Wo die Woche sonntags beginnt
DAAD/Sarah Nasser
Gabriele von Fircks leitet die DAAD-Außenstelle in der jordanischen Hauptstadt Amman.
Zum weltweiten Netzwerk des DAAD zählen auch die inzwischen insgesamt 18 Außenstellen auf vier Kontinenten. Anfang des Jahres 2020 wurde das frühere Informationszentrum in Amman in eine Außenstelle umgewandelt. In der jordanischen Hauptstadt hält Gabriele von Fircks seit 2017 für den DAAD die Stellung.
Die Umwandlung des DAAD-Informationszentrums in eine Außenstelle verlief in Amman still und leise. Schuld ist die Corona-Pandemie. Die für April geplante offizielle Eröffnung wurde kurzerhand auf das nächste Jahr verschoben. Doch die Zeiten werden auch in Jordanien allmählich besser: Während der Fastenmonat Ramadan im April und Mai noch ganz im Zeichen von Covid-19 stand, bewegte sich das Leben zum Zeitpunkt des Opferfests Ende Juli schon wieder in Richtung Normalität. „Die Ausgangssperre während der Nacht wurde verkürzt, damit die Menschen feiern konnten. Mehr als 20 Personen dürfen zwar weiterhin nicht zusammenkommen und es gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht, aber vieles läuft wieder fast normal“, berichtet Außenstellenleiterin Gabriele von Fircks aus der jordanischen Hauptstadt. So kehrte auch die Außenstelle schrittweise wieder zum Normalbetrieb im Büro zurück, allerdings noch ohne Publikumsverkehr. Inzwischen steigen auch die Infiziertenzahlen in Jordanien wieder leicht an, sodass von Fircks und ihr Team erneut einige Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten. Wegen der Quarantänebestimmungen verzichtete die DAAD-Mitarbeiterin in diesem Sommer auf ihren Heimaturlaub. Die Sorge, nicht rechtzeitig wieder einreisen zu können, war zu groß. „Aber hier ist es auch schön“, sagt sie ohne Bedauern und bekräftigt: „Mir gefällt es in Amman wirklich gut, ich fühle mich sehr wohl und sicher. Die Menschen sind äußerst nett und gastfreundlich, zugleich angenehm zurückhaltend.“ Eine deutliche Liebeserklärung an die Vier-Millionen-Metropole, die das kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Zentrum Jordaniens darstellt.
Von Bonn über Nairobi nach Amman
Erste Berührungspunkte mit dem Land hatte Gabriele von Fircks, als sie beim DAAD für die Entwicklungsbezogenen Postgraduiertenprogramme (EPOS) zuständig war. Dreimal kam sie zwischen 2014 und 2017 durch Dienstreisen nach Jordanien. „Damals hätte ich nicht gedacht, dass ich hier einmal länger leben würde“, so von Fircks. Die Gelegenheit dazu ergab sich dann 2017, als die Leitungsstelle im Informationszentrum in Amman frei wurde. Da musste sie nicht lange überlegen. Zuvor hatte die Tätigkeit beim DAAD sie 2005 nach Nairobi geführt, wo sie als Außenstellenleiterin für Ostafrika zuständig war. 2010 kehrte sie wieder zurück nach Bonn und übernahm das Referat für Frankreich und die Beneluxstaaten, das später um Spanien und Portugal erweitert wurde.
Mit der Umwandlung in eine Außenstelle zog das DAAD-Team im selben Gebäude in größere Räumlichkeiten: Gabriele von Fircks mit Mitarbeiterin Nadia Shugair.
Sprachen in der Außenstelle: Arabisch, Deutsch und Englisch
Inzwischen ist ihr Arabisch so weit, dass die Außenstellenleiterin sich im Alltag verständigen kann. In der Außenstelle spricht sie mit ihren Mitarbeiterinnen Amani Kassis und Luna Ismail Englisch, mit Nadia Shugair, die eine deutsche Mutter hat, und dem ehemaligen DAAD-Alumnus Dr. Abdelnasser Hindawi auch Deutsch. Die Kolleginnen und der Kollegen beraten Interessierte zu Studien und Stipendien auf Arabisch. Dazu gehört seit Kurzem auch ein – im Rahmen des EU-finanzierten EDU-SYRIA-Programms laufendes – Masterstipendienprogramm für syrische Flüchtlinge und jordanische Studierende, die aus schwierigen finanziellen Verhältnissen stammen. „Früher als Informationszentrum waren wir der Deutsch-Jordanischen Universität GJU angegliedert, jetzt sind wir dem Kulturministerium unterstellt und dadurch eigenständiger geworden“, erklärt von Fircks den neuen Status. Die neue Außenstelle ist über Jordanien hinaus auch für die umliegende Region zuständig. „So gehören die Vereinigten Arabischen Emirate zu unserem Aufgabenbereich, seit Juni auch der Irak, im Oktober soll der Libanon hinzukommen, aber bisher hatte ich wegen der Corona-Pandemie noch keine Gelegenheit, mich vor Ort umzuschauen“, sagt die Außenstellenleiterin. Covid-19 sorgte auch dafür, dass viele Infoveranstaltungen, die sonst regelmäßig an den Hochschulen des Landes oder im Goethe-Institut laufen, virtuell stattfinden. „Neulich erst hatten wir ein Webseminar für jordanische Doktorandinnen und Doktoranden, die sich für ein PhD-Stipendium in Deutschland bewerben. Und unsere digitalen Info-Sessions sind jede Woche gut besucht“, sagt von Fircks. „Der DAAD ist hier sehr bekannt und beliebt. Wir bekommen ständig Anfragen für Veranstaltungen, damit wir dort über unsere Partner- und Stipendienprogramme informieren können.“
Man spricht auch Deutsch: Gabriele von Fircks im Gespräch mit dem Mitarbeiter und ehemaligen DAAD-Alumnus Dr. Abdelnasser Hindawi.
Positives Deutschlandbild
Überhaupt sei das Interesse an Deutschland groß. „Die Jordanier haben ein positives Bild von unserem Land und viele zieht es dorthin. Fast jede jordanische Familie scheint Verwandte im Ausland und auch in Deutschland zu haben“, berichtet die Außenstellenleiterin. Kein Wunder bei einem kleinen Land mit zehn Millionen Einwohnern, von denen 60 Prozent palästinensischen Ursprungs sind. Die Deutschkurse im Goethe-Institut sind regelmäßig überlaufen; in der Schule ist Deutsch hingegen – bis auf wenige Ausnahmen – kein Unterrichtsfach. In der Sprache sehen viele junge Jordanierinnen und Jordanier auch ein Hindernis, in Deutschland zu studieren – im Fokus steht eher ein Studium in den USA oder Großbritannien. So leistet der DAAD oft Aufklärungsarbeit: „Viele Interessierte sind überrascht, dass sie in Deutschland auch auf Englisch studieren können. Attraktiv ist natürlich, dass man in Deutschland keine Studiengebühren zahlt, die Lehre qualitativ gut ist und man nach der Ausbildung die Perspektive hat, zu bleiben, um dort zu leben und zu arbeiten“, weiß von Fircks. Die Studiengebühren für die jordanischen Hochschulen sind hoch, da die Bildungseinrichtungen stark verschuldet sind. Sie finanzieren sich vor allem aus den Studiengebühren internationaler Studierender, die zum größten Teil aus den Golfstaaten kommen. Zudem bilden die Hochschulen in Jordanien sehr theoretisch aus, was den Übergang in den Arbeitsmarkt erschwert. Die Arbeitslosigkeit gerade in der jüngeren Bevölkerung ist hoch.
Lebt sehr gerne in Amman: Außenstellenleiterin Gabriele von Fircks unterwegs in ihrem Viertel Weibdeh.
Sonntags wieder ins Büro
Donnerstagabend ist die Arbeitswoche zu Ende – in Jordanien beginnt das Wochenende. Freitags und samstags genießt Gabriele von Fircks das Leben vor allem in ihrem Viertel Weibdeh, trifft Freunde zum Essen in einem der unzähligen Restaurants oder macht Ausflüge in die attraktive Umgebung der Hauptstadt. Das Tote Meer etwa ist mit dem Auto nur eine Dreiviertelstunde von Amman entfernt. Sonntags geht es dann wieder ins Büro, das in einem fünfstöckigen Gebäude der University of Jordan in Campusnähe liegt. „Der Wochenrhythmus Sonntag bis Donnerstag ist das, woran ich mich in Jordanien am meisten gewöhnen musste“, sagt von Fircks lachend. Im nächsten Jahr wird die 65-Jährige nach Deutschland zurückkehren – mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Nach 30 Jahren beim DAAD geht sie in den Ruhestand. Die nachträgliche Eröffnung der Außenstelle in Amman wird ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger übernehmen.
Britta Hecker (9. September 2020)
Kurz nachgefragt bei Gabriele von Fircks
Ihr Lieblingsort in Amman?
Das ist tatsächlich Weibdeh, das Viertel, in dem ich wohne. Es ist eine nette, ruhige Gegend mit schönen alten Häusern. Weibdeh entwickelt sich in letzter Zeit immer mehr zum Szeneviertel mit vielen Restaurants, Cafés und kleinen Geschäften, in dem sich Einheimische, Expats und Touristen tummeln.
Ihre Lieblingsbeschäftigung in Amman?
Lesen und Restaurantbesuche mit Freunden gehören sicher dazu. Am Wochenende nutze ich die Zeit auch gerne zum Wandern in den Naturschutzgebieten, die von der Royal Society for the Conservation of Nature ausgewiesen wurden. Sie befinden sich zum Teil nicht weit von Amman entfernt in höheren Lagen, sodass das Klima dort trotz Hitze erträglich bleibt.
Ihr Lieblingsrestaurant in Amman?
Für die einheimische Küche gehe ich sehr gerne ins Thalati Restaurant in meinem Viertel Weibdeh, Al Baouniya Street. Sonst gibt es in Amman wirklich fast alle Küchen der Welt. Um ein Highlight zu nennen: Das Restaurant „Vinaigrette“ im 8. Stock des Al Qasr Metropole Hotel in der Al Oroub Street 4 bietet neben gutem Sushi einen herrlichen Ausblick auf die Stadt.