DAAD in Indien: Wo das akademische Leben pulsiert

DAAD

Deutschland ist ein beliebtes Ziel für Studierende aus Indien. 

2020 wurde die DAAD-Außenstelle Neu-Delhi 60 Jahre alt. Doch von Vorruhestand keine Spur: Neue Projekte wurden angestoßen, bewährte Kooperationen verlängert, und auch die Studierenden sind mehr denn je am Puls der Zeit. Ein Überblick über eine aktive Region.    

Der DAAD hat in Indien einen besonderen Klang. Die Menschen dort sprechen das Akronym nicht als Abfolge von Buchstaben, sondern als ein Wort aus: „Daaaad“. Ihren außergewöhnlichen Ruf verdankt die DAAD-Außenstelle Neu-Delhi hingegen ihrem langjährigen und intensiven Engagement in Südasien. 60 Jahre existiert die Vertretung des DAAD bereits, sie war die erste außerhalb Europas. Ende Oktober wurde das Jubiläum begangen. „Wir hatten ursprünglich ein großes Alumni- und ein Projektleitertreffen unseres Indo-German-Partnership-Programms geplant. Das mussten wir aufgrund von Corona leider absagen“, sagt Dr. Katja Lasch, seit gut einem Jahr Leiterin der Außenstelle Neu-Delhi. Das angesprochene „Indo-German Partnership in Higher Education Programme“ (IGP) unterstützt die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen beider Länder. Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Phase (2016–2020) wurde das IGP kürzlich um weitere vier Jahre verlängert. Auch in der nächsten Phase werden Indien und Deutschland jeweils 3,5 Millionen Euro in neun Kooperationsprojekte investieren.

Video: Dr. Katja Lasch zu 60 Jahren DAAD in Indien:

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Neben solchen und zahlreichen weiteren Fördermaßnahmen zeigte die Reaktion auf die Absage der Feierlichkeiten, wie engagiert, kreativ und wissbegierig der DAAD in Indien auch nach 60 Jahren noch ist: „Wir haben das Beste aus der Situation gemacht und statt der persönlichen Meetings ein Onlinetreffen für die gesamte Region Südasien veranstaltet“, sagt Dr. Lasch. Denn die Außenstelle verantwortet nicht nur die zahlreichen DAAD-Aktivitäten im 1,4-Milliarden-Menschen-Staat Indien, sondern auch jene in den Ländern Bangladesch, Bhutan, Nepal und Sri Lanka. „Das war für uns eine erfolgreiche Premiere mit einem völlig neuen Format.“ 

Neue Wege zum Jubiläum
Insgesamt beteiligten sich mehr als 50 von insgesamt 85 Kooperationsprojekten in Südasien an dem Treffen. Die 108 Teilnehmenden erhielten einen Einblick in einzelne Projekte und Informationen zu Förderprogrammen des DAAD sowie der indischen Regierung. Zudem wurde ein „Matchmaking“ über ein neues Online-Tool angeboten, in dem man sich mit zuvor ausgewählten Institutionen in jeweils 20-minütigen Einzelgesprächen austauschen konnte. Während des dreistündigen Events fanden insgesamt 125 Einzelgespräche statt. Neben den Projektpartnern aus Deutschland und Südasien beteiligten sich auch zahlreiche Referate aus der DAAD-Zentrale und informierten zu den Förderprogrammen. So nutzten beispielsweise deutsche Hochschulen die Gespräche, um neue Institutionen in Südasien kennenzulernen, sich mit anderen deutschen Hochschulen zu vernetzen sowie mit Kolleginnen und Kollegen des DAAD zu sprechen. „Die hohe Beteiligung sowie das positive Feedback der Teilnehmenden zeigt, dass ein hohes Interesse an einem regionalen Austausch über einzelne Förderprogramme hinweg besteht. Daher planen wir, das Format auch in Zukunft anzubieten“, freut sich Dr. Lasch.   

Viele Laudationen im Netz  
Damit das Jubiläum trotz Corona und ausgefallenen Meetings einen feierlichen Rahmen bekam, hatte sich das DAAD-Team noch etwas Besonderes einfallen lassen: Unter dem Hashtag #DAADIndia60 konnten Studierende, Lehrende, Alumni sowie Freundinnen und Freunde des DAAD Grußbotschaften in den sozialen Medien teilen. Diesem Aufruf folgten viele Follower der Außenstelle auf Instagram, Facebook und Twitter. Auch andere Institutionen griffen den Hashtag auf ihren Kanälen auf. Ein informatives wie emotionales Video mit sehenswerten, zeitgenössischen Privataufnahmen sandte Dr. Shobhan Ghosh ein, der 1975 mit dem DAAD Berlin besucht hatte.

Video: „From Bengal to Berlin” (1975–76) von DAAD-Alumnus Dr. Sobhan Gosh

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Auch DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, selbst Sohn indischer Einwanderer, gratulierte der Außenstelle zum Jubiläum: „Wir schauen zurück auf 60 erfolgreiche Jahre der akademischen Kooperation mit Indien. Wir hoffen, dass Deutschland auch weiterhin ein attraktiver Standort für indische Studierende bleibt und wir noch zahlreiche aussichtsreiche Forschungsprojekte fördern können. Es gibt noch viel Potenzial. Übrigens auch für Deutsche, die nach Indien gehen möchten, man denke nur an hochangesehene Institutionen wie das Indian Institut of Technology Madras (IITM).“ 

Traumziel Deutschland
Bei indischen Studierenden sowie Doktorandinnen und Doktoranden steht ein Aufenthalt in Deutschland nach wie vor hoch im Kurs. Von 2018 bis 2019 ist die Anzahl indischer Studierender an deutschen Hochschulen von etwa 20.000 auf rund 25.000 gestiegen. Nur die Staaten des Commonwealth und die USA sind noch beliebter. Sie bilden damit die zweitgrößte Gruppe unter den Bildungsausländerinnen und -ausländern in Deutschland, direkt nach Studierenden aus China. Die Mehrheit der indischen Studierenden (ca. 81 Prozent) kommt zu einem Masterstudium nach Deutschland, elf Prozent von ihnen sind Doktorandinnen und Doktoranden. Auch die Zahl der DAAD-Geförderten ist seit Bestehen der Außenstelle beständig gestiegen. Allein im Jahr 2019 wurden 1.408 Personen aus Indien und 761 Personen aus Deutschland gefördert. 

Im Corona-Jahr 2020 ist es trotz Reisebeschränkungen und schwieriger Visa-Bedingungen gelungen, dass alle Langzeitstipendiatinnen und -stipendiaten ihren Aufenthalt in Deutschland beginnen konnten. „Mit Unterstützung der Botschaft konnten wir ihre Ausreise aus Indien organisieren“, so Dr. Lasch. Kurzzeitaufenthalte wie die Praktika, die im Rahmen der Initiative „A New Passage to India“ gefördert werden, ließen sich in diesem Jahr leider nicht durchführen. „Aber das Interesse ist ungebrochen. Wir haben mit rund 250 digitalen Infoveranstaltungen in den letzten Monaten über 20.000 Menschen erreicht. Das schlägt sich auch in den Bewerberzahlen für 2021 nieder“, berichtet Dr. Lasch. 

DAAD in Indien: Wo das akademische Leben pulsiert

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 In diesem Jahr konnten sich die Projektleiterinnen und Projektleiter des „Indo-German Partnership in Higher Education Programme“ (IGP) nur virtuell treffen. 

Aufklärung zu COVID-19-Vorurteilen 
Neben allen Unwägbarkeiten und Risiken hat die Pandemie auch schöne Geschichten für den DAAD hervorgebracht. Rohit Chakravarty, derzeit Doktorand am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin, studiert als Biologe das Verhalten von Fledermäusen. Konkret untersucht er, wie sich die Vielfalt der Arten im Himalaya über Höhenunterschiede hinweg verändert, was Fledermäuse fressen und wie sie sich in den Bergen zurechtfinden. Aufgrund der Tatsache, dass die Entstehung von SARS-CoV-2, dem verursachenden Virus von COVID-19, möglicherweise auf Fledermäuse zurückzuführen ist, bekam seine Aufklärungsarbeit im Sommer eine Menge Aufmerksamkeit. Auf seinem Blog und auf YouTube kämpft Chakravarty gegen gängige Vorurteile über Fledermäuse an. „Rohit forscht auch zu SARS-Viren und macht richtig gute und moderne Wissenschaftskommunikation“, bestätigt Dr. Lasch. Um es mit einem Bonmot aus den 1960er-Jahren zu sagen: Diesen Ruf heftet sich der indische Wissenschaftsnachwuchs sicher gerne ans Revers.

Oliver Knoch (30. November 2020)