen Hochschulpartnerinnen und -partnern zu einer deutlichen Aufwertung bestehender und neu entstehender Kooperationsprojekte führen wird.
Ich sehe aber auch im Wissensmanagement und im Zugang zu sowie der Verbreitung von Wissen über deutsche und afrikanische Universitäten ein Handlungsfeld, um die künftige Zusammenarbeit zu verbessern. Auch wenn Wissen heute durch soziale Medien breiter gestreut wird, ist das qualitative und spezielle Know-how insbesondere im Bereich der Bildungs- und Hochschulkooperation für Partnerinnen und Partner sowie Entscheidungsträgerinnen und -träger wichtiger denn je. Ich habe in Kenia erlebt, wie schwer es für unsere Partnerinnen und Partner ist, das komplexe föderale Bildungssystem in Deutschland zu verstehen. Da geraten die Begriffe duale Ausbildung, Berufsschulen, Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften schon mal durcheinander, und es kommt zu Missverständnissen auf beiden Seiten. Die Reise war ein wichtiger Schritt, um gegenseitig deutlich zu machen, was gebraucht wird, und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu erörtern.
(11. März 2020)
Weiterführende Links
Staatsbesuch: DAAD-Präsident begleitete Bundespräsidenten nach Nairobi