„Wir werden hier sehr gut wahrgenommen“

Miguel Ruiz/DAAD

Lateinamerika-Expertin Dr. Martina Schulze freut sich, dass die Angebote der neuen DAAD-Außenstelle in Bogotá auf großes Interesse stoßen.

Vor gut einem Jahr hat die neue DAAD-Außenstelle in Bogotá ihre Türen geöffnet. Außenstellenleiterin Dr. Martina Schulze berichtet von den positiven Beziehungen zwischen Kolumbien und Deutschland, spannenden Onlineformaten und der durch Lockdown und Homeoffice verbesserten Luftqualität in der Millionenmetropole.

Sie ist zwar passionierte Fußgängerin, aber die zahlreichen Aktionen rund ums Fahrradfahren in Bogotá beeindrucken Dr. Martina Schulze sehr. Kein Wunder: Kolumbiens Hauptstadt verfügt bereits über ein relativ großes Radwegenetz von etwa 550 Kilometern Länge. Sonn- und feiertags sind die Hauptverkehrsachsen von 7 bis 14 Uhr für die „ciclovía“, eine Art autofreier Sonntag, gesperrt. Hinzu kommen ähnliche Aktionen für die Abendstunden. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie setzt die Stadt noch mehr aufs Fahrrad und wandelte gleich zu Beginn 117 Kilometer Hauptverkehrsstraßen in temporäre Radwege um. „Ich habe schon viele Länder in Lateinamerika bereist, habe vorher die Außenstelle in Brasilien geleitet und vor vielen Jahren die ehemalige Außenstelle in Costa Rica. Aber die neue Fahrrad-Affinität der Bogotanos ist wirklich bemerkenswert“, so die Leiterin der neuen DAAD-Außenstelle Bogotá. Schulze ist bereits seit Oktober 2019 vor Ort, um die Umwandlung des bisherigen Informationszentrums in eine DAAD-Außenstelle zu organisieren. Nun kümmert sie sich um den Ausbau.

Dr. Martina Schulze mit dem Team der Außenstelle


Auf Wachstum eingestellt
Von ihrer privaten Wohnung bis zur Außenstelle im Viertel Chapinero Alto im Westen Bogotás benötigt Schulze nur drei Minuten zu Fuß. Aus ihrem Bürofenster schaut sie auf die Botschaft von Paraguay. „Die Außenstelle liegt sehr verkehrsgünstig, in einer schönen Gegend mit vielen Restaurants. Zumindest vor Corona gab es hier ein abwechslungsreiches kulinarisches Angebot“, erzählt sie. 

In den vergangenen Monaten hat sie mit ihrem fünfköpfigen Team schon viel geschafft. Jedes Teammitglied bringe Stärken mit, die dem Aufbau zugutekämen: Social-Media- und Grafik-Kenntnisse, Erfahrung in der Verwaltungsarbeit und der Veranstaltungsorganisation, Engagement im Homeoffice und die richtige Gelassenheit für die aktuelle Ausnahmesituation. Denn trotz Corona-Pandemie habe sich die neue Außenstelle gut entwickelt. So gut, dass sie sich personell vergrößern muss. „Wir werden hier hervorragend wahrgenommen. Allein die Zahl unserer Follower in den Sozialen Medien zeigt uns, dass das Interesse am DAAD groß ist und wir die richtigen Angebote machen“, sagt Schulze. Auf Facebook folgen der Außenstelle 170.000 Personen, auf Instagram 20.000 – nicht nur aus Kolumbien, sondern auch aus den umliegenden Ländern Peru, Ecuador und Venezuela, für die die Außenstelle ebenfalls zuständig ist. Allein von April bis November beriet das Team online rund 13.000 Interessierte, die an den DAAD-Seminaren der Außenstelle teilnehmen wollten.

„Wir werden hier sehr gut wahrgenommen“

Miguel Ruiz/DAAD

Die kulinarische Vielfalt Bogotás kann Dr. Martina Schulze zurzeit leider nur „to go“ genießen.

DAAD – eine bekannte Marke
Für Schulze befindet sich die neue und damit dritte Außenstelle in Lateinamerika genau am richtigen Ort – zwischen Mexiko-Stadt im Norden und Rio de Janeiro im Süden: „Die Beziehungen zwischen Kolumbien und Deutschland sind in den letzten 15 Jahren sehr gewachsen. 2009 hat der DAAD hier das CEMarin gegründet, ein Exzellenzzentrum für Meereswissenschaften, und 2017 das CAPAZ, das Deutsch-Kolumbianische Friedensinstitut.“ Unter anderem durch diese beiden großen Projekte sei das Ansehen Deutschlands in Kolumbien sehr gestiegen und der DAAD zur bekannten Marke geworden. Umgekehrt investiere die kolumbianische Regierung seit mehreren Jahren stark in Bildung und sei an Kooperationen interessiert: Der Bildungsetat der Regierung ist auch 2021 wieder der höchste, erst mit Abstand folgen die Etats für Verteidigung und Gesundheit. Seit Januar 2020 hat das Land ein eigenes Wissenschaftsministerium, vorher gab es für Forschung und Wissenschaft lediglich eine staatliche Agentur. „Das Land legt seine Akzente auf die Bildung. Und genau deshalb ist es so erfolgversprechend, hier eine Außenstelle zu betreiben, sich noch mehr zu engagieren und sichtbar zu sein“, sagt Schulze. Apropos Sichtbarkeit: Corona-bedingt musste die Eröffnungsfeier der Außenstelle 2020 zunächst verschoben werden. Jetzt hat sie Ende Januar 2021 in hybrider Form stattgefunden, mit zehn Gästen vor Ort und über 100 virtuellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Hybride Eröffnungsfeier


Auf Augenhöhe 
Neben einem neuen Newsletter, der Homepage, Seminaren und Beratungen legen Schulze und ihr Team den Fokus auf den Aufbau eines Alumni-Netzwerkes – auch um dem DAAD die Türen an den Hochschulen zu öffnen. „In Brasilien habe ich die Erfahrung gemacht, wie sinnvoll es ist, an den wichtigsten Universitäten Ansprechpartnerinnen und -partner zu haben, die nicht nur Termine mit uns machen, wenn der DAAD auf sie zukommt, sondern die uns von sich aus Bedarfe der Universität melden“, so Schulze. Auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten sei wichtig. „Das macht unsere Arbeit zielgerichteter, und wir können den kolumbianischen Hochschulen viel besser Partnerinnen und Partner aus Deutschland vorstellen, die sie voranbringen.“ Das Ziel seien nachhaltige Kooperationen, um nicht nur auf die individuelle Zusammenarbeit zwischen einzelnen Hochschullehrerinnen und -lehrer angewiesen zu sein.

Partnerschaften vor Ort
Auch die Zusammenarbeit mit örtlichen Partnern läuft gut: Sowohl mit der staatlichen Stipendienbehörde ICETEX wie auch mit der privaten Stiftung Colfuturo legt der DAAD gemeinsam finanzierte und sehr gefragte Stipendien-Programme auf. Über ICETEX werden beispielsweise pro Jahr 50 Studierende der Ingenieurwissenschaften gefördert, über Colfuturo bis zu 50 Graduierte im Masterstudium oder der Promotion in Deutschland. Dabei spielt die Deutschland-Begeisterung der Kolumbianer dem Wachstum der Außenstelle in die Hände: 2019 ermöglichte der DAAD 1.175 Kolumbianerinnen und Kolumbianern, mit einem Stipendium in Deutschland zu studieren, zu lehren und zu forschen. Kolumbiens Bedarf an Weiterqualifikation im Ausland ist groß. Neben den USA, Kanada, Frankreich und Spanien zählt Deutschland zu den beliebtesten Ländern bei kolumbianischen Studierenden, Graduierten und internationalen Kooperationen.

„Wir werden hier sehr gut wahrgenommen“

Miguel Ruiz/DAAD

Die DAAD-Außenstelle im Viertel Chapinero Alto im Westen Bogotás.

Zielgerichtet online arbeiten
So sehr sich Schulze durch die Corona-Pandemie in ihrer Arbeit einerseits ausgebremst fühlt – persönliche Kontakte aufzubauen ist derzeit einfach nicht möglich –, so sehr schätzt sie auch, was online machbar ist: Die Außenstelle hat beispielsweise einen sehr agilen Lektor in Cali bei der Entwicklung eines Online-Aufbaukurses für Graduierte unterstützt. 27 internationale Teilnehmende tauschten sich mit einem internationalen Referententeam aus – eine tolle Leistung, wie Schulze findet. Die Außenstelle selbst hat Anfang Dezember mit der Außenhandelskammer eine virtuelle Karrieremesse auf die Beine gestellt. 850 ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie 14 Firmen mit deutschem Kontext kamen zusammen. „Die Begeisterung für dieses Format war auf beiden Seiten groß, und der DAAD hat sehr gut als Katalysator fungiert“, berichtet Schulze. Für sie ist klar: Auch nach der Pandemie will sie solche Formate beibehalten. „Wir sind durch Corona gezwungen, unsere Angebote viel systematischer und zielgruppenspezifischer aufzubauen – und dadurch effizienter.“ 

Die Außenstellenleiterin freut sich darauf, das DAAD-Netzwerk auch um neue persönliche Kontakte zu bereichern, sobald dies wieder möglich ist. Bis dahin genießen sie und ihr Team die kleinen Vorteile der Corona-Krise: Weil viele Bogotanos das Auto stehen lassen müssen und aufs Rad umsteigen, ist die Luft in Bogotá deutlich besser geworden. Dazu trägt auch Carlos Javier bei, der Bote der Außenstelle, für den Schulze direkt nach dem Lockdown noch ein Fahrrad ergattern konnte.

Astrid Hopp (4. Februar 2021)

„Wir werden hier sehr gut wahrgenommen“

Privat

Carlos Javier unterstützt die Außenstelle Bogotá umweltfreundlich als Fahrradkurier.

Kurz nachgefragt bei Dr. Martina Schulze

„Wir werden hier sehr gut wahrgenommen“

Miguel Ruiz/DAAD

Dr. Martina Schulzes Leidenschaft ist Salsa. Wenn es die Corona-Lage zulässt, nimmt sie in der Tanzschule Punta y Taco Einzelunterricht.

Ihre Lieblingsbeschäftigung in Bogotá?
Ganz klar: Salsa tanzen. Leider hatte ich erst drei Mal wieder Unterricht seit letztem Oktober. Überhaupt fasziniert mich die Musikszene in Kolumbien sehr.

Ihr Lieblingsort in Bogotá?
Wirklich viel habe ich aufgrund der Pandemie leider noch nicht gesehen. Aber ein sehr eindrucksvoller Ort war für mich ein Veranstaltungsraum im alten Kloster San Agustín, in dem auch das Deutsch-Kolumbianische Friedenszentrum CAPAZ untergebracht ist. Mitten in diesem Raum stehen zwei große Baumstämme aus 40 Tonnen Zeitungspapier des kolumbianischen Künstlers Miler Lagos mit dem Titel „Nomaden“. 

Ihr Lieblingsgericht?
Die Vielfalt ist hier sehr groß, auch wenn das Essen in Bogotá leider nicht so stark gewürzt wird wie in anderen Teilen Kolumbiens. Ich esse sehr gerne Fisch, vor allem Ceviche, einen in Limonensaft gegarten Fisch. Außerdem liebe ich Patacones, das sind grüne Bananen, die in Scheiben geschnitten und frittiert werden. Danach werden sie plattgehauen und mit Avocado-Creme bestrichen. Man isst Patacones entweder als Vorspeise oder als Hauptgericht oder lässt sich die Bananenmasse zu einem Wrap wickeln.

Weitere Informationen

Außenstelle Bogotá
Calle 70 # 4-30, Emaus – Los Rosales
110231 Bogotá
Telefon: +57 (1) 905-4943
E-Mail: info.bogota@daad.de